Eltern, die aufgrund der Schließung von Kitas und Schulen nicht arbeiten konnten, weil sie ihre Kinder betreuen mussten, können bis zu zehn Wochen pro Elternteil zwei Drittel ihres Lohns weiter bekommen. Doch dieser sogenannte Lohnersatz wird offenbar in Bremen nur von sehr wenigen Eltern in Anspruch genommen. Das geht aus einer Antwort des Senats auf eine Frage der Linksfraktion hervor. Demnach haben bislang nur 29 Bremer Unternehmen beim Land Bremen beantragt, sich die Kosten für den Lohnersatz erstatten zu lassen. Betroffene Arbeitnehmer können die 67 Prozent ihres Lohns zunächst von ihrem Arbeitgeber erhalten. Die Betriebe können sich dieses Geld später vom Staat zurückholen. Wie viele Beschäftigte sich hinter den 29 Betrieben verbergen, die diese Option nutzen wollen, ist unklar.
Die Linke führt die geringe Nutzung des Rechts auf Lohnersatz auf zu wenig Informationen für Eltern zurück. „Dass bislang nur 29 Arbeitgeber einen Antrag auf Erstattung des Lohnersatzes gestellt haben, ist eine erschreckend geringe Zahl“, sagt Linken-Fraktionschefin Sofia Leonidakis. Sie geht davon aus, dass die Zahl der Familien, die aufgrund von Kinderbetreuung nicht arbeiten konnten, „im dreistelligen, vielleicht auch vierstelligen Bereich“ liegt. Obwohl die flächendeckenden Kita- und Schulschließungen jede Familie getroffen hätten, machten nur sehr wenige Eltern von ihrem Recht auf Lohnersatz Gebrauch. „Wir gehen davon aus, dass viele Eltern und Betriebe keine Kenntnis von dieser Leistung haben“, sagt Leonidakis. Der Senat sei in der Pflicht, für eine bessere Informationslage zu sorgen.
Bremen hatte eine gute Notbetreuung
Allerdings kann es durchaus noch mehr Gründe als nur mangelnde Information dafür geben, dass so wenig Eltern dieses Recht nutzen. Davon gehen Elternvertretung und die Bremer Arbeitnehmerkammer aus. „Wir sehen im Moment nur die Spitze des Eisbergs“, sagt Martin Stoevesandt vom Zentralelternbeirat (ZEB) mit Blick auf die geringe Zahl von Anträgen. Doch er glaubt nicht ausschließlich an Desinformation: „Ich nehme an, dass viele Arbeitgeber und Unternehmer sich bisher noch anders beholfen haben, viele Beschäftigte haben oft erst einmal Überstunden und Urlaub abgenommen.“ Zudem sei Bremen mit seiner weitreichenden Notbetreuung gut aufgestellt gewesen: „Bremen hat da viel abgefedert.“ Zudem hätten viele Bremer Betriebe Kurzarbeit angemeldet. Und wer Kurzarbeitergeld bekomme, erhalte keinen Lohnersatz wegen Kita- oder Schulschließung. Durchs Raster gefallen seien aber viele Eltern, deren Kinder die 5. bis 7. Klasse besuchten, denn für sie gebe es keine Notbetreuung.
„Es gibt sehr viele Ausschlusskriterien und damit durchaus hohe Hürden, um als Vater oder Mutter eine Lohnersatzleistung in Anspruch nehmen zu können“, sagt Kaarina Hauer, Leiterin der Rechtsberatung bei der Arbeitnehmerkammer. Bei vielen Eltern sei die Kinderbetreuung auch aufgrund von Kurzarbeit oder durch die Systemrelevanz ihres Berufes gesichert gewesen.
In Bremen gibt es viele Beschäftigte in systemrelevanten Berufen, sagt Nathalie Sander, Sprecherin der Arbeitnehmerkammer: Ein Drittel der rund 334.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten arbeite in einem dieser Berufe. „All diese Beschäftigten hatten keinen Anspruch auf Freistellung und damit auch nicht auf Lohnersatz, weil sie die Notbetreuung in Anspruch nehmen konnten“, so Sander. Hinzu komme: Viele Eltern würden vermutlich alles dafür tun, um am Ende nicht auf 67 Prozent des Lohns zurückzufallen, weil sie es sich schlicht nicht leisten könnten.
So funktioniert das Recht auf Unterstützung vom Staat
Der Anspruch auf Lohnersatz galt zunächst für maximal sechs Wochen, wenn Eltern aufgrund der Schließung von Kitas und Schulen nicht arbeiten konnten. Später weitete die Bundesregierung den Lohnersatz aus, auf bis zu 20 Wochen pro Familie, davon zehn Wochen pro Elternteil. Voraussetzung ist, dass das Kind unter zwölf Jahre alt ist, und es keine andere zumutbare Betreuungsmöglichkeit gibt als durch den Elternteil. Eltern müssen nach Angaben der Arbeitnehmerkammer gegenüber ihrem Arbeitgeber die Freistellung wegen der Kinderbetreuung nicht beantragen, sondern geltend machen. Das heißt, sie müssen mitteilen, dass sie von ihrem Rechtsanspruch Gebrauch machen – am besten schriftlich, um bei Streitigkeiten etwas in der Hand zu haben. Der Arbeitgeber muss die Lohnersatzleistung dann vorschießen.
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