Altstadt. Über 200 000 Arbeitskräfte durch Zuwanderung braucht die deutsche Wirtschaft jährlich, heißt es in Prognosen. Ein großes Problem: Qualifikationen von Bewerbern, die nicht aus der EU kommen, werden nicht anerkannt. Vor allem für die Pflegeberufe ein großes Hindernis, dessen sich das Paritätische Bildungswerk Bremen annimmt. Die Einrichtung bietet jetzt wieder Anerkennungslehrgänge für dringend benötigte ausländische Pflegekräfte an.
Pflegerinnen und Pfleger beispielsweise aus Frankreich, die mit ihrer im Herkunftsland erworbenen Qualifikation hier arbeiten könnten, sind selten. Für alle Bewerber aus Nicht-EU-Ländern, aus Südamerika, Afrika und Indien, Russland oder Vietnam, treffen die gleichen Bestimmungen zu: Ihre beruflichen Qualifikationen werden nicht anerkannt. Da hilft es auch nicht, wenn sie schon 20 Jahre in der Krankenpflege gearbeitet haben und gut Deutsch sprechen. Viele dieser Zugewanderten wollen sich hier eine Zukunft aufbauen, haben die Energie dafür.
In Bremen prüft die senatorische Behörde bei Bewerbern für Pflegeberufe, ob im Herkunftsland ein Referenzberuf in Gesundheits- oder Krankenpflege erlernt wurde. Oftmals arbeiten Zugezogene schon wieder, unterhalb ihrer Qualifikation, in der Pflege. Um diese Menschen ihrer Qualifikation entsprechend einsetzen zu dürfen, brauchen Sie einen anerkannten Berufsabschluss.
Das Paritätische Bildungswerk mit Lehrgangsleiterin Ariane Hoffmann und Anne Mayer, die für Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, besetzt zurzeit den berufsbegleitenden Anerkennungslehrgang für ausländische Pflegekräfte. Der Lehrgang ist nicht der erste und wird 15 bis 18 Teilnehmern dazu verhelfen, gleichberechtigt mit ihren Kolleginnen und Kollegen arbeiten zu können. Voraussetzung für die Teilnahme ist die mitgebrachte Qualifikation aus dem Herkunftsland. Ein Teil der schon gemeldeten Teilnehmer arbeitet hier bereits wieder in der Pflege, allerdings nicht als qualifizierte Kraft. Für diese Teilnehmer ist der Lehrgang kostenfrei, da die Agentur für Arbeit dies im Rahmen der Weiterbildung für Beschäftigte fördert.
Berufsbegleitend läuft der Lehrgang zwei Tage pro Woche über insgesamt 18 Wochen bis zur mündlichen Prüfung. Dann folgt in der zweiten Phase der praktische Teil in Krankenhäusern, zehn Wochen lang, der mit der praktischen Prüfung „am Patienten“ endet. Damit ist für Teilnehmer der Abschluss nach dem Krankenpflegegesetz, die dreijährige Ausbildung, erreicht.
Oft andere Schwerpunkte
„Oft haben wir in Deutschland andere Schwerpunkte in Hygiene und Körperpflege, Prophylaxe und Gesundheitsvorsorge wie in den Herkunftsländern“, erklärt Ariane Hoffmann. Das werde speziell beachtet.
Die ausgebildeten Fachkräfte werden gesucht auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Ihnen stehen Alten- und Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser und Ambulanzen offen. Allerdings haben 90 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer bereits ihren Arbeitgeber, der sie für die Qualifikation freistellt. Ein wichtiger Aspekt des Anerkennungslehrgangs ist die Kommunikation am Arbeitsplatz. Während hier der Ruf von Pflegekräften bei Patienten positiv ist, es fürs Portemonnaie und bei den Arbeitsbedingungen eher mau aussieht, weiß Ariane Hoffmann von besseren Bedingungen in anderen Ländern: „In Indien und auf den Philippinen zum Beispiel sind Pflegekräfte qualitativ so anerkannt wie die Ärzte.“
Olga Dick ist ein Einwanderungsbeispiel. In Weißrussland hat sie Krankenpflegerin gelernt, eine Zusatzqualifikation zur Hebamme erworben und schließlich als Rettungssanitäterin gearbeitet. Weil Weißrussland nicht zur EU gehört, konnte Olga Dick hier nur ohne Anerkennung ihrer Ausbildungen arbeiten. Nach dem Anerkennungslehrgang ist sie Gesundheits- und Krankenpflegerin und konnte wieder eine Arbeit annehmen, die ihrer Qualifikation entspricht und die ihr eine solide Zukunft eröffnet.
„Von diesen Anerkennungslehrgängen bieten wir jährlich zwei an“, erklärt Ariane Hoffmann. Eine weitere Qualifikationsmaßnahme des Paritätischen Bildungswerks ist die Pflege- und Betreuungsqualifizierung. Der einjährige Lehrgang richtet sich an erwerbssuchende Migrantinnen und Migranten und bereitet intensiv fachlich und sprachlich auf eine Arbeit als Pflegehelferin oder eine anschließende Berufsausbildung in der Pflege vor. Beginn ist am 1. April.
Weitere Informationen
Kontakt zum Paritätischen Bildungswerk, Faulenstraße 31, über Ariane Hoffmann, per E-Mail an ahoffmann@pbwbremen.de oder Telefon 1 74 72 21.