Beleuchtung in Bremen Wie sich Straßenbeleuchtung auf das Sicherheitsgefühl auswirkt

Viele Ecken in Bremen sind nicht ausreichend ausgeleuchtet, was bei vielen Passanten in der Dunkelheit zu Unwohlsein führt.
25.10.2018, 21:13 Uhr
Lesedauer: 4 Min
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Wie sich Straßenbeleuchtung auf das Sicherheitsgefühl auswirkt
Von Sabine Doll

Es ist kurz nach 20 Uhr. Die letzten Geschäfte in der Innenstadt haben gerade geschlossen. An der Bus- und Straßenbahn-Haltestelle Am Wall ist nicht mehr viel los. Leichter Nieselregen, Herbstwind und dazu die Dunkelheit. Einladend geht anders. Wer unterwegs ist, will so schnell wie möglich sein Ziel erreichen und dafür die kürzeste Strecke nehmen. Im Grunde sind es „nur“ 200 Meter.

Allerdings: Es ist stockdunkel. Rechts die dunklen Wallanlagen mit Büschen und Bäumen, links eine Mauer an der Hochstraße. Der Weg ist kaum einsehbar. Also doch lieber einen Umweg nehmen – oder mit einem mulmigen Gefühl durch?

Bettina Wilhelm kennt solche Situationen aus eigener Erfahrung und aus vielen Berichten vor allem von Frauen. Vor Kurzem war die Bremer Frauenbeauftragte mit der Polizei unterwegs, um sich bei einer Begehung auch die dunklen Seiten Bremens anzusehen, die einen Einfluss auf das Sicherheitsgefühl haben.

„Das Thema Beleuchtung in der Stadt, verbunden mit dem Sicherheitsgefühl, gibt es schon seit den 1990er-Jahren“, sagt sie. Es sei in der Stadtplanung angekommen, aber in bestehenden und vor allem historischen Quartieren gebe es noch viele dunkle Ecken.

Die klassischen Orte, an denen nicht ausreichende oder gar keine Beleuchtung sogenannte Angsträume schaffe, seien vor allem kleine Nebenstraßen, Unterführungen, Wege in Parkanlagen und Tunnel.

Wilhelm: „Man muss aber deutlich zwischen dem subjektiven Sicherheitsgefühl und der tatsächlichen Kriminalitätsbedrohung an solchen Orten unterscheiden, das kann sehr weit auseinandergehen. Dennoch ist das subjektive Sicherheitsgefühl sehr ernst zu nehmen“, betont die Frauenbeauftragte.

Schlecht überschaubare Straßen

Bei der Begehung im Viertel seien ihr vor allem kleine Straßen, die vom Ziegenmarkt abgehen, als dunkle Orte aufgefallen. Die Straßen seien schlecht überschaubar, dazu kämen dunkle Hauseingänge. „Natürlich kann und soll nicht jeder Kellereingang ausgeleuchtet werden. Es geht darum, dass man eine Straße überblicken kann, das erhöht das Sicherheitsgefühl“, betont die Frauenbeauftragte.

Die Empfehlung, solche Orte zu meiden und besser eine beleuchtete Straße für den Heimweg von der Disco oder anderen Veranstaltungen zu nehmen, sei natürlich richtig. „Dennoch ist das kein Argument dagegen, solche Angsträume zu beseitigen – der Bewegungsraum und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben werden eingeschränkt. Schlechte Beleuchtung schafft Angsträume.“

Das Sicherheitsgefühl ist stark von Alter und Geschlecht geprägt. Das zeigen die Befunde einer Dunkelfeldstudie, die das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen im vergangenen Jahr vorgelegt hat. Sie basieren unter anderem auf einer Befragung von 25 000 Menschen in Schleswig-Holstein.

Das subjektive Sicherheitsgefühl wird von den Wissenschaftlern als Kriminalitätsfurcht bezeichnet. Unter anderem wurde nach dem sogenannten raumbezogenen Sicherheitsgefühl gefragt, das sich auf die Wohnung und das Wohnumfeld – also Straßen, Plätze und Wege in der Umgebung – bezieht.

