Nach 44 Jahren Polizeidienst fahren Sie bald das letzte Mal aufs Revier nach Woltmershausen und kommen als Beamter im Ruhestand wieder nach Hause. Was wird Ihre letzte Amtshandlung als Revierleiter sein?
Werner Oltmann: Ich werde mich heute Abend offiziell während der Beiratssitzung bei den Ortsamtsmitarbeitern, Bürgern und Beiratsmitgliedern verabschieden und mich für die vertrauensvolle Zusammenarbeit der letzten Jahre hier in Woltmershausen, Strom und Seehausen bedanken. Am Tag darauf feiere ich mit den Kollegen Abschied. Und dann freue ich mich auf meinen Ruhestand.
Gibt es etwas, das Sie als Revierleiter unbedingt noch erreichen wollten, aber nicht mehr geschafft haben?Manches kann man aufgrund der Rahmenbedingungen nicht erreichen. Beispielsweise hätte ich gern den Personalstamm hier erhalten, der eigentlich fürs Revier eingeplant ist. Dass wir eine der beiden vakanten Kop-Stellen noch im April wieder besetzen konnten, wertet unsere Arbeit insbesondere in Strom und Seehausen sehr auf. Im Bereich Verkehrssicherheit hätte ich gern mehr Aktionen und Kontrollen durchgeführt. Denn ich bin der Überzeugung, dass Verkehrserziehung am effektivsten über den Geldbeutel geht. Aber Dinge wie diese sind angesichts der bekannten Personalsituation der Bremer Polizei und der täglichen Herausforderungen Wunschdenken, daher war es einfach nicht möglich. Insgesamt bin ich trotzdem sehr zufrieden mit dem Erreichten.
Auf welchen Erfolg sind Sie besonders stolz?Wir sind besonders im laufenden Jahr sehr weit damit vorangekommen, die Unordnungserscheinungen im Stadtteil zu verbessern, indem wir endlich die neue Handhabe nutzen konnten, unangemeldete Autos abschleppen zu lassen. Aber der größte Erfolg ist der, dass wir das Polizeirevier im Stadtteil erhalten konnten und sogar eine personelle Aufwertung und einen fest zugeordneten Streifenwagen erhalten haben. Das war aber eine Gemeinschaftsleistung von vielen.
Aber Sie haben doch sicherlich Ihren Teil beigetragen?Als 2013 der Plan bekannt wurde, dass Woltmershausen zu einer Station umgewandelt werden sollte, die an ein anderes Revier angebunden ist, etablierte sich von Bürgern und Beirat ein berechtigter und heftiger Protest – davon bin ich heute noch tief beeindruckt. Damit haben die Verantwortlichen von der Polizeiführung und der Innenbehörde sicherlich nicht gerechnet. Und auch ich habe mich natürlich sehr für den Reviererhalt eingesetzt, und mir damit bei meinen Vorgesetzten auch nicht unbedingt Freunde bereitet. Aber ich stehe bis heute dazu: Das Revier, wie wir es jetzt haben, kann wesentlich effektiver für den Stadtteil arbeiten als vorher.
Schmerzt es Sie dann nicht umso mehr, dass künftig nun doch quasi nur noch eine Kop-Station mit Verkehrssachbearbeiter in Woltmershausen nach der Polizeireform zurückbleiben wird?Ja, mich persönlich berührt das sehr stark. Wir Revierleiter wurden in einem anstrengenden Prozess letztlich davon überzeugt, dass es keine andere Wahl gibt, als die Kräfte an wenigen Orten zu bündeln und von dort aus in die Fläche zu schicken. Seitdem unterstützen wir die Reform auch. Aber nach über 40 Jahren Erfahrung bei der Schutzpolizei erlaube ich mir eine ausdrücklich persönliche Anmerkung, dass ich die bisherige Struktur lieber fortgeführt hätte. Weil sie aus meiner Sicht besser geeignet ist, um die Bedürfnisse der Stadtteile abzudecken. Umso mehr bin ich froh, dass ich das Revier in dieser Form noch an meinen Nachfolger Herrn Tegge übergeben kann.
Was hat es denn für Sie persönlich bedeutet, dass die Woltmershauser Bevölkerung in den Kampf gegen die Revierschließung mit eingestiegen ist?Es hat mich zutiefst beeindruckt, dieses massive und effektive Engagement zu sehen, das kannte ich so noch nicht. Die Menschen haben ihre Freizeit geopfert und sind mehrmals für uns auf die Straße gegangen. Das war das erste Mal, dass ich – allerdings als Privatmann – an einer Demonstration teilgenommen habe. Auch für alle Mitarbeiter am Revier war diese Unterstützung ein unglaublicher Motivationsschub, der bis heute anhält. Dieses Erlebnis hat mich sehr mit dem Stadtteil und den Ortsteilen Strom und Seehausen verbunden.
Wie haben Sie den Umgang mit den Geflüchteten erlebt?Die Flüchtlingssituation hat 2015 Woltmershausen, Strom und Seehausen vor besondere Herausforderungen gestellt. In Strom wurden in einem ehemaligen Hotel unbegleitete minderjährige Flüchtlinge untergebracht. In Woltmershausen mussten Turnhallen, eine Kirche und ein Gebäude auf dem Brinkmanngelände genutzt werden. In Letzterem wohnten zeitweise bis zu 800 Menschen. In Strom hat unser Kop, der präventiv täglich im Hotel vor Ort war, maßgeblich dazu beigetragen, dass es dort noch verhältnismäßig ruhig geblieben ist. Insgesamt hat mich sehr beeindruckt, dass es bei allen Vorbehalten und Problemen einen sehr geordneten Umgang gegeben hat und mir keinerlei Reaktionen gegen die Flüchtlinge bekannt geworden sind.
Was werden Sie mit Ihrer gewonnenen Freizeit anfangen? Werden Sie privat Jagd auf Fahrraddiebe machen – wie ein Kollege von Ihnen?(lacht.) Nein, das werde ich auf keinen Fall tun. Ich freue mich sehr auf die anstehenden Reisen mit meiner Frau. Mit dem Wohnmobil in der Nähe oder auch gerne mal Fernreisen auf andere Kontinente, da haben wir noch ganz viel vor. Außerdem möchte ich unbedingt viel Zeit mit meiner Familie und meinen zwei Enkelkindern verbringen. Es muss sich niemand Sorgen machen, dass ich ohne die Polizei nichts mit mir anzufangen weiß.
Das Gespräch führte Karin Mörtel.Werner Oltmann
ist 61 Jahre alt, verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder und zwei Enkelkinder. Er lebt in Ganderkesee und ist seit 44 Jahren im Polizeidienst Bremen tätig. Davon viele Jahre als Dienstgruppenleiter und später als stellvertretender Revierleiter in Huchting. Seit 2011 ist er Revierleiter in Woltmershausen.
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