Die Bremer sollen sich einmischen, sollen ihre Anliegen der Politik direkt vermitteln. So warb Bürgerschaftspräsident Christian Weber vor zwei Jahren für den Bürgerantrag, der seitdem auch online verfasst werden kann. Aber egal, ob digital oder herkömmlich – alle Antragsteller haben ein Ziel: Ihr Herzensanliegen soll unbedingt in der Bremischen Bürgerschaft erörtert werden.
Das will auch Manuel Warrlich erreichen. Der begeisterte Radfahrer arbeitet bei „Platz da!“ mit – ein Bündnis, das sich gegen illegales Parken wehrt, mehr Kontrollen und mehr Geld für Fuß- und Radverkehr fordert. Warrlich sagt, die Initiative möchte eine Debatte über „Flächengerechtigkeit in der Stadt“ entfachen: „Weg von einer autogerechten Stadt“, hin zu einem Bremen, in dem sich Rad-, Rollstuhlfahrer und Fußgänger sicher bewegen könnten.
Dass auch Politiker das Thema aufgegriffen haben, stört ihn nicht. Mit einem Bürgerantrag steige die Aufmerksamkeit für das Thema, findet er. Sowohl auf der Straße beim Unterschriftensammeln für den Antrag als auch im Plenarsaal. „Unsere Ziele finden eine breitere Öffentlichkeit.“
Bis ein Bürgerantrag auf der Tagesordnung des Parlaments steht, ist aber Geduld gefragt. Denn mindestens 5000 Einwohner müssen ihn unterschrieben haben, bevor er im Landtag eingereicht werden kann. Für einen Antrag an die Stadtbürgerschaft sind 4000 Unterschriften das Minimum.
Dieses Quorum zu erfüllen, ist offenbar nicht ganz einfach. Seit der Einführung 1994 wurden sieben Bürgeranträge im Landtag eingereicht und debattiert. In der Stadtbürgerschaft waren es vier, wie die Bürgerschaftskanzlei berichtet. Wie viele auf der Strecke geblieben sind, weiß man nicht.
Warrlich und sein Team bleiben dennoch optimistisch. Erste kleinere Sammelaktionen hätten über 400 Unterschriften für den Bürgerantrag gebracht, berichtet er. „Zehn Prozent der Hürde sind schon geknackt.“ Zuspruch komme vor allem aus stadtnahen Quartieren, wo oft illegal geparkt werde. Die „Platz da!“-Forderungen nach mehr Kontrollpersonal, nach konsequentem Abschleppen und einer Parkraumbewirtschaftung stießen dort auf offene Ohren.
Bisherige Anträge zielten auf Debatten über bildungspolitische Themen
Dass ein verkehrspolitisches Thema zum Gegenstand eines Bürgerantrags wird, ist eher ungewöhnlich. Die bisherigen Anträge zielten auf Debatten über bildungspolitische Themen, über Tierschutz/ Tierversuche oder Wohnungspolitik, so die Bürgerschaftskanzlei. Zuletzt ging es um die Rekommunalisierung der Abfallwirtschaft und die Abschaffung von „Billigfleisch“ in der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung.
Nach der Parlamentsdebatte nahmen die Bürgeranträge unterschiedliche Wege. Während einige direkt abgelehnt wurden, überwiesen die Abgeordneten andere Anliegen an einen Ausschuss oder mehrere. Dort wurden die Anträge dann erneut diskutiert, bevor sie angenommen, manchmal auch nur teilweise, oder verworfen wurden.
Die „Platz da!“-Initiative könnte ihren Bürgerantrag auch online stellen und elektronisch mitzeichnen lassen. Dafür gibt es seit einigen Jahren das Onlineportal buergerantrag.bremen.de. Wird der Antrag freigegeben, kann die digitale Unterschriftensammlung beginnen; die Frist beträgt sechs Monate. Doch Manuel Warrrlich winkt ab. Er verspreche sich davon keinen Erfolg für seinen Antrag, denn die Nutzer müssten einen Personalausweis mit Online-Ausweisfunktion haben und ein Kartenlesegerät. Auch könne der Datenschutz leiden.
Die Bürgerschaftskanzlei hält dagegen: Wird die Online-Funktion des Personalausweises genutzt, sei das sogar datensparsamer als die Unterschrift auf Papier. Statt die genauen Daten zu überprüfen, würden beim Ausweis nur Volljährigkeit und Wohnsitz abgeprüft und gespeichert.
„Bürgeranträge haben eine deutlich höhere Verbindlichkeit als beispielsweise öffentliche Online-Petitionen, die ohne Personalausweis mitgezeichnet werden können“, erklärt die Verwaltung. Insbesondere müsse überprüft werden, ob das vorgegebene Quorum erreicht wurde. Papier-Unterschriftenlisten würden aufwändig von Hand in Stichproben mit dem Einwohnermeldeamt abgeglichen.
Lesegerät und Pin seien aus Sicherheitsgründen für das Online-Verfahren nötig, betont die Bürgerschaftskanzlei. Ein digitaler Bürgerantrag liege derzeit vor – er sei der erste und bislang einzige seit der Inbetriebnahme des Portals zur elektronischen Mitzeichnung.