„Das ist hier ein richtiger Treffpunkt für den ganzen Stadtteil“, sagt Andreas Bovenschulte (SPD). Nachdem der Bürgermeister schon im Juli bei seinen Quartiersbesuchen in der Vahr Station machte, besuchte er jetzt den „Marktplatz der Begegnung“ im Stadtteil. In dem Sozialkaufhaus in der Heilig-Geist-Kirche organisiert Christoph Buße insgesamt zehn Projekte. „Wir sind nicht entwidmet“, betont Buße von der evangelischen Kirchengemeinde in der Neuen Vahr. Zweimal im Jahr gebe es in der Kirche einen Gottesdienst, immer zum dritten Advent und im Mai.
Den Marktplatz der Begegnung gibt es seit 2018, seit 2011 organisiert Buße verschiedene Projekte für die evangelische Kirchengemeinde. „Das hier ist Integration“, betont der Projektleiter. Sowohl in der Einrichtung als auch in dem gesamten Stadtteil Vahr gebe es eine große Vielfalt. Außerdem sei in der Vahr auch ein gutes Netzwerk vorhanden.
Das Herzstück des Marktplatzes ist das Sozialkaufhaus. Dort gibt es Kleidung und Haushaltswaren, die gespendet werden. Rund 160 Säcke mit Spenden sortieren die Mitarbeiter in der Woche, berichtet Buße. Die meisten Sachen werden dann für unter einen Euro wieder abgegeben. „Man bekommt hier ein komplettes Outfit für unter zehn Euro“, sagt Buße. „Man bekommt hier teilweise auch wirklich gute Qualität“, stellt Bürgermeister Bovenschulte fest. Rund 600 Euro Umsatz sichere sich die Kirche damit in der Woche, erklärt Buße. Das Geld stecke die Einrichtung jedoch nicht in die eigene Tasche, sondern es gehe an andere soziale Projekte. „Bedürftige helfen hier Bedürftigen, das ist etwas ganz Besonderes“, ist der Projektleiter überzeugt.
Etwas ruhiger geworden
Durch die Corona-Pandemie hat der Marktplatz sein Konzept etwas verändert. Pro Stunde können 15 Besucher in dem Sozialkaufhaus stöbern. „Durch die Corona-Auflagen ist es hier etwas ruhiger geworden. Vorher war das teilweise ein Gewühle“, berichtet Buße. Er denke darüber nach, das Konzept so beizubehalten, auch wenn es weitere Lockerungen geben sollte. „Es ist jetzt viel entspannter“, bestätigt Mitarbeiterin Janna Rohloft. Vorher seien die Leute teilweise hereingeströmt und hätten sich um Sachen gestritten. Durch die neuen Regeln passiere das nicht mehr. Außerdem kämen mittlerweile Menschen aus mehreren Stadtteilen zum Marktplatz in die Vahr, was es vor allem zu einem Ort der Begegnung für alle Besucher mache. „Für mich ist das das Besondere an dem Marktplatz“, sagt Rohloft, die selber aus dem Viertel kommt.
„Man hat hier einen schönen öffentlichen und Community-Raum. Das ist alles liebevoll gemacht und strahlt auch auf die Atmosphäre ab“, sagt Bürgermeister Bovenschulte. Das merke er schon beim Reinkommen in das Sozialkaufhaus. Eine weitere Besonderheit des Kaufhauses erklärt Mitarbeiterin Rohloft: „In vielen Sozialkaufhäusern muss man vorweisen, dass man dort einkaufen darf. Hier ist das anders.“ Auch Leute, die Spenden vorbeibringen, entdecken etwas und können es mitnehmen. „Das ist auch nachhaltig das Beste“, meint Rohloft.
Die Corona-Pandemie sorgte auch für eine neue Aktion für Studierende. Sie bekommen hier fünf Teile umsonst, und das Angebot werde gut angenommen, sagt Buße. Gerade Studierende seien anfangs der Pandemie die Gruppe gewesen, die keine finanzielle Hilfe bekommen habe. Mit dem Angebot für Studierende bewirke man zusätzlich eine neue Mischung aus Menschen, die das Sozialkaufhaus besuchten. „Hier gibt es eine hohe Lebensqualität“, ist Buße von seinem Stadtteil überzeugt. Das liege vor allem an der Stadtteilarbeit, die die Vahr biete. „Buße macht eine hervorragende Arbeit für den Stadtteil“, lobt Beiratssprecher Bernd Siegel (SPD) das Engagement für den Marktplatz.

Seit 2018 ist die Heilig-Geist-Kirche auch ein Sozialkaufhaus, in dem zehn Projekte organisiert werden.
Zu den Projekten gehört auch die Einzelnachhilfe in den Räumen des Sozialkaufhauses. „Wir gehen nicht auf Masse, wir wollen den Eins-zu-eins-Kontakt haben“, erklärt Projektleiter Buße. Dabei engagieren sich Ehrenamtliche jedes Alters und helfen Schülerinnen und Schülern vor allem bei den Hausaufgaben. Auch Abiturienten helfen den jüngeren Jahrgängen mit den Hausaufgaben. Daneben bietet der Marktplatz der Begegnung auch eine Fahrradwerkstatt. Neben der Reparatur von Fahrrädern bekommen die Besucher hier auch gebrauchte Räder für rund 20 Euro. „Viele haben ein Problem mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Bei einer sechsköpfigen Familie kommen dann schon einige Monatskarten zusammen“, berichtet Buße. „Es geht darum, den Menschen die Mobilität zu ermöglichen.“ Die Ersatzteile für ein Fahrrad sind ebenfalls gebraucht und kosten einen Euro pro Stück. Bürgermeister Bovenschulte begrüßt den symbolischen Beitrag: „Man muss immer einen Beitrag haben, sonst fehlt die richtige Beziehung dazu.“ Außerdem bieten die Räume ein Repair-Café für elektronische Geräte und eine Upcycling-Werkstatt für beschädigte Kleidung. Zur Anfangszeit der Corona-Pandemie haben die Mitarbeiterinnen hier einige Masken genäht.
„Ich bin sehr begeistert von solchen Einrichtungen, die die Gemeinschaftlichkeit erhalten“, sagt Bovenschulte. „Das Solidarische muss erhalten bleiben, da spielen vor allem Kirchen eine große Rolle“, ist der Bürgermeister überzeugt. Pastorin Angela Walther macht deutlich, dass hier alle willkommen sind. Es gehe der Einrichtung nicht darum, andere zu bekehren. Wenn jemand danach frage, sei die Einrichtung offen, darüber zu sprechen, aber einen Glauben aufzwingen wolle hier niemand. „Auch muslimische Menschen kommen zu unserem Gottesdienst“, berichtet die Pastorin. Die Kirche wolle für alle offen sein. Bürgermeister Bovenschulte findet das richtig und wichtig, sagt aber auch: „Alle Stadtteile müssen sich an der Integration beteiligen.“
Aktuelle Öffnungszeiten und mehr über die Angebote in der August-Bebel-Allee 276 auf www.kirche-neuevahr.de.
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