„Glücklich“ – dieses Wort war am häufigsten zu hören in der Upcycling-Galerie Wallerie im Walle-Center. Nicht nur diverse Künstlerinnen und Künstler, die aus alten Dingen neue Kunst machen, präsentieren sich dort, auch die Wallerie selbst zeigt sich ab sofort in neuen Räumlichkeiten: Sie ist aus ihrem bisherigen Refugium ausgezogen und zeigt nun, immer noch im Walle-Center, zwischen Ernsting’s Familiy und dem Vodafone-Geschäft originelle Kunst aus gebrauchten Sachen.
„Kreative Verwendung von nicht mehr benötigten Rohstoffen“, so lautet das Credo der Wallerie, der sich mittlerweile 17 Künstlerinnen und Künstler angeschlossen haben: „Es haben sich immer mehr Kunstschaffende beworben, die in diese Richtung arbeiten“, sagt Galeristin Delia Nordhaus. „Und gerade in Zeiten von Corona sollte man sich zusammenschließen, wenn man die gleichen Themen hat.“
Die gleichen Themen, das bedeutet vor allem, alten Dingen einen neuen Sinn zu geben. Diesen Ansatz verfolgt auch Janina Mau. Seit 2015 ist sie selbstständig im Bereich der Upcycling-Kunst tätig, doch „Künstlerin bin ich eigentlich schon immer.“ Der Weg zur Selbstständigkeit sei ein Weg des Ausprobierens gewesen, meint sie. Früher habe sie mehr gemalt und gezeichnet, aber seit 2015 nun: Upcycling und auch das plastische Arbeiten, „das geht Hand in Hand.“ Ein bestimmtes Thema habe sie nicht, doch was zum Beispiel immer wieder auftaucht, seien ihre Gold- oder Schreiköpfe – kleine Köpfe, golden scheinend, die, ja – schreien. „Und rote Penismänner, die hager sind und ein überdimensioniertes Geschlechtsteil haben.“ Die gibt es in der Wallerie allerdings nicht, doch die golden Schreiköpfe in verschiedensten Ausführungen und andere Plastiken aus recyceltem Material: „Ich finde es toll, Sachen zu finden. Es ist zu schade, die in den Müll zu tun“, sagt sie, und: „Ich war schon immer Sammlerin.“ Und auch, wenn sie von ihrer Kunst noch nicht leben kann, mache sie das, was sie tut, glücklich.
„Ich bin mit dem, was ich mache, glücklich“ – das sagt auch Jannek Charlet. Eigentlich wollte er Musiker werden, doch ein Unfall verhinderte das. Es folgte ein langer Weg: Abi nachgeholt, mehrere Studiengänge ausprobiert und dann, kurz vor dem Ende des Nautikstudiums – „habe ich alles hingeschmissen, mir eine Leinwand gekauft und angefangen zu malen.“ Denn in der ganzen Zeit habe er immer daran gedacht, sich irgendwie auszudrücken. Oder wie er sagt: „Die Kunst ist etwas, was ich machen muss. Wenn ich nicht male, werde ich depressiv. Ich versuche, meine Emotionen rauszulassen.“ Seine Werke bestehen häufig aus Pappe, die in einen Holzrahmen eingespannt ist, aber auch Tischplatten werden von dem Künstler neu interpretiert. „Ich verstehe nicht, warum nicht alles zur Kunst gemacht werden kann“, meint er, „und wenn man etwas mit Herz macht, dann kommt da auch was bei herum.“
Auch bei Daniela Görner „kommt etwas herum“, ihre Kunst besteht überwiegend daraus, alten Obstaufklebern eine neue Bestimmung zu geben. „Kunst mache ich bereits seit 30 Jahren, meist Collagen. Und schon damals habe ich Obststicker gesammelt.“ 2015 habe sie dann eine kleine Lebenskrise durchlebt und eine Freundin habe gemeint, sie solle doch in die Kunst gehen. Was sie dann auch tat. „Ich mag es zu zeigen, dass es eine unglaubliche Vielfalt an Stickern gibt“, sagt sie, „dabei pflücke ich in den Läden die kleinen Sticker vom Obst ab.“ Die einzelnen Farben zu sammeln sei sehr aufwendig, meint sie, doch das Ergebnis kann sich sehen lassen: Vielfach kreiert sie aus vielen Stickern neues, buntes Obst, Kirschen etwa, Birnen oder Äpfel. Oder sie beklebt künstliches Obst aus Kunststoff mit den bunten Aufklebern. „Obststicker, da geht es viel um Farbe. Obst ist spritzig, süß, sauer und zum Reinbeißen.“ Und um beim Thema zu bleiben: „Collage ist grundsätzlich Upcycling“, sagt sie, „daher ist alles, was ich mache, Upcycling.“ Auch sie spricht vom Glück, das sie im Rahmen ihrer künstlerischen Arbeit empfindet: „Ich habe gefunden, wer ich bin. Das ist eine tiefe Zufriedenheit“, sagt sie, „und ich habe meinen Weg gefunden. Ich habe mich kennengelernt und gesehen, dass das mein Weg ist.“
Martina Cecchia arbeitet mit Altholz und alten Möbelteilen, aus denen sie Neues macht. Das Altholz bemalt sie, sie fertigt aber auch Sideboards oder Tische, doch, um auf das Malen zurückzukommen: „Das hier macht mich glücklich.“ Mit dem Umgestalten von alten Fußbänken habe sie angefangen, erzählt sie, und die gibt es auch in der Wallerie zu sehen und zu kaufen. Maritim geht es dort zu, das Meer spielt eine große Rolle. „Ich finde es schön, wenn ich alte Sachen und alte Möbel retten und dafür neue Funktionen finden kann“, sagt sie, „so habe ich zum Beispiel alte Bretter mit Text versehen, um etwas Heiteres reinzubringen und den Menschen etwas Fröhliches zu bringen.“ Im Alter von 44 Jahren habe sie ihren Bankjob gekündigt und sich dem gewidmet, was sie wirklich glücklich mache: „Seitdem mache ich Kunst.“
Bunte Schilder aus Holz fertigt auch Jaqueline Fünfhaus. „Und Miniaturlandschaften“, sagt sie, „ich mache immer Upcycling mit Sachen, die sonst in den Ofen gewandert wären.“ Es geht also um Holz, raues, grobes Holz, und daraus entwickelt sie kleine Landschaften, dreidimensionale Bilder mit kleinen Figuren, die eine Geschichte erzählen. „Ich finde zum Beispiel einen Besenstiel, der wird dann zum Leuchtturm. Und dann entsteht das Bild einer Welt in meinem Kopf. Dann bin ich tagelang dabei und vergesse die Welt um mich herum.“ Dann muss auch mal ein Teil eines alten Weidezaunes herhalten, der zu einer hohen Klippe mit Schwimmerin wird. „Ich finde es schade, dass Dinge, in die so viel Energie geflossen ist, einfach weggeworfen werden, nur um sich etwas Neues zu kaufen“, sagt sie. Und klar, auch sie meint: „Das, was ich mache, macht mich glücklich.“
Weitere Informationen
Die Wallerie hat vorerst sonnabends von 10 bis 13 sowie von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Nähere Informationen sind unter www.wallerie.de erhältlich.