
Sie spricht leise und bedächtig, vielleicht, weil sie möchte, dass ihr sehr genau zugehört wird. Denn Karen White Butterfly hat Bedeutsames zu sagen. Sie ist die Galionsfigur aller, die sich für die Rechte der Native Americans in den USA stark machen. Dem unermüdlichen Einsatz der College-Dozentin, die im Pine Ridge Reservat, einem der ärmsten Indianer-Reservate in den USA arbeitet, ist es zu verdanken, dass die Lakota, die dort leben müssen, zunehmend mehr Selbstbewusstsein entwickeln.
Lange Jahre dämmerten besonders die jungen Mitglieder des weitverzweigten Indianerstammes in Hoffnungslosigkeit und Apathie dahin und betäubten sich angesichts mangelnder Zukunftsperspektiven mit Alkohol. White Butterfly gibt den Kindern und Jugendlichen mit ihrem Unterricht im Pine Ridge Reservat den Stolz auf ihre indigene Kultur und ihre Stimme zurück, indem sie sie die Sprache der Lakota lehrt. Als Kind hat sie selbst noch erleben müssen, dass es an den Boardings Schools verboten war, Lakota zu sprechen. Den Kindern, die es trotzdem wagten, wurde der Mund mit Seife ausgewaschen.
Die Lakota-Indianerin ist auf Einladung des Übersee-Museums, der Universität Bremen und des amerikanischen Konsulats in Hamburg in die Hansestadt gekommen, um im Übersee-Museum, Bahnhofsplatz 13, an zwei Veranstaltungen teilzunehmen. An diesem Donnerstag, 1. Februar, berichtet sie um 14.30 Uhr von der Kultur, der Sprache und dem Schulalltag im Pine Ridge Reservat. Am Sonntag, 4. Februar, ist sie ebenso prominenter wie authentischer Gast beim Thementag, der den Indianern Nordamerikas gewidmet ist. Um 11 Uhr schildert sie unter dem Titel „Vom Wounded Knee bis Standing Rock“ den langen, dornigen Weg der Gleichberechtigung der Indianer in den USA.
Denn trotz der gerade in Deutschland durch Karl May weitverbreiteten Winnetou-Romantik wissen viele kaum etwas über die miserablen Lebensbedingungen in den Reservaten, in die Ureinwohner getrieben worden ist.
Regierung brach Verträge
„In den Reservaten bekamen sie die schlechtesten Landstriche zugewiesen, dort, wo es immer windig und kalt ist. Dort Landwirtschaft zu betreiben, ist so gut wie unmöglich. Früher jagten die Lakota Bisons, auch das war hier nicht mehr möglich“, weiß die promovierte Politikwissenschaftlerin Sonja John. Nur jeder fünfte hat in der Pine Ridge Reservation einen Job. „Allerdings wird die Situation ganz langsam besser“, betont John, die wie Karen White Butterfly am Oglala Lakota College Wounded Knee Lakota Leadership and Management studiert hat. „Alles, was wir zum Leben brauchen, können wir nur außerhalb des Reservates kaufen“, berichtet die Indianer-Aktivistin.
Ihrer Mission wird Karen White Butterfly auch im Schulzentrum Rübekamp und in Seminaren an der Universität Bremen nachgehen. Wounded Knee und Standing Rock, das sind die beiden Traumata der nordamerikanischen Ureinwohner. Am Wounded Knee wurde die Pine Ridge Reservation angesiedelt. Dort richtete die siebte Kavallerie der US-Army 1890 ein Massaker an und schlug den Aufstand der Indianer nieder, der aufgeflammt war, nachdem Häuptling Sitting Bull von Indianer-Polizisten getötet worden war. 300 Menschen wurden erschossen, darunter viele Frauen und Kinder. Viele Historiker sehen es als gesichert an, dass die siebte Kavallerie, die 1876 am Little Bighorn unter General Custer von den Indianer-Häuptlingen Sitting Bull und Crazy Horse und ihren Kriegern vernichtend geschlagen worden war, sich für diese militärische Schmach rächen wollte.
1934 wurde den Bewohnern des Pine Ridge Reservates die ungeliebte Regierung des Indian Reorganization Acts aufgezwungen, die bis heute in Kraft ist und nach einschlägigen Erfahrungen nur die Interessen Washingtons und nicht die der Indianer vertritt. Karen White Butterfly kann sich noch sehr gut an die Proteste des „American Indian Movement“ erinnern, die sich daran im Februar 1973 am Wounded Knee im Lakota-Original Chankpe Opi Wakpala entzündeten. Die Menschenrechtlerin ist Zeitzeugin, sie war mitten unter den Demonstrierenden, die die Absetzung des unter Korruptionsverdacht stehenden lokalen Stammespräsidenten Wilson erreichen wollten und eine unabhängige Oglala Lakota Nation ausriefen.
Am Wounded Knee geboren
Karen White Butterfly ist am Wounded Knee geboren und hat von daher eine ganz besondere Beziehung zu diesem Landstrich, in dem Geschichte geschrieben worden ist. Durch die Unterstützung von Prominenten, wie dem Hollywood-Schauspieler Marlon Brando, der aus Protest den Oscar für die Titelrolle des „Paten“ ablehnte, konnte ein erneutes Massaker am Wounded Knee abgewendet werden. Für Brando setzte Sacheen Littlefeather in traditioneller Stammestracht bei der Oscar-Verleihung ein Zeichen.
Immer wieder haben die Indianer erlebt, wie die US-Regierung vertragsbrüchig wurde. Das gilt auch für den letzten Vertrag, den sogenannten Laramy Treaty, der 1868 zwischen Indianern und weißen Politikern geschlossen worden ist. „Wir haben die Verträge immer eingehalten“, betont Karen White Butterfly. Angesprochen auf die Politik von US-Präsident Donald Trump, sagt sie mit einem weisen, bitteren Lächeln nur: „Wir haben so vieles überlebt, auch das werden wir überstehen.“ Allerdings sind die Indianer immer wieder der Willkür der US-amerikanischen Regierung ausgesetzt, die widerrechtlich über ihr Land verfügt.
So auch in North-Dakota, wo quer durch die Standing Rock Reservation der Great Sioux Nation, ein Gebiet, auf dem sich auch heilige Stätten befinden, die Dakota Access Pipeline gebaut wird. Präsident Obama stoppte den Bau, sein Nachfolger Donald Trump setzte ihn nach seinem Wahlsieg sogleich fort. „Wir befürchten eine Kontaminierung des Grundwassers, wenn es durch die Ölsande zu einem Leck in den Pipelines kommt“, sagt Karen White Butterfly. Dass die Proteste dagegen in den ganzen USA, ja, in der ganzen Welt bis heute nicht verstummt sind, habe sie „erfreut und überrascht“, betont die Lakota-Indianerin und lächelt ihr weises Lächeln, das diesmal nicht bitter ist.
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