Steffensweg. Es war ein aufregendes und erfolgreiches erstes Jahr für Weserholz an der Gustav-Adolf-Straße, wo neuerdings junge Geflüchtete gemeinsam mit Designern und Tischlern Möbel entwerfen und anfertigen: Für die ersten sechs Trainees – junge Erwachsene ohne langfristig gesicherte Aufenthaltsperspektive – geht nun das knappe Jahr zu Ende, in dem sie in der Möbeldesign-Werkstatt handwerkliche Grundkenntnisse und Deutsch gelernt haben, ihre eigenen Fähigkeiten und Stärken entdecken, für sich Lebensperspektiven entwickeln und sich auf den Arbeitsmarkt vorbereiten konnten.
Zwei Tage lang war die Anfang November in dem kleinen Gewerbegebiet zwischen Schulze-Delitzsch-Straße und Hansestraße gestartete Werkstatt nun für Besucher geöffnet, die dieses außergewöhnliche Projekt näher kennenlernen wollten. Der Hintergrund: Weserholz will langfristig ein Sozialunternehmen werden, das zwar nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten arbeitet, aber keine finanziellen Ziele verfolgt, sondern gesellschaftliche. Hinter Weserholz steht der Verein „Käpt‘n Kurt“, der sich um freie Kulturprojekte kümmert und über die Aktion Mensch gefördert wird. Das nächste Jahr ist auf diese Weise schon mal gesichert; es gibt außerdem Gespräche über weitere Fördermöglichkeiten.
Für die sechs Absolventen des ersten Trainee-Jahrgangs beginnt nun ein neuer Lebensabschnitt. Vier von ihnen haben Betriebe gefunden, in denen sie ab August eine Einstiegsqualifizierung (EQ) beginnen, die ihnen den Weg in eine duale Berufsausbildung eröffnet. Zwei der jungen Männer werden ihre bisher erworbenen Fähigkeiten bei Weserholz weiter vertiefen; vier neue Trainees kommen hinzu.
„Wir sind dazu in Gesprächen und haben eine Warteliste“, sagt Projektleiterin Paula Eickmann. Wer Interesse habe, könne sich aber trotzdem gern melden: „Möglicherweise können wir Leute über unser Netzwerk weitervermitteln.“
„Ich weiß eine Firma“
Vor einem Jahr habe er keine Arbeit gehabt und auch kein Deutsch gesprochen, erzählt Yasser Hakimzadeh – auf Deutsch – und lächelt: „Da sagte ein Freund zu mir: Ich weiß eine Firma. So kam ich zu Weserholz, wo Paula mir erklärt hat, dass hier vormittags Unterricht ist und nachmittags gearbeitet wird.“ Es fühle sich gut an, morgens zu kommen und hier zu arbeiten, sagt der junge Mann, für den im August ein neues Kapitel beginnt: „Ich habe eine Firma gefunden, wo ich eine EQ machen kann. Das ist meine Chance.“
Drei Workshops haben die jungen Männer während ihres Trainee-Jahres bei Weserholz absolviert. Im letzten davon ging es nun um das Thema „Licht und Bewegung“, zu dem alle ihre eigenen Ideen und Entwürfe entwickelt haben. Yasser Hakimzadehs erste Idee war, eine Kerze vor einem Holzstern zu platzieren. „Das ist aber als Schlafzimmerbeleuchtung zu gefährlich“, sagt der 24-jährige Afghane, weshalb er eine zweite Konstruktion aus zwei beweglichen Dreiecken entwickelt hat. Sie können mit farbiger Folie bespannt werden und erzeugen dann je nach Konstellation unterschiedliches Licht.
„Schon als Kind habe ich viel mit Spiegeln gespielt“, erklärt Tischler Amin Mlli, wie er auf seine Projektidee kam: eine Anlage mit einem Laserstrahl. Der 28-Jährige hat dafür zunächst einen Spiegel in acht Stücke zerschnitten und diese in einem separaten Raum verteilt. Ein Laserstrahl verbindet die Spiegel miteinander; als Amin Mlli anfängt, sich im Raum zu bewegen, flackert der Lichtstrahl und zeichnet unterschiedliche Muster an die Wand. „Man kann das zum Beispiel im Wohnzimmer oder in einer Bar einsetzen“, sagt Mlli.
Der Designer und Tischler Anselm Stählin wiederum hat zusammen mit Designer Jörg Quintern eine Box konstruiert, aus der ein Lichtstrahl bis zur Decke reicht. Hier sorgen ein Lautsprecher und ein Behälter mit Wasser für verschiedene visuelle Effekte, indem die Vibrationen sich auf das Wasser übertragen.
Nebenan läuft auf einer Leinwand ein Film vom Workshop davor: Team und Trainees hatten dabei eine Rube-Goldberg-Maschine quer durch die ganze Werkstatt gebaut, bei der nach dem Ursache-Wirkung-Prinzip in einer Art Endlosschleife verschiedenste Prozesse ablaufen. Beim Anschauen des Streifens drängt sich unweigerlich der Verdacht auf, dass die Arbeit bei Weserholz offenbar großen Spaß machen muss.
Sie ist aber auch ergiebig und hat inzwischen zu konkreten Produkten geführt, die demnächst in Serie gehen werden: Das Team hat unterschiedliche mobile Werktische mit ausklappbaren Arbeitsplatten, integrierten Schränkchen, Fächern und Schubladen entworfen, die nun schon einmal angeschaut und ausprobiert werden konnten. Ab dem Spätsommer will Weserholz damit an den Markt – ein tolles Ergebnis nach nur acht Monaten, waren sich die Besucher einig.
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