Grohn. Es ins Finale zu schaffen, das war sein Ziel. „Ich freue mich riesig, dass das geklappt hat“, sagt Jan Felix Schuster, der an der Jacobs University als Bachelorstudent Chemie studiert. Als Landessieger in Bremen für den Bereich Chemie hat sich der 19-Jährige für das Bundesfinale beim Nachwuchswettbewerb "Jugend forscht" vom 16. bis 19. Mai in Chemnitz qualifiziert. Wobei es ihm weniger um das Gewinnen geht. „Die anderen Projekte kennenzulernen und neue Kontakte zu knüpfen, das macht mir bei Jugend forscht am meisten Spaß", sagt er. Schuster hat ein Verfahren entwickelt, Seltene Erden Metalle zu recyceln und damit den ersten Preis in seinem Fachgebiet gewonnen.
Das Recycling von Seltene Erden Metallen, einer Gruppe chemischer Elemente, hat ihn schon als Schüler am Buchholzer Gymnasium am Kattenberge fasziniert. „Ihre Wiederverwertung ist eine große Herausforderung. Es gab bislang kein Verfahren, das funktionierte.“ Zwei Jahre lang hat er vergeblich experimentiert. Erst an der Jacobs University, im Forschungslabor von Professor Ulrich Kortz, fand er einen Weg zur umweltschonenden Rückgewinnung von Neodym.
Seltene Erden Metalle stecken in jedem Smartphone, aber auch in Plasmabildschirmen, Autoradios, Fernsehern und Energiesparlampen. Kaum jemand kennt ihre seltsamen Namen wie Yttrium, Dysprosium, Neodym oder Lanthan, dennoch sind sie heute wichtige Stoffe in zahlreichen Schlüsseltechnologien. Doch obwohl die Seltene Erden Metalle teuer sind, werden Handys und andere Geräte, in denen sie stecken, in der Regel weggeworfen. Denn das Recycling aus dem Elektroschrott ist kompliziert und bisher kaum bezahlbar. Wichtig in der Nutzung und rar in ihrer Verfügbarkeit, steigt die Bedeutung von Seltene Erden Metallen weiterhin an.
So selten, wie der Name sagt, sind die Seltene Erden Metalle eigentlich nicht: Von den 17 Elementen, die zu ihnen zählen, kommen die meisten allerdings nur an wenigen Orten in höheren Konzentrationen vor, wie vor allem in China, das heute den allergrößten Teil der Substanzen abbaut und zu über 95 Prozent weltweiter Marktführer ist. Allerdings entstehen beim Abbau über Säuren erhebliche Umweltprobleme: Giftiger Schlamm bleibt zurück, und da die Lagerstätten oft Uran enthalten, werden radioaktive Substanzen freigesetzt. Hinzu kommen die enormen Kosten für ihre Förderung.
Umso größer ist das Interesse der Industrie daran, Seltene Erden zu recyceln. Das Potenzial ist gewaltig: So werden sich bis zum Jahr 2020 rund 25 000 Tonnen Leuchtpulver aus Energiesparlampen, das aus einem Mix aus Seltene Erden Metalle besteht, allein in Europa ansammeln. „Doch es gibt bisher nur Recycling-Verfahren im Labor und keines, das in der Praxis einsetzbar ist“, erzählt Jan Felix Schuster.
Das Seltene Erden Metall, mit dem er sich beschäftigt, heißt Neodym. Es kommt vor allem in Dauermagneten zum Einsatz, die zum Beispiel in Generatoren von Windkraftanlagen stecken. Neodym-Magnete sind als Supermagnete bekannt, die schon bei kleinster Größe erstaunliche Kräfte zeigen. Sie werden zum Beispiel in Festplatten, in der Kernspintomografie und in Mikromotoren eingesetzt. „Neodym lässt sich aus Magneten, die zum Beispiel in Windkraftanlagen oder Autos stecken, im Prinzip gut entfernen“, sagt Jan Felix Schuster, „deshalb habe ich es mit einem hydrothermalen Verfahren versucht.“
Dazu hat er einen Magneten, der das Seltene Erden Metall Neodym enthält, in Salpetersäure aufgelöst und ein spezielles Trägermedium hinzugefügt, das die Form eines Donuts hat, also eines geschlossenen Ringes mit einem Loch in der Mitte. Bei dem Trägermedium handelt sich um ein negativ geladenes Metall-Oxid, ein sogenanntes Polyoxometallat (POM), das die Atome Wolfram, Phosphor und Sauerstoff enthält.
Kostengünstiges Verfahren
Die Seltene Erden Metalle gelangen in den Hohlraum der Donut-förmigen Struktur und somit in das Trägermedium. Danach können sie ausgefällt und anschließend recycelt werden. „Hält man einen bestimmten Druck und eine bestimmte Temperatur ein, wird in das Trägermedium selektiv nur Neodym eingebaut“, sagt Jan Felix Schuster. Sein Verfahren sei relativ simpel, da der Magnet nur aufgelöst werden muss, und zugleich sei es relativ kostengünstig, weil das Trägermedium immer wieder verwendet werden kann.
Für Jan Felix Schuster ist es bereits das dritte „Jugend forscht“-Projekt, an dem er teilgenommen hat. „Danach bin ich zu alt, um nochmals mitzumachen“, sagt er. Der 19-Jährige studiert derzeit im zweiten Semester an der Jacobs University Chemie. Sein Professor Ulrich Kortz ließ ihn schon im ersten Semester an seinem Thema „Recycling von Seltene Erden Metallen“ in seinem Labor arbeiten.
„Ich habe mir die Universität in Grohn angesehen, als ich dort als Schüler am MINTernational Workshop in Physik und Chemie teilgenommen habe. Das Campusleben hat mir sehr gefallen“, erzählt Jan Felix Schuster, der seine Freizeit am liebsten mit Freerunning und Parkour verbringt, unter anderem als Trainer einer Kindergruppe in Buchholz. „Mir war es wichtig, dass man als Student an der Jacobs University schon sehr früh ins Labor kommt und Erfahrungen beim Experimentieren sammeln kann, auch unabhängig von den belegten Kursen.“ Anfangs sei es für einen Deutschen wie ihn ungewohnt, sich an der international ausgerichteten Universität mit den Studenten nur auf Englisch zu unterhalten. „Doch schon nach einer Woche hatte ich mich prima eingelebt.“
Sein Ziel ist es, das von ihm entwickelte Verfahren in der Praxis anzuwenden, doch dazu muss es weiterhin optimiert und dann hochskaliert werden, um wirtschaftlich interessant zu sein. Der 19-Jährige möchte seine Arbeit auf jeden Fall publizieren. Er hofft darauf, das entwickelte Verfahren gemeinsam mit Professor Kortz in einer wissenschaftlichen Zeitschrift zu veröffentlichen oder besser noch, den Prozess zu kommerzialisieren, möglicherweise zusammen mit einem Kooperationspartner aus der Industrie. „Dann würde ein Traum in Erfüllung gehen.“ Derzeit hofft er auf einen Praktikumsplatz in der Industrie für die Sommermonate.
In seiner preisgekrönten Arbeit sieht er ein großes Potenzial: „Denn die Nachfrage nach Seltene Erden Metallen und damit auch die Preise für Neodym werden in Zukunft sicher steigen – kostengünstiges Recycling ist ein wichtiger Weg zum nachhaltigen Umgang mit diesen kostbaren Ressourcen“, betont Jan Felix Schuster.
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