„Hör nur, was klopfet, klopfet hier?“ Dieser Frage, die der untreue Guglielmo in Mozarts wunderschöner, aber auch bitterböser Oper „Così fan tutte“ seiner Eroberung Dorabella stellt, können Menschen im Alter von fünf bis 95 Jahren noch bis zum 1. März 2020 in der Weserburg nachgehen. So können sie in der ungemein sinnlich konzipierten Ausstellung „Klang(T)räume“, die das Kek-Kindermuseum in Bremens Museum für moderne Kunst zeigt, ihrem eigenen Herzschlag lauschen. Dazu stehen ein komfortabler roter Thron bereit und ein Mikro, das sich Neugierige direkt an die Brust halten können, um zu hören, was und vor allem wie es da klopft. Denn je nach emotionalem Erregungszustand oder körperlicher Anstrengung pocht es mal schneller und mal langsamer. Das kann ganz schön aufregend sein, genauso, wie alle Mitmachstationen der Schau auszuprobieren.
Die Kunsthistorikerin und Museumspädagogin Eva Vonrüti-Moeller und die Kunst- und Museumspädagogin Silke Rosenthal, die das kek-Kindermuseum vor 15 Jahren als außerschulischen Lernort gegründet haben, kooperieren bereits zum dritten Mal mit dem Düsseldorfer Verein „Akki-Kunst und Kultur mit Kindern“. Janneke de Vries, Direktorin der Weserburg, unterstreicht: „Wir können auf die wertvolle, museumspädagogische Arbeit des kek nicht verzichten“. Georg Frangenberg vom „Akki“ stellt nun die einzelnen Stationen vor. „Uns geht es darum, Klänge zu untersuchen, und zwar nach den Parametern Lautstärke, Tonhöhe, Rhythmus und Klangfarbe“, erläutert der Ausstellungsmacher. Schon am Klang der Stimme ließe sich oft die Gemütsverfassung des Gegenübers ablesen. Gleich zu Beginn heißt es: „Hüpf deine Melodie!“ Bunte Klangdreiecke lassen sich, je nach Lust und Laune, beliebig zu einer Hüpftonlandschaft oder zu einem Klangteppich zusammenfügen. So wird erspürbar, wie sich eine Melodie entwickeln kann.
Und auch davor lassen sich bei der Buddelschiff-Station Klangfarben und Tonhöhen nach Herzenslust variieren. Frangenberg macht vor, wie‘s geht: Die grünen Flaschen werden per Trichter und Gießkanne über einer Zinkbadewanne unterschiedlich befüllt, mit einem Schlegel lassen sich unterschiedliche Töne anspielen. Ähnlich wie eine Glasharfe funktioniert dagegen die Wasserspringschale, ein rundes, mit Wasser gefülltes Gefäß aus grün patinierter Bronze mit blank geputzten goldfarbenen Griffen. Wird an diesen gerieben, entstehen fünf bis sechs verschiedene Tonskalen. Dabei lassen sich die entstehenden Schallwellen gut beobachten.
Gerade führt das Riccardo Castagnola vor. Der Bremer Komponist und Multimedia Performer hat für die „Klang(T)räume“-Schau eigens eine interaktive Klanginstallation geschaffen – als Hommage an den 200. Geburtstag der Bremer Stadtmusikanten. Auf runden Tinten-Kreisen lassen sich auf einem Resonanz-Tisch mit Lautsprecher-Funktion die von dem Bildhauer Harm Wicke entworfenen, kleinen Drahtskulpturen platzieren. Jede hat eine andere Form und eine andere Stimme. Und so kann es, je nach Zusammensetzung, passieren, dass es nur so fröhlich durcheinander kiekerikiet, bellt und miaut, aber auch musiziert. „Wir hatten ja mit diesem Beitrag zum Geburtstag der Stadtmusikanten gehofft, dass wir vielleicht ein bisschen mehr Fördergelder bekommen könnten“, spielt Eva Vonrüti-Moeller dezent auf die prekäre Lage des chronisch unterfinanzierten Kindermuseums an. Gerade mal magere 10 000 Euro bekommt das Kek jährlich an Subventionen vom Senat. Dabei koste die Konzeption einer einzigen Ausstellung mitunter das Siebenfache ergänzt ihre Kollegin Silke Rosenthal.
Jede und jeder ist bei Castagnolas Klangskulptur eingeladen, mit Fantasie ihre/seine eigene Sinfonie zu spielen oder seine eigene Klang-Performance zu kreieren. Was noch? Da gibt es beispielsweise ein winziges Spielührchen, das, je danach auf welchem Resonanzkörper es gespielt wird, laut oder leise klingt. Besonders gut zu vernehmen ist der feine Klang, sobald die Spieluhr auf einen Kochtopf oder aber eine alte Violine gestellt wird. Sobald ein Kissen darunter gelegt wird, erstickt der Klang förmlich. Gleich dahinter lässt sich mit einem Schlegel der Klang verschiedener Materialien erkunden: Wie klingt eigentlich Holz, Naturstein oder ein Metallring ? Nächste Frage, die die Ausstellung stellt und auch gleich beantwortet. Wie lange braucht ein Ton eigentlich, der in ein Schallrohr von 100 aufgewickelten Metern Länge hineingerufen wird, bis er am anderen Ende wieder auftaucht?
Wunderbar lässt sich mit Plastikschlegeln die Entstehung von Tönen auch an den grauen Abflussrohren erspüren, aus denen der Ausstellungsmacher Orgelpfeifen zusammenmontiert hat. Aus der am Boden liegenden Röhrenorgel lassen sich große Klangspektren entlocken. Auf einer großen Drehorgel lässt sich mit Hilfe von Schrauben, die auf der Drehwalze individuell platziert werden können, ein eigenes Rhythmusprogramm konzipieren. Das sogenannte Monochord erzählt die Geschichte der Entstehung der Tonleiter. Last not least: Thomas Schacht hat ein digitales Gästebuch in Form eines Laptops konzipiert, auf dem Besucher ihre eigenen Tonspuren hinterlassen sollen. Sampeln lassen sich Klänge in unterschiedlicher Geschwindigkeit und unterschiedlichem Rhythmus auch über ein Mikro mit dem Echogerät.
Weitere Informationen
Zur Ausstellung „Klang(T)räume“ des Kek-Kindermuseums gibt es ein umfangreiches Mitmach-Programm, mehr Informationen unter info@weserburg.de. Die Schau ist bis zum 1. März in der Weserburg Museum für moderne Kunst, Teerhof 20, zu sehen. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 9 bis 18 Uhr (nur angemeldete Gruppen), Sonnabend und Sonntag von 11 bis 18 Uhr (für alle). Öffnungszeiten in den Schulzeiten: Dienstag bis Freitag, 15 bis 18 Uhr, und Sonnabend und Sonntag, 11 bis 18 Uhr (für alle). Der Eintritt kostet fünf Euro pro Person ab drei Jahren und 85 Euro für Führungen, Kindergeburtstage (inklusive Eintritt und Buchung der Ausstellung).
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