Eigentlich ist die Eiswette, die in diesem Jahr 190 Jahre alt wird, ja eine launige Herrenveranstaltung mit zuweilen durchaus gewollt politisch unkorrekten Untertönen. Als jedoch Ehrengast Volker Wieker, Generalinspekteur a.D. der Bundeswehr, am frühen Sonnabendabend seine Rede auf Deutschland und Bremen hielt, da hätte man im Hansesaal des Congress Centrums Bremen eine Stecknadel zu Boden fallen hören können.
Zu ernst war Wiekers detaillierte Analyse einer Welt, die aus den Fugen geraten ist. „Die Friedensordnung ist nicht in Stein gemeißelt“, betonte er. Der General warnte ausdrücklich vor dem Herrschaftswissen globaler, digitaler Konzerne als zunehmender Bedrohung. Im gleichen Atemzug brach Wieker eine Lanze für die freie Presse „als einzigem glaubhaften Korrektiv im Zeitalter der fatalen, individuellen Verführung durch Fake News“ und damit als Garantin der Demokratie.
Hatte Eiswett-Präsident Patrick Wendisch zuvor noch in seiner Rede die Kritik an US-Präsident Donald Trump abgewiegelt, der „ja schließlich nicht in Deutschland gewählt worden sei“, fand Wieker auch hier sehr deutliche Worte. Er kritisierte den US-Präsidenten als „Twittertroll“, der es schaffe, eine Regierungserklärung in 180 Zeichen zu verfassen.

Björn Engholm (SPD, rechtes Bild), Ex-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, war unter den prominenten Gästen des Eiswettfestes.
Der Islamische Staat sei nicht besiegt
Der General a.D. sagte, der arabische Frühling sei inzwischen in einem Dauerfrost voller Wirrnisse zerstoben. Apropos digitale Bedrohung: Der IS – der Islamische Staat – sei keineswegs besiegt, sondern habe als digitales Kalifat ein globales Schlachtfeld eröffnet, sagte er. Das Mosaik lokaler Konflikte in Nordafrika und im Mittleren Osten könne im Nu zu einem Flächenbrand werden. Die hätten, gepaart mit Pandemien sowie einer oft von Korruption und ausschließlich vom eigenen Machterhalt geprägten „poor governance“, die unendliches Leid und Elend verursache, das er aus eigener Anschauung kenne, zu einer nach dem Zweiten Weltkrieg noch nicht dagewesenen Migrationsbewegung geführt. Sorgen bereitetem ihm auch die nationalen Egoismen, die die UN zunehmend lähmten, sagte Wieker.

Rund 800 prominente Teilnehmer aus Wirtschaft und Gesellschaft kamen am Sonnabend zum Eiswettfest zusammen. Es wird im Selbstverständnis der Eiswett-Genossen traditionell als "Fest unter Freunden" gefeiert.
Wohl auch im Hinblick auf die vor dem Congress Centrum in Abendkleidern demonstrierenden Damen, die „Wir wollen rein“ skandierten und „Fuck Sexism“-Plakate in die Höhe hielten, sagte Eiswett-Präsident Wendisch: „Die Eiswette ist ein Kind der Aufklärung und des Zeitalters der Vernunft und da ist es nicht unvernünftig, dass wir Kerle wenigstens ein Mal im Jahr unter uns sind“. Das sei schließlich schon 1829 so gewesen. Der Bremerhavener Oberbürgermeister Melf Grantz legte indes Wert auf die Feststellung, dass er nicht als offizieller Repräsentant des Stadtstaates Bremen eingeladen worden sei. Mit Selbstironie glänzte der neue Schatzmeister der Eiswette, Stefan Messerknecht, in seiner Rede. Er appellierte an die Gäste, möglichst üppig für die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger zu spenden. Am späten Abend verkündete er stolz das Spendenergebnis von 475.310 Euro. Mit dem diesjährigen Spendenergebnis haben die Eiswettgenossen und ihre auswärtigen Gäste das Ergebnis des Jahres 2018 noch einmal übertroffen. 2018 wurden 473.154,62 Euro gespendet.
Der zweite Ehrengast, Theodor Weimer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Börse, hielt zu späterer Stunde die Dankesrede an die Gäste. Auf dem Empfang des Eiswett-Präsidenten Wendisch sagte er dem WESER-KURIER: „Es ist eine Ehre, hier eingeladen zu sein und die Gästerede zu halten. Die Eiswette ist eine wunderbare, heitere Tradition, die lebt“. Er räumte ein, dass er vor seiner ersten Teilnahme an der Eiswette vor vier Jahren eher skeptisch, am Ende aber dann doch sehr begeistert gewesen sei. Weimer ist seit Jahren gut befreundet mit dem hanseatischen Tabakhändler Wolfgang G. Köhne, Inhaber der Hellmering, Köhne & Co., der seit langem zu den Eiswett-Genossen zählt, genauso wie Professor Thomas Albert, Intendant des Musikfest Bremen, der seit 1996 Mitglied ist.
Neu ins Eiswett-Präsidium berufen wurde unter anderem Albert Schmitt, Geschäftsführer der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, der sich angeregt mit seinem neuen Präsidiums-Kollegen Frank Dreeke, Vorstandsvorsitzender der BLG Logistics Group, unterhielt. Unter den prominenten, auswärtigen Gästen befanden sich unter anderem der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans als Gast des Eiswett-Notarius und Fraktionsvorsitzenden der Bremer CDU Thomas Röwekamp, FDP-Chef Christian Lindner und der ehemalige Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Björn Engholm.
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