Mustafa Güngör (rechts) dankt in einem Tweet mit Foto Mustafa Sentop für die Gastfreundschaft.
Ein Bild macht die Runde auf den Handys Bremer Politiker. Wer es nicht schon im Kurznachrichtendienst Twitter gesehen hat, der bekommt es von Kollegen zugeschickt. Das Foto zeigt den SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Mustafa Güngör, und es wird selbst von manchen Parteifreunden als – gelinde gesagt – irritierend empfunden.
Der Bildungspolitiker, der erst kürzlich zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden aufstieg, hat die Aufnahme selbst auf Twitter in Umlauf gebracht. Sie entstand auf einer wenige Wochen zurückliegenden Türkei-Reise, bei der Güngör auch politische Termine wahrnahm. So wurde er unter anderem vom stellvertretenden Parlamentspräsidenten Mustafa Sentop empfangen. Jura-Professor Sentop gilt als einer der Architekten der neuen, ganz auf Staatschef Recep Tayyip Erdogan zugeschnittenen Verfassung. Und er gehört dessen islamisch-konservativer Regierungspartei AKP an. Im Hintergrund des Bildes lächelt Erdogan huldvoll von einem Bild, das in Sentops Amtszimmer hängt.
Viele sehen sich bestätigt
Kritiker Güngörs in der SPD-Bürgerschaftsfraktion fragen hinter vorgehaltener Hand: Sollte sich ein Repräsentant der Bremer Sozialdemokratie so ablichten lassen? Erschwerend komme hinzu, dass sich die türkische Schwesterpartei CHP zum Zeitpunkt der Aufnahme in einem Kommunalwahlkampf befand, dessen Klima von Repression und unfairen Praktiken des AKP-Regimes geprägt gewesen seien.
Durch das Foto sehen sich viele bestätigt, die Güngör immer schon eine bedenkliche Nähe zur AKP attestiert haben. Sie erinnern an eine türkeikritische Resolution der Bürgerschaft aus dem Jahr 2016, die in der SPD-Fraktion auf Güngörs Druck hin verwässert worden sei. Und sie stellen eine Verbindung her zu der Kampfabstimmung, die es in der vergangenen Woche um den Posten des Vizevorsitzenden der SPD-Bürgerschaftsfraktion gab. Güngör hatte dort in Klaus Möhle einen Gegenkandidaten, der in erster Linie angetreten war, um dessen Aufstieg zu verhindern. Möhle unterlag knapp.
Spricht man mit Mustafa Güngör über das kontrovers diskutierte Foto, dann wird schnell deutlich, dass er sich durch die Unterstellung der AKP-Nähe getroffen fühlt. „Es ist nicht das erste Mal, dass ich mit so etwas konfrontiert werde“, sagt Güngör im Gespräch mit dem WESER-KURIER. „Vor zehn Jahren gab es noch Vorbehalte gegen mich als Muslim, jetzt wird mir Erdogan vorgehalten.“ Nein, sagt Güngör, er sei definitiv kein Fan der AKP.
Und ja, die AKP und die mit ihr verbündete rechtsextreme MHP seien verantwortlich für das repressive innenpolitische Klima, das gegenwärtig in der Türkei herrsche. Doch das sei für ihn kein Grund, sich nicht mit staatlichen Repräsentanten wie Mustafa Sentop zu treffen. Gegenwärtig drifteten die Türkei und die EU immer weiter auseinander. Alle Bemühungen müssten aber darauf gerichtet sein, die Beziehungen wieder zu verbessern. In diesem Zusammenhang sei auch sein Treffen mit dem türkischen Parlamentspräsidenten zu sehen. „Wenn durch das Foto Irritationen entstanden sein sollten, bedauere ich das“, sagt Güngör.
Im Übrigen habe er auf seiner Türkei-Reise nicht nur Vertreter des Regierungsapparates getroffen, sondern auch Mitglieder der sozialdemokratischen CHP-Führung. Auch das sei durch Fotos dokumentiert. Aber wer nur sehe, was er sehen will, werde das nicht zur Kenntnis nehmen. „Einige schaffen es nicht, mich so zu nehmen, wie ich bin“, bedauert Mustafa Güngör.
Jetzt sichern: Wir schenken Ihnen 1 Monat WK+!