
Sie fällt aus allen Wolken. In ihrem Kopf läuft ein Film, der alle Klischees und Vorurteile abbildet. Ihr eigener Vater ein Sextourist? Einer, der sich eine Frau kauft? Sie beschließt, ihn mit ihren Gedanken zu konfrontieren. Und weil sie Regisseurin ist, hat sie einen Dokumentarfilm über ihren 60-jährigen Vater Dieter Genreith und seine 30 Jahre jüngere thailändische Partnerin gedreht. Um es vorwegzunehmen: Der Film ist unbedingt sehenswert.
Vater und Tochter sprechen miteinander in einer Offenheit, die außergewöhnlich ist. Dieter Genreith hat sich nach der Scheidung von seiner Frau auf einen Nebenerwerbs-Bauernhof in der Eifel zurückgezogen. Acht Stunden am Tag arbeitet er in einem Büro, danach kümmert er sich um seine Schweine, seine Puter und Enten und um seine Bienen. Das Bauernleben ist ihm eine Herzensangelegenheit. Und er macht Urlaub in Thailand. Immer wieder, bis er seiner Tochter auf einer Postkarte schreibt, er habe die Frau fürs Leben gefunden.
„Warum nimmst du keine gleichaltrige Frau von hier?“, will seine in Hamburg lebende Tochter von ihm wissen. „Vielleicht eine Lehrerin?“ Und ihr Vater erzählt von seinen gescheiterten Versuchen. Deutsche Frauen, mit denen er in Kontakt kam, mögen keinen übergewichtigen Eigenbrötler, der auf dem Land lebt und auch noch selber schlachtet. Da geht gar nichts. In Thailand ist das anders. Da kommt er an. Seit er Tukta kennen gelernt hat, träumt er einen Traum vom Leben mit einer Partnerin. Und es scheint, der Traum könne in Erfüllung gehen.
Schonungslos offen
Caroline Genreith ist alarmiert. Ihre Gespräche mit dem Vater könnten nicht tiefer gehen, sie könnten nicht direkter sein. Der Kameramann Philipp Baben der Erde hat dazu Bilder gedreht, die die Zuschauer geradezu magnetisch anziehen. Es sind unprätentiöse Bilder, die eine außergewöhnliche Kraft besitzen. „Nach einer Weile hatte ich Kamera und Mikrofon einfach vergessen“, sagt Dieter Genreith. So konnte er einfach er selbst sein. In schonungslos offenen Gesprächen nähern sich Vater und Tochter einander an: Wonach sehnt er sich? Wovor hat er Angst? Was will er von Tukta, der Thailänderin, und was zur Hölle will sie von ihm? Dieter Genreith jedenfalls meint es ernst. Er lernt Thailändisch mit großer Energie. Und er will seine Freundin heiraten.
Vater und Tochter fliegen gemeinsam nach Thailand. Dieter Genreith war schon häufiger dort. Er ist ein guter Führer, aber er scheint nicht dorthin zu gehören. Sie besuchen die Familie von Tukta Pimsoda und werden mit einer Herzlichkeit empfangen, die Caroline nicht für möglich gehalten hätte. Sie besprechen Hochzeitsvorbereitungen und gehen auf den Markt zum Einkaufen für das Festessen. Fünf Kilo Schweinefleisch reichen für die erwarteten 40 bis 60 Gäste. Dieter Genreith fühlt sich in der Rolle des reichen Ausländers nicht wirklich wohl. Er weiß aber, dass nur auf dem Markt eingekauft wird, wenn er da ist und zahlt. Wenn er nicht da ist, ernährt sich die Familie von Fröschen und Käfern, die sie in der Umgebung ihres Hauses sammeln. In Thailand wird von einem Mann erwartet, dass er die Familie versorgt. Von einem ausländischen Mann wird erwartet, dass er der Familie ein Haus baut. Ein Haus, in dem die gesamte Familie wohnt, inklusive Großeltern und Tanten und Kinder. Die Idee gefällt Dieter Genreith nicht. Er hätte keine Ruhe mehr. Er möchte mit Tukta Pimsoda in der Eifel leben. Sie freut sich darauf, ihm mit den Schweinen und den anderen Tieren zu helfen. Sie lernt Deutsch. Die Frage, ob sie mit ihm zusammen sein will, um versorgt zu sein, tritt immer stärker in den Vordergrund. Dieter Genreith will das nicht ergründen. Er will abwarten, wie sich die Dinge entwickeln. Die beiden heiraten in einem Büro für Eheschließungen und Scheidungen. Im Hintergrund plärrt ein Fernseher. Die Szene ist unromantisch. Für das Fest zieht die Braut ihr schönstes Kleid an.
Nun leben sie in der Eifel. Das Publikum im Cinema Ostertor fragt sie bei der Bremenpremiere, wie sie das erlebt. Tukta Pimsoda lässt ausrichten: „Deutschland ist ein anderes Land. Das kann man nicht vergleichen.“ Jemand will wissen, wie schwer es ist, sich an das deutsche Essen zu gewöhnen. „Das ist kein Problem“, antwortet Dieter Genreith. „Wir essen thailändisch. Tukta ist eine gute Köchin.“ Aber er gibt zu, mit dem Schnee habe sie schon ihre Schwierigkeiten, und sie fänden Deutschland zu kalt. Die beiden werden von ihrem Nachbarn schief angeguckt, wenn sie spazieren gehen. Das ist Dieter Genreith egal, er ist glücklich. Wenn man hingegen seine Frau ansieht, dann scheint es, als sei sie noch nicht angekommen.
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