Schönebeck. Joachim Lohse greift zu seinem Handy. „Davon muss ich selbst ein Foto machen. Das ist ein Hammer“, sagt der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr. Was der Grünen-Politiker ablichten will, ist ein ziemlich erschreckendes Bild von einem vollständig ausgetrockneten Teich auf dem Gelände der Ökologiestation. Dort, wo sonst Libellen über dem Wasser schweben und Mücken mitten im sumpfigen Gelände schwirren, ist jetzt nur noch rissige Erde zu sehen. Es ist das Ergebnis der wochenlangen, ungewöhnlichen Hitzeperiode und Trockenheit.
Der ausgetrocknete Teich liegt auf dem 30 Hektar großen Areal der Ökologiestation in Schönebeck. Joachim Lohse besuchte die Informations- und Bildungsstätte für Ökologie und Umweltschutz im Rahmen seiner Sommertour, die in diesem Jahr unter dem Motto „Würdigung von Umweltbildung und Umweltengagement im Land Bremen“ steht. Die Ökologiestation, am Talhang der Schönebecker Aue gelegen, war die siebte von insgesamt neun Stationen, die Lohse in diesem Jahr besuchte. Arno Gottschalk, Vorsitzender des Vereins Ökologiestation, und Jochen Kamien, hauptamtlicher Mitarbeiter, führten den Umweltsenator durch das große Wald- und Wiesenareal und stellten die Arbeit und die aktuellen Projekte des Vereins vor.
„Die Ökologiestation spielt in der Umweltbildung eine wichtige Rolle für Bremen und Niedersachsen“, lobt Lohse schon vor dem Rundgang. „Das praxisnahe Angebot, gerade auch für ältere Schüler, ist vorbildlich und eine große Bereicherung.“ Wie wichtig Umweltbildung tatsächlich ist, davon kann sich der Senator wenige Minuten später persönlich überzeugen. An dem ausgetrockneten Teich auf dem Öko-Gelände, in dem jedwedes Leben ausgestorben zu sein scheint. Wo in den vergangenen 30 Jahren das Wasser immer mindestens einen halben Meter hoch war, Libellen und andere Insekten schwirrten, Molche ruhten und Frösche quakten, sieht es jetzt aus, „wie in der Sahelzone“, sagt Arno Gottschalk.
Ein außergewöhnliches Ereignis auch für Jochen Kamien, der seit 30 Jahren für die Ökologiestation arbeitet. „Seit es diesen Teich gibt, habe ich so etwas noch nie erlebt“, sagt der Pädagoge. „Kein gutes Zeichen“, meint der leidenschaftliche Naturschützer, der regelmäßig Kinder und Jugendliche über das Areal führt und die jungen Gäste die Natur mit allen Sinnen erleben lässt.
„Erschreckend“, nennt auch der Senator den Anblick der toten Flora und Fauna. „Was passiert da eigentlich?“ Mit dieser Frage müsse man sich viel intensiver beschäftigen. Dass der Klimawandel da sei, darüber müsse man wohl nicht mehr diskutieren. Lohse nimmt die Bremer Politiker in die Pflicht. Er fordert die Parteien auf, noch mehr für den Klimaschutz zu tun. Alle Parteien stellten jetzt ihre Programme auf, planten den Haushalt. Da dürfe das Thema Klimaschutz nicht fehlen, sagt Lohse. Auch finanziell müsse viel mehr getan werden. Umweltbildungsstandorte wie beispielsweise die Ökologiestation in Bremen-Nord sollten nach Meinung des Umweltsenators viel stärker unterstützt werden. „Wir haben so viele tolle Potenziale in Bremen“, betont er.
Dramatische Lage
Doch die Themen Klimawandel und Klimaschutz müssten nicht nur in den Köpfen der Politiker verankert sein, sondern auch bei den Bürgerinnen und Bürgern viel stärker ins Bewusstsein dringen. Allein dieser kleine Teich auf dem Gelände der Ökologiestation zeige, wie dramatisch die Lage sei. „Wir müssen uns auch damit beschäftigen, wie wir uns dem Klimawandel anpassen können“, mahnt Lohse.
Und gerade in diesem Punkt kommt eben auch den Umweltstandorten wie der Ökologiestation sehr viel Bedeutung zu. „Wir versuchen Jahr für Jahr, gute Arbeit zu machen“, verspricht der Vereinsvorsitzende. „Wir müssen die Menschen sensibilisieren, die Natur zu schützen und mitzuhelfen, das Ökosystem zu erhalten.“ Deshalb hätten er und die Mitarbeiter der Ökologiestation sich auch darüber gefreut, dass die Sommertour des Umweltsenators auch nach Schönebeck geführt habe. „Das ist eine Wertschätzung unserer Arbeit“, sagt Arno Gottschalk.
Doch Wertschätzung allein nutzt den Mitarbeitern der Ökologiestation auf Dauer nichts. „Unser Jahresbudget beträgt rund 130 000 Euro. Mit 58 000 Euro werden wir von den Bremer Behörden unterstützt“, erzählt Kamien. Der Rest speise sich aus den Bemühungen um Fördergelder und Spenden. Der Verein kämpfe stetig ums Überleben. Jochen Kamien führt ein Beispiel an: Da der Teich ausgetrocknet ist, ist der Steg komplett sichtbar und damit auch, dass eine Stütze gebrochen ist. Um die Gefahr zu bannen, müsste ein neuer Steg her. „Doch die Ökologiestation hat dafür kein Geld“, bedauert Kamien. Mehrmals sei der Eigentümer des Geländes, die Stadt Bremen von den Mitarbeitern deshalb angesprochen worden. Getan habe sich nichts.
Vielleicht kann nun das Foto des ausgetrockneten Teiches in der Schönebecker Aue helfen, die Situation nicht nur der Nordbremer Ökologiestation zu verbessern. „Ein Foto sagt doch mehr als 1000 Worte“, sagt der Umweltsenator, als er das Bild macht. Die parlamentarische Sommerpause ist bald vorbei. Dann kann Joachim Lohse den Bremer Politikern den Beleg für den Klimawandel vor der Haustür auf die Abgeordnetenbänke legen.
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