Die Kulisse scheint nahezu perfekt zu sein. Und schon werden auf dem hölzernen Steg, mit direktem Blick auf den Werdersee, Gitarre und Lautsprecherbox platziert. Das geschäftige Treiben der kleinen Gruppe, die für diesen Nachmittag etwas Besonderes geplant hat, entgeht auch dem benachbarten Trio nicht, das die Aktion mit neugierigen Blicken aus der Ferne verfolgt. Wie bestellt bahnt sich schließlich die Sonne ihren Weg durch den wolkenverhangenen Himmel und gibt das Startzeichen für eine stimmungsvolle Videosequenz, in der Sänger Ruslan Elbiev mit charismatischer Stimme den Text zum „Werdersee“-Song schmettert.
Nicht nur Jogger, Radfahrer und Spaziergänger zeigen sich von dieser spontanen musikalischen Darbietung beeindruckt. Auch zwei Enten und eine Möwe haben sich dazu gesellt und stimmen auf ihre Art fröhlich in das Lied mit ein. Während Luiz Köhler, Videoproduzent aus dem Bremer Viertel, Szene für Szene filmt und dabei Unterstützung von Fotograf Berk Uzmay aus der Vahr erhält, tauchen Jan Elsner alias Mono-Key, Gitarrist Henning Buddensiek, der den Spitznamen Henry Moa trägt und Ruslan Elbiev immer weiter in die Spielszene ein.
„Bremen City chillt“
Auch Protagonistin Jennifer Jöhnk aus Oyten, die sonst als Fitnesstrainerin tätig ist und in ihrer Freizeit für Bremer Mode-Labels modelt, scheint Gefallen an ihrer Schauspielrolle zu finden. „Ich mochte das Lied von Anfang an. Zuerst habe ich gedacht, dass ich schüchtern bin, aber ich habe einfach ganz viel Spaß“, freut sich die 19-Jährige.
Im Halbkreis sitzend stimmt der 27-jährige Werdersee-Sänger den Refrain an, der da lautet: „Wir chillen am Werdersee. Tauchen die Füße in das Wasser. Bremen City chillt. Vom Alltag fällt die Last ab. Egal wer, es hat jeder seinen Platz da. Kein Grund für Stress, basta.“ Direkt neben ihm bewegt seine Schauspielpartnerin ihren Oberkörper zum Takt der Musik. Nach knapp drei Minuten startet der Song samt Spielszene von vorne – Aufnahme läuft!
An den Tagen zuvor hatte sich das Produzenten-Team bereits an verschiedenen Plätzen rund um den Werdersee für das Einspielen von Video-Szenen niedergelassen, wobei manche Herausforderung auf die sechsköpfige Gruppe wartete. Sogar spontane Statisten fanden sich ein, wie der 20-jährige Videograf Luiz Köhler erzählte. „Wir wollten Slackline-Aufnahmen machen und haben durch Zufall einen Profi getroffen, der mitgemacht hat.“ Wie Jan Elsner erklärt, sei der Songtext einer ganz besonderen Person gewidmet. „Diese Person zeigt das Schöne im Alltag.“
Mit dem Video wolle man darstellen, wie ein Tag am Werdersee aussehen könne. Und so startet der Film-Clip mit den beiden Protagonisten, die in den frühen Morgenstunden am Werdersee spazieren und im Laufe des Tages verschiedene Aktivitäten unternehmen und dabei auf Freunde treffen. Am Ende findet man sich bei der Stand-up- Paddling-Station „Ins Blaue“ ein, um das Ganze im sanften Abendlicht ausklingen zu lassen.
„Es war für uns wichtig, dass alle ihren Spaß dabei haben. Und Jenny war für uns eine echte Bereicherung“, betont Jan Elsner, der sich bereits als 15-Jähriger für den Job als DJ begeisterte. „Meine Eltern haben schon immer Musik gemacht. Ich habe Basiskenntnisse im Spielen von Keyboard, Saxofon und Percussion erworben.“ Nach diversen Veranstaltungen und Studierenden-Partys zeichnete sich für den 28-jährigen Neustädter im Jahr 2014 mit der Erstplatzierung im Rahmen eines internationalen Remix-Wettbewerbs im Havanna Club, bei dem Mousse T. in der Jury saß, ein wahrer Karriere-Kick als Musikproduzent ab. „Bis dahin hatte ich noch nie etwas veröffentlicht“, sagt Mono-Key, der anschließend mit neun Nachwuchsproduzenten aus aller Welt, samt Mentor Gilles Peterson und Film-Team, in Kuba ein gemeinsames Album produzierte. Einige Monate später wurde das Album in London veröffentlicht.
„Das war ein tolles Projekt und ich habe dabei richtig viel lernen können, weshalb ich drauf und dran war, nach London zu gehen, um dort Musikproduktion zu studieren“, erzählt Elsner. Es kam anders. Trotz weiterer Auszeichnungen folgten schlechte Erfahrungen mit der Musikindustrie, die ihn zu dem Entschluss brachten, der Heimat treu zu bleiben und dem kommerziellen Musikgeschäft den Rücken zu kehren.
„Eine internationale Musikkarriere anzustreben, ist nicht mehr mein Anspruch. Aber mit netten Leuten Musik machen will ich auch weiterhin“, betont Jan Elsner, der mit Ruslan Elbiev und Henning Buddensiek nach dem Song „Look at me“ und nun mit „Werdersee“ das zweite Projekt gestartet hat. Wie er berichtet, gäbe es keine Label-Bindung, wodurch das Trio in seiner Produktion völlig frei sei. Auch wenn, oder vielleicht gerade auch weil alle drei Musiker aus unterschiedlichen Genres stammen und dazu noch eine große Altersspanne abdecken, die von Ende 20 bis Mitte 60 reicht, vereint sie eine geballte Ladung an Energie und Kreativität. Dazu die Stimmfarbe von Sänger Ruslan, der dem Ganzen seine individuelle Note verleiht. „Seine Melodien kommen direkt aus seinem Herzen“, schwärmt Jan Elsner.
Wie beim Werdersee-Song, der vor vier Monaten lediglich als Idee existierte, braucht es scheinbar nur einen kurzen Moment der Inspiration, um neue Projekte zu erschaffen. „Eigentlich wäre ich zu dieser Zeit mit meiner Freundin in Panama gewesen“, erzählt Elsner, der aufgrund der Corona-Krise in der Heimatstadt nach Erholung suchte und sie am Werdersee fand. „Wir haben angebadet und im Hintergrund lief irgendwo eine Melodie aus der Bluetooth-Box.“ Dies war für das Musiker-Trio, das seit zwei Jahren zusammenarbeitet, der passende Zeitpunkt, um der Hansestadt Bremen ein Lied zu widmen.
Das Video ist auf Youtube MonoKey-Music unter dem Titel „MonoKey – Werdersee (feat. Ruslan & Henry Moa)" abrufbar.