
Hastedt. Und schwupps, da ist Kirsten Kappert-Gonther schon aufgesprungen und tanzt bei „Impuls“ mit Absolventen und Gästen fröhlich im Kreis. Die Grünen-Politikerin, die als Bundestagsabgeordnete im Gesundheitsausschuss sitzt, ist, wie sie in ihrer Ansprache hervor hob, schon seit Jahren ein großer Fan der „Impuls“-Arbeit. Ansteckend gute Laune gab es gratis bei der Jubiläumsfeier des Vereins für künstlerische und gesunde Bewegung „Impuls“, der nun seit einem Vierteljahrhundert besteht. Die jungen Tanzpädagogen und -therapeuten lassen sich von der durchgehend prekären finanziellen Lage nicht unterkriegen und zeigten bei der Jubiläumsfeier ihr vielfältiges Können, mal mit improvisierten Choreografien zu den filigranen Klängen einer Spieluhr, dann wieder im Stile von Martial Arts oder Kung Fu-Kampfkünsten.
Wie wichtig kreative Bewegung in unserer zunehmend durch Arbeitsverdichtung gestressten Gesellschaft ist, erläuterte Kappert-Gonther, die viele Jahre als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutie gearbeitet hat und ihren privaten Ausgleich beim Tangotanzen findet: „Die seelische Gesundheit und die Persönlichkeitsentwicklung sind eng mit der besonderen Erfahrung des Tanzens im dreidimensionalen Raum verknüpft“. Da bewahrheitet sich die alte, lateinische Weisheit „Mens sana in corpere sano“ - „Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper“. „Keiner kann sich nur theoretisch erfahren, etwa durch die Nutzung von Smartphone und Facebook. Es sollte doch viel mehr darum gehen, sich face to face zu begegnen und das Gegenüber beim Tanzen zu berühren und zu erspüren“, so Kappert-Gonther.
Die Bundestagsabgeordnete ging harsch mit dem Bewegungsmangel von Kindern ins Gericht: „Ich halte es nicht für gut, wenn schon Erst- und Zweitklässler zur Schule gefahren werden. Sie entfernen sich immer stärker von der Erfahrung des Bewegens. Kinder, die klettern und rückwärts laufen können, sind nachgewiesenermaßen besser in Mathematik.“ Generell sei Tanz und Bewegung für Kinder wie für Erwachsene gleichermaßen wichtig, denn sie helfen bei der Einschätzung: „Wer bin ich und wie fühle ich mich eigentlich?“ Gerade in der heutigen Zeit, in der sich zunehmend Radikalisierungstendenzen breit machten, sei es umso wichtiger zu lernen, gerade zu stehen und eine eigene Haltung zu entwickeln. „Das sind Impulse, die wir heute besonders brauchen!“, so die Grünen-Politikerin.
Das beste Beispiel, dass Tanzen jung hält, ist Inge Deppert, deren Lebenswerk „Impuls“ ist. Die 77-Jährige arbeitet mittlerweile seit 13 Jahren ehrenamtlich für den Verein. „Sonst hätten wir hier schon die Türen schließen können, da wir keine öffentliche Förderung erhalten!“, betonte sie. Seit Jahren ist sie auf der Suche nach einem größeren Träger für den Verein „Impuls“, nun sieht es so aus, als ob sich ein Silberstreif am Horizont abzeichnen würde. Dankbar sei sie der Karin- und Uwe-Hollweg- sowie der Waldemar Koch Stiftung, der Tabea-Stiftung und der Stadtteil-Stiftung, aber auch dem Landessportbund und der Sparkasse, um nur einige zu nennen, die immer wieder Projekte unterstützten.
