Ganzjährig besteht in den Oberneulander Wümmewiesen Leinenpflicht, ganzjährig aber existiert auch das Problem von im Schutzgebiet frei laufenden Hunden und der Uneinsichtigkeit der Halter. Kurz vor Silvester hat ein Hund, der von dem Oberneulander Landwirt Jürgen Bartels als schwarzer Labrador beschrieben wird, zwei Rehe gerissen. Unbestritten ist, dass es sich dabei um einen wildernden Hund handelte, da er bei seinem Angriff auf die Rehe von mehreren Personen beobachtet wurde. „Das ist kein Spaß mehr, das ist Wilderei“, macht Jagdpächter Wilfried Sinning unmissverständlich deutlich.
Dass es in den Schutzgebieten ein Hundeproblem gibt, ist schon lange bekannt, sagt auch Rebekka Lemb, Geschäftsführerin der Stiftung Nordwest Natur. Die Hundedichte sei in Oberneuland sehr hoch, in Zeiten von Corona aber habe sich das Problem in den Gebieten an Hodenberger Deich und Hollerdeich weiter durch großen Freizeitdruck verschärft. Zudem seien viele Hundehalter über die ganzjährige Leinenpflicht nicht informiert. „Es ist schwierig, in der Stadt Hunde zu halten“, gibt Lemb zu bedenken.
Den Wildriss, den Jürgen Bartels nun hautnah erlebte, war ein absoluter Zufallstreffer. Denn im Normalfall finden Jagdpächter und Besitzer von Wiesen und Weiden nur verendete Wildtiere. Zuletzt fand Bartels ein im Graben verendetes Reh, das vermutlich von einem Hund gehetzt wurde und sein Ende durch einen Genickbruch im Graben fand. Momentan ist der Privatweg vom Hollerdeich zum Reitverein Oberneuland von Spaziergängern stark frequentiert. „Wenn sich alle vernünftig verhalten würden“, so Landwirt Bartels, „gäbe es keine Probleme.“ Aber Bartels trifft oft genug an seinem Weg auf Hundehalter, die ihre Hunde nicht angeleint haben. Schuldbewusstsein gebe es bei den Hundebesitzern nicht. „Mein Hund kriegt kein Reh“, so die gängige Erklärung für das Laufen ohne Leine. Ein Argument, dem Bartels und die Jagdpächter nicht folgen können, reicht allein die Anwesenheit eines frei laufenden Hundes, um in ein Rudel Rehe Unruhe hinein zu bringen und sie zu kopfloser Flucht zu animieren. Die Jägerschaft Oberneuland appelliert daher an alle Hundehalter aus Gründen des Tierschutzes, ihre Hunde anzuleinen. Denn Tierwohl hat zwei Seiten und gilt sowohl für Hunde als auch für Wildtiere.
Ab 15. März beginnt die Brut- und Setzzeit, in der Hunde nach dem Bremischen Feldordnungsgesetz bis zum 15. Juli nicht nur in bestimmten Gebieten, sondern generell in der freien Landschaft – also auch auf Äckern, Wiesen sowie Deichen – an der Leine geführt werden müssen. Ganzjährige Leinenpflicht gilt in der Allgemeinheit zugänglichen umfriedeten oder anderweitig abgegrenzten Park-, Garten- und Grünanlagen sowie in Naturschutz- und Landschaftsschutzgebieten.
Landwirte und Mitglieder der Oberneulander Jagdgenossenschaft hoffen nach dem Riss der zwei Rehe auf verstärkten Einsatz des Ordnungsamts, um dem Problem Herr zu werden.