Kattenturm. "Ich bin so glücklich, dass es endlich konkret losgeht", platzt es aus Quartiersmanagerin Sandra Ahlers heraus. Sie steht vor dem Bürgerhaus Gemeinschaftszentrum Obervieland (BGO) und wartet darauf, dass die Beiratssitzung beginnt. Denn dort werden Vertreter der Bildungsbehörde erläutern, wie ein Lernhaus für Kattenturm Wirklichkeit werden kann.
Die fünf Minuten sollten für sie eigentlich ein Klacks sein im Vergleich zu den vier Jahren, die sie mit ihren beiden Mitstreitern warten musste, die seit 2014 ebenfalls für die Idee eines neuen Unterstützungsangebots für die vielen armen Familien im Quartier eintreten. Zusammen mit Marion Haase vom Kinder- und Familienzentrum (KuFZ) Stichnathstraße und Carsten Dohrmann von der Grundschule Stichnathstraße hat Ahlers, wie berichtet, bereits ein erstes Konzept erstellt und einen breiten Unterstützerkreis für das Projekt zusammengetrommelt.
Hilfe im Familienalltag und Bildungsangebote sollen Eltern wie Kindern in einem neuen Gebäude zwischen dem Kinder- und Familienzentrum sowie der Grundschule vorfinden. Ziel ist es, die fatale Spirale aus Armut und Ausgrenzung vor Ort zu durchbrechen und die Zukunftschancen der Mädchen und Jungen im Quartier zu erhöhen. Bisher war das ein Wunschtraum der sozialen Akteure vor Ort als Reaktion auf die erschreckende Bilanz der ersten Bremer Armutskonferenz. "Doch nun hat die Bildungsbehörde offiziell den Hut für das Vorhaben aufgesetzt, darauf hatten wir so sehr gehofft", sagt Ahlers.
Finanzierung steht noch nicht
Petra Albers aus der Bauabteilung der Bildungssenatorin bestätigte dann auch vor dem Beirat, "dass wir einen Neubau anstreben". Die Finanzierung sei zum Teil aus dem Kita-Sofortprogramm möglich. "Doch es fehlt auch noch Geld, das wir erst zusammenbekommen müssen", stellte die Fachfrau klar. Wie viel das Gebäude zusammen mit einer dringend notwendigen Sanierung und Erweiterung des KuFZ Stichnathstraße am Ende kosten wird, wisse man ohnehin erst, wenn die geplante Nutzung und die dafür benötigte Größe des Gebäudes klarer werde.
Genau dieser "Phase 0" genannte Arbeitsprozess wird bis zum Ende dieses Jahres 35 Menschen in Atem halten, die sich für das Lernhaus einsetzen wollen. "Dass sich so viele Akteure an den Vorüberlegungen eines Projektes beteiligen wollen, ist außergewöhnlich, davon bin ich sehr beeindruckt", sagte Albers. In den kommenden Monaten werden nun zunächst Architekt Frank Püffel sowie Moderator Oliver Behnecke im Auftrag der Bildungsbehörde drei Workshops mit diesen örtlichen Experten durchführen.
Ziel der Arbeitstreffen sei "ein zukunftsfähiges Nutzungs- und Raumkonzept, das in enger Zusammenarbeit mit dem Architekten entstehen wird", stellte Behnecke in Aussicht. Wichtig sei auch, dass mit Erzieherinnen und weiteren künftigen Nutzern auch "Expertinnen für die Lebenswirklichkeit" ihre Erfahrungen einbringen könnten. Erst in einem weiteren Schritt könne die Fachbehörde die konkrete Planung aufnehmen. Wenn denn die Finanzierung steht. "Wichtig ist es, die Puzzleteile zusammenzubringen, die nötig sind, um am Ende auch den vielen Familien, die Unterstützung brauchen, gerecht zu werden", so der Moderator. Petra Albers zeigte sich erwartungsfroh, was das Ergebnis betrifft: "Es ist die Chance, ein Bildungsangebot aus dem Stadtteil für den Stadtteil zu kreieren – und ich bin gespannt, was herauskommt."
Der Beirat, der als Bündnispartner des Lernhauses auftritt, drängt indes darauf, keine Zeit zu verlieren zwischen dieser Vorplanung und dem eigentlichen Bau. "Ich fürchte, durch die anstehende Bürgerschaftswahl wird ohnehin alles wieder obsolet und davor passiert sowieso gar nichts", sagte der parteilose Peter Wilkens voraus. Beiratssprecher Stefan Markus (SPD) bezeichnete hingegen den Startschuss für die Workshops als "Freudentag" und lobte die breite Beteiligung aus dem Stadtteil für das Leuchtturmprojekt. Dennoch betonte er: "Der Bau muss schnell beginnen."
Roman Fabian (Linke) warnte indes vor übereilten Freudentänzen, solange unklar sei, ob ausreichend Geld zur Verfügung stehe. "Das muss die öffentliche Hand durchfinanzieren, weil der Bedarf da ist, sonst landen wir beim Teelicht anstatt beim Leuchtturm."
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