Während sich die Kriminalitätsfurcht tagsüber zwischen Frauen und Männern kaum voneinander unterscheidet, klafft die Wahrnehmung bei Dunkelheit auseinander. „Der Anteil der Frauen mit einem (eher) geringen raumbezogenen Sicherheitsgefühl ist mit 18,8 Prozent mehr als doppelt so groß wie bei Männern mit 7,4 Prozent“, heißt es in der Studie.

Und: Vor allem bei jungen Frauen sind demnach Angst und Sicherheit ausgeprägt. „Über ein Fünftel (22,3 Prozent) der jungen Frauen unter 21 Jahren und ein Viertel der 21- bis 34-jährigen Frauen fühlt sich bezogen auf räumliche Aspekte (eher) unsicher“, heißt es in der Studie. Bei Männern in diesen Altersgruppen sind es 8,0 und 6,0 Prozent.

„Mehr Sicherheit durch Sichtbarkeit“

Die Bremer FDP-Fraktion will einen Antrag mit der Überschrift "Licht in dunkle Gassen – mehr Sicherheit durch Sichtbarkeit" in die Bürgerschaft einbringen. Bei einem Rundgang durch die Stadt hat Fraktionschefin Lencke Steiner mehrere Bereiche ausgemacht, die aus ihrer Sicht deutlich mehr Licht vertragen: "Zum Beispiel der Weg vom Herdentorsteinweg kommend durch die Wallanlagen entlang der Contrescarpe.

Bis etwa zur Höhe Haus des Reichs wird er noch von Laternen beleuchtet, danach ist Schluss. Rund um die Finanzbehörde ist die Situation ohnehin schlecht. In diesem Bereich sind aber gerade abends viele Leute unterwegs, die etwa von der Discomeile kommen."

Weitere Negativ-Beispiele seien mehrere Straßen im Viertel, Bereiche im Stephaniviertel sowie die Jakobi- und Hankenstraße in der City. Steiner: "Dort sind schwache Leuchten mit gelbem Licht in großem Abstand über den Straßenzug gespannt. Wenn die Lokale schließen und ihre Beleuchtung aus ist, liegt der Bereich im Dunkeln. Wer dort durchgeht, hat keine Chance, den Weg mit seinen Ecken zu überblicken.

„Konzept für ausreichende Ausleuchtung entwickelt werden“

Das führt zu einem unsicheren Gefühl, und das ist ein Angstraum." In ihrem Antrag fordert die FDP-Fraktion, öffentliche Orte, die in der Dunkelheit nicht oder nur unzureichend ausgeleuchtet sind, gemeinsam mit den Beiräten zu identifizieren. "Auf dieser Basis sollen dann Konzepte für eine ausreichende Ausleuchtung entwickelt werden", fordert Steiner. Es gehe nicht darum, jede kleine Straße in gleißendes Flutlicht zu tauchen, sondern darum, für eine angemessene Beleuchtung von Bereichen zu sorgen, die regelmäßig in der Stadt genutzt würden.

Die Sprecherin der Bremer Innenbehörde, Rose Gerdts-Schiffler, bestätigt auf Nachfrage, dass es „Bereiche im Stadtgebiet gibt, bei denen die Polizei Handlungsbedarf sieht“. Um Beleuchtungskonzepte umzusetzen, müsse geprüft werden, wie diese technisch und finanziell realisiert werden könnten. „Bei der Gestaltung von öffentlichen Räumen ist eine entsprechende Beleuchtung ein wichtiger Bestandteil, da hell beleuchtete Plätze dazu beitragen können, das Sicherheitsgefühl von Menschen sowie die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Nutzen mehr Menschen den Raum, erhöht sich gleichzeitig die Sozialkontrolle“, betont die Sprecherin.

Anlässlich des Zukunftskonzeptes solle es künftig Quartiersbegehungen, Sicherheitsanalysen und Befragungen von Bürgern geben, um ein Bild davon zu bekommen, wodurch sich die Menschen verunsichert fühlten. Gerdts-Schiffler: „Neben der Beleuchtung umfassen die Maßnahmen beispielsweise auch das Zurückschneiden von Hecken, Büschen und Bäumen.“

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