Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hat nach der Senatssitzung am Dienstag deutlich gemacht, dass es aus seiner Sicht kein schnelles Ende der aktuellen Kontaktbeschränkungen, Abstandsgebote und Hygienevorschriften geben wird. „Ein einfaches Zurück zur Situation vor dem Shutdown wird nicht funktionieren“, sagte Bovenschulte. Die von allen so sehr gewünschte Normalisierung des Alltags werde ein Prozess von Wochen oder Monaten. „Und wenn wir ehrlich sind, werden wir mit dem Coronavirus so lange Einschränkungen erfahren, bis es ein Medikament oder eine Impfung gibt.“
Zugleich deutete der Bremer Regierungschef an, welche ersten Lockerungen er dennoch für denkbar hält. „Ich kann mir beispielsweise vorstellen, dass eine Öffnung des Einzelhandels möglich ist, wenn man dabei die aktuell geltenden Abstandsgebote beibehalten kann.“ Das hieße etwa eine Begrenzung der zugelassenen Kundenzahl, abhängig von der Größe der Verkaufsfläche. Auch Gottesdienste mit weniger Besuchern kann sich Bovenschulte vorstellen. „Vielleicht muss man zunächst auf den gemeinsamen Gesang verzichten, weil dabei unter Umständen besonders viele Viren in die Luft gelangen“, sagte der Bürgermeister. All diese Rahmenbedingungen gelte es zu prüfen.
Maßgeblich sei die Verhältnismäßigkeit der beschlossenen Maßnahmen. „Es geht darum, den geringstmöglichen Eingriff in die Grundrechte vorzunehmen, um unsere Ziele zu erreichen.“ Über das Ziel als solches seien sich die verantwortlichen Politiker auf allen Ebenen auch einig. Es gehe darum, die Infektionsrate so niedrig zu halten, dass das Gesundheitssystem zu keinem Zeitpunkt überfordert wird. „Uns muss klar sein, dass mit jeder Lockerung die jetzt gesenkten Infektionszahlen wieder steigen.“
Bovenschulte verweist auf drei entscheidende Kenngrößen: Dazu gehöre die Zahl der Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit, die Testkapazitäten und die Infektionsrate. Das ist ein rechnerischer Wert, der angibt, wie viele Personen ein Infizierter statistisch gesehen ansteckt. Erst wenn dieser Wert unterhalb von eins liege, könnten Einschränkungen abgeschwächt oder aufgehoben werden. „Es wäre besonders fatal, wenn wir eingeführte Lockerungen wieder zurücknehmen müssten“, sagte Bovenschulte mit Blick auf die anstehenden Beratungen der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin über die Zeit nach dem 19. April. Ab diesem Datum enden die aktuell geltenden Verordnungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie bislang.
Im Vorfeld der Beratungen hat auch die Bremer Handelskammer ihre Erwartungen formuliert. Laut Präses Janina Marahrens-Hashagen geht es darum, die Einschränkungen für die Wirtschaft schrittweise zu lockern, ohne zu starke gesundheitliche Risiken für die Bevölkerung einzugehen. Dazu zählt sie unter anderem klare und verbindliche Hygienevorschriften, unter denen Betriebe wieder öffnen könnten statt pauschaler Betriebsverbote für ganze Branchen.
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