In der letzten Septemberwoche wird die Speicherbühne mit Musik, Theater und möglichst vielen Gästen die 15 Jahre ihres Bestehens feiern. Die schlechte Nachricht: Es wird die letzte Jubiläumsfeier in der Spielstätte im Speicher XI gewesen sein. Die Speicherbühne zieht aus. Ein Trost: Ensemble, Stücke und Ideen werden mobil, und es wird ganz bestimmt ein Wiedersehen geben.
Zum Beispiel mit einer legendären Musikerin, für die sich Astrid Müller und Ute Steineke schon jetzt warmsingen und -spielen, begleitet von Anne Kehl am Piano, Saxophonist Uwe Schlossstein und Guy Halbout am Schlagzeug. „Young, Gifted & Black" heißt das Stück, und wer die Speicherbühne kennt, wird keine nostalgische Nummernrevue rund um Nina-Simone-Hits erwarten. Der titelgebende Song aus dem Jahr 1969 wurde zu einer Hymne der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Komponiert und gesungen wurde er von einer Frau, die Diskriminierung am eigenen Leib erlebt hat.
Und weil Rassismus wieder ein großes Thema ist, spannt die Speicherbühne den musikalischen und erzählerischen Bogen von Soul und Blues bis Rap, und von den politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten der 1950er-Jahre bis in die Gegenwart. Der „Abend über Nina Simone" feierte im Februar seine Premiere in der Speicherbühne, und mit ihm beginnt das Ensemble seine Reise in die Zukunft. Im November werden die Koffer gepackt, die letzten Einrichtungsgegenstände und Requisiten veräußert, die Bühnentechnik wird eingelagert, damit die Räume im Dezember besenrein übergeben werden können. Wie schwer der Abschied fällt, ist Astrid Müller anzusehen. Doch er war eine Vernunftentscheidung, erklärt die Theatermacherin und Vorsitzende des Trägervereins. Die Freude, eine feste eigene Spielstätte zu betreiben, war in den vergangenen Jahren immer mehr zur Last geworden.
„Theater machen, wie wir es machen wollen": Mit diesem Konzept gründete eine Gruppe von sieben Künstlerinnen und Künstlern vor 15 Jahren das Theater, das im Speicher XI einen wunderbaren Ort für moderne experimentelle Theaterprojekte fand. Laut Astrid Müller „ein Abenteuerspielplatz, auf dem wir uns ausprobieren konnten, und Gestaltungsfreiheit hatten“. „Es war sehr reizvoll, zu den Pionieren in der Überseestadt zu gehören", sagt Ute Steineke. Die Speicherbühne profilierte sich mit Eigenproduktionen, die sich damit auseinandersetzen, was die Gesellschaft hier und heute bewegt, und sich damit an ein aufgeschlossenes, experimentierfreudiges, politisch interessiertes Publikum richten. Mit Klaus Hübotter hatte man einen stets wohlgesonnenen Vermieter, und darum ist es den Theatermachern wichtig, zu betonen: „Er ist über unsere Kündigung nicht glücklich.“ Doch die „moderate" Miete und die laufenden Kosten zu decken, sei nie leicht gewesen – und in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden.
Soviel ist gewiss: Als „Speicherbühne Mobil“ wird man dem Publikum erhalten bleiben, auch wenn noch nicht feststeht, wann und wo. Doch bevor sich das Theater auf den Weg macht, wird noch einmal gezeigt, was und wer alles in ihm steckt.
Das Festprogramm „Fünfzehn Jahre Speicherbühne“
Das Festprogramm „Fünfzehn Jahre Speicherbühne“ wird am Sonntag, 22. September, vormittags um 11 Uhr mit einem „Gaumenschmaus und Frühstückspalaver international“ eröffnet, für das sich die Gastgeber vielsprachigen Besuch und Leckeres für das Frühstücksbüffet wünschen. Im Anschluss ab 13 Uhr (und am Montag, 23. September, 19.30 Uhr) servieren Ezzat Nashashibi, Marc Pira und Johannes Schäfer einen ganz ungewöhnlichen „akusmonischen Ohrenschmaus": ein Konzert für 24 Lautsprecher, die in ihrem Zusammenspiel spannende ungewöhnliche Raumklangerlebnisse erzeugen werden. „Ramdam“ nennt sich der Konzertabend mit Schlagzeug, Tasten und Elektronik am Dienstag, 24. September, 20.30 Uhr. Mit dem Trio „Ciel d´Or“ kommen am Donnerstag, 26. September, 20 Uhr, gute Freunde ins Haus: Uli Sobotta, Jörn Vrampe und Günther Orendi spielen Blues, Reggae und Polka mit schrägen Texten. Mit dem Jazzkonzert des Speichertrios Guy Halbout, Sabine Diepenbruck und Uwe Wiechmann beginnt am Freitag, 27. September, 20 Uhr, ein theatralischer Kehraus, bei dem mehr als ein Dutzend Akteurinnen und Akteure sich in einem atemberaubenden Bühnenbild improvisatorisch austoben. Anschließend können sich die Gäste Erinnerungsstücke im „Fundus-Flohmarkt" sichern. Zum Abschluss der Speicherbühnen-Festwoche können sie sich am Sonnabend, 28. September, 20 Uhr, bei einem Funkkonzert des Trios G.A.D. auf Betriebstemperatur für die große Tanzparty ab 21 Uhr bringen lassen.
Am 2. Oktober ist noch einmal Christian Brückner zu Gast: Auf Einladung der Buchhandlung Logbuch liest „The Voice“ ab 19.30 Uhr aus Amoz Oz´ frühem und erstmals ins Deutsche übersetzten Erzählband „Wo die Schakale heulen“ . Zwischen 11. und 20. Oktober zeigt das B.A.T-Theater seine Inszenierung von Tennessee Williams´ „Endstation Sehnsucht“.
Weitere Informationen
Das ausführliche Programm findet sich auf der Internetseite www.speicherbuehne-theater-bremen.de. Für Reservierungen ist das Theater per Email an kontakt@speicherbuehne.de oder telefonisch montags bis freitags 10 bis 13 Uhr über die Rufnummer 0421-380 09 46 zu erreichen.