Die Ausbildung bei „Impulse“ in der Fleetrade in Hastedt, nach wie vor der Sitz der Fachschule für Gymnastik, Tanz und Sport, begann 1993 mit gerade einmal 14 Schülerinnen. „So etwas Exotisches brauchen wir in Bremen nicht!“ - mit solchen Vorurteilen hatte Inge Deppert damals zu kämpfen. Inzwischen sind rund 250 Absolventinnen und Absolventen bundes- und weltweit tätig. Institutionen wie der Landessportbund, diverse Kliniken, die Volkshochschule, Schulen und Fitness-Center profitieren von den Ausgebildeten der Bewegungsfachschulen.Eine zweite, staatlich anerkannte Ausbildung ist mittlerweile hinzu gekommen: die Berufsfachschule für Gymnastik, Tanz und Sport. Beide Ausbildungen haben einen staatlichen Abschluss. Die Fachschule ist zertifiziert, so dass sie durch die Agentur für Arbeit oder das Jobcenter gefördert werden kann.
Für beide Schulen kann zudem Bafög beantragt werden. Im Institut für Fortbildung von „Impuls“ werden noch weitere berufsbegleitende Fortbildungen angeboten wie „Tanz- und Performancepädagogik“ mit Modulen wie Tanzpädagogik und -performance sowie Tanz und Gesundheit im theoretischen wie im praktischen Bereich. Inge Deppert betonte, wie wichtig Gesundheitsförderung und Kreativitätsentwicklung mit Hilfe des Tanzes gerade im Bereich der Prävention sind. „Mit Hilfe von Tanz und Bewegung können viel Leid, Schmerzen und Operationen und damit viele Kosten vermieden werden! Es geht darum, krankmachende Verhaltensmuster zu ändern.“
Das bestätigen kann nur Gisela Leiter, die seit 20 Jahren bei „Impuls“ arbeitet und das ausdrücklich als „großes Geschenk“ empfindet, wie sie sagt. Als ehemalige Krankenschwester und von Haus aus Heilpraktikerin, weiß sie nur zu gut um die Zusammenhänge zwischen Anatomie und Psychologie. Sie bekräftigte die Aussagen von Inge Deppert. „Für diese ganzheitliche Arbeit hat ‚Impuls‘ eine dicke Förderung verdient“, rief sie.
Annette Kölling, eine weitere Lehrkraft, die bei „Impuls“ ausgebildet wurde und hier heute Körper- und Bewegungsbildung unterrichtet, kritisierte das starke Schubladendenken von Institutionen wie Krankenkassen und Behörden. Der Kampf um die Anerkennung der Förderungs- und Finanzierungswürdigkeit sei oft genug zermürbend. „Aber wir werden weitermachen“, kündigte Kölling an. Doris Mühlbacher, ein weiterer, großer Fan der „Impuls“-Arbeit, warb in ihrer Ansprache dafür, Patenschaften für die Schülerinnen und Schüler zu übernehmen, so, wie sie es selbst mit Begeisterung tut. Sie erzählte von ihrer Patenschaft, die sie für zwei Mädchen aus dem Brennpunkt-Stadtteil Osterholz-Tenever übernommen habe, eins habe schließlich die Ausbildung zur Tanz-Pädagogin und -Therapeutin bei „Impuls“ geschafft.
Mühlbacher teilte als verlässliche Partnerin Erfolge und Rückschläge in der zweieinhalbjährigen Ausbildung mit ihren Schützlingen. Und die ist vielfältig, wie Absolvent Harm Bremeyer in seiner an Bildern reichen Ansprache betonte. Mit 23 Fächern seien es auch schon einmal stürmische Zeiten gewesen. „Den Stürmen haben wir aber als Gruppe getrotzt und nun werden wir selbstständig die ersten Schritte gehen. ‚Impuls‘ ist für uns ein Stück Lebensmittelpunkt gewesen. All die Kostbarkeiten, die wir hier erlebt und gelernt haben, kann uns niemand mehr nehmen. Es war mir eine Ehre“, betonte der charismatische, junge Tänzer sichtlich gerührt. Er erntete dafür viel Applaus und forderte seine Mit-Absolventinnen und -Absolventen zum letzten Tanz auf.
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