
„In unserer Fahrradwerkstatt zu helfen, bedeutet mehr, als nur zu schrauben und Schläuche zu flicken. Man knüpft und pflegt auch Kontakte“, sagt Roozbeh Bayat, der das Übergangswohnheim Hastedt leitet. In der Einrichtung der Arbeiterwohlfahrt (Awo) für Flüchtlinge gibt es seit 2015 eine Fahrradwerkstatt – ein Angebot unter vielen, um die Bewohner sinnvoll zu beschäftigen. Sie können in der Werkstatt selbst mit Hand anlegen, doch die Hilfe von Fahrradexperten wird gebraucht. Rainer Logemann und Michael Kosubek haben sich bisher ehrenamtlich engagiert und die Werkstatt aufgebaut, können sie aber aus persönlichen Gründen nicht weiterführen.
Inzwischen arbeiten zwar mit Karl-Heinz-Stecher und Zia Gabriele Hüttinger zwei Neue in der Fahrradwerkstatt, doch weitere Unterstützung wird gesucht: Fahrräder müssen repariert, verkehrssicher instand gesetzt und an die Flüchtlinge verteilt werden. Ziel ist, dass möglichst viele im Übergangswohnheim Hastedt ein verkehrssicheres Fahrrad haben.
„Wer ein Rad hat, kommt von hier aus in etwa 20 Minuten in die Innenstadt, und Geflüchtete können viel leichter ihren Horizont erweitern, wenn sie zum Beispiel Kultur- und Sportveranstaltungen besuchen und andere Leute treffen“, sagt Roozbeh Bayat. „Die Stadtteilstiftung Hemelingen hat uns bereits mit 1000 Euro für Material unterstützt, und die Fahrräder bekommen wir geschenkt. Viele werden aber auch einfach zurückgelassen, wenn unsere Bewohner eine Wohnung gefunden haben.“
Rainer Logemann, der sich in der geräumigen Werkstatt auch um den Einbau von Schränken gekümmert hat, konnte selbst von der ehrenamtlichen Arbeit profitieren: „Ich habe noch von den Kollegen viel über Fahrräder lernen können“, sagt er. Für Bundesverdienstkreuzträgerin Zia Gabriele Hüttinger, die die Suppenengel für Obdachlose und auch Fahrradprojekte für Flüchtlinge initiiert hat, ist es ein besonderes Anliegen, sich um die Frauen im Übergangswohnheim zu kümmern: „Denn für viele Frauen war es schon in ihrer Heimat ein Traum, Fahrrad zu fahren, was ihnen in Syrien, Afghanistan oder anderen islamisch geprägten Ländern verwehrt war. Allerdings muss ich den meisten das Radfahren erst noch beibringen.“
Etwa vier Stunden in der Woche sind die Ehrenamtlichen in der Fahrradwerkstatt tätig. Räder sind an Seilen aufgehängt, stehen in vielen Größen in Reihen aneinander gelehnt, in einer Schraubzwinge ist ein Reifen eingeklemmt, und ein Fahrradgestell ohne Räder steht um 180 Grad gedreht auf dem Boden der Werkstatt. Arbeit gibt es dort mehr als genug.
„Derzeit leben etwa 160 geflüchtete Leute bei uns, und der Bedarf an Fahrrädern ist groß“, sagt Roozbeh Bayat. In der Werkstatt und in den Außenanlagen stehen etliche alte und kaputte Fahrräder, vielen haben weder funktionierende Lampen noch sichere Bremsen, und die Reifen sind häufig platt.
Die Einrichtung für Flüchtlinge in Hastedt existiert bereits seit 25 Jahren, und 15 Ehrenamtliche sind dort derzeit im Einsatz. Viele haben Patenschaften übernommen, zwei begleiten zum Beispiel eine Töpferwerkstatt. Davor war der große Bau in der Ludwig-Quidde-Straße ein Studentenwohnheim. Es hatte viele größere und kleinere Zimmer – ideale Voraussetzungen, um ein Übergangswohnheim daraus zu machen.
Roozbeh Bayat ist bereits 1988 nach Deutschland gekommen und weiß, wie wichtig es ist, Raum für Geflüchtete vorzuhalten. „Kriege oder Bürgerkriege lassen sich nicht vorhersehen", sagt der Einrichtungsleiter. "So gab es in den 1990er-Jahren bereits einen großen Zulauf, als der Krieg in Jugoslawien ausbrach."
In dem Übergangswohnheim, das Platz für etwa 180 Menschen hat, sind derzeit Frauen, Männer und Kinder unter anderem aus Syrien, dem Irak, Albanien, Afghanistan und Eritrea untergebracht. „Es kommen deutlich weniger als während des großen Ansturms in den Jahren 2015 und 2016, aber der Bedarf ist nach wie vor da“, sagt Roozbeh Bayat. Wer im Hastedter Wohnheim lebt, kann ein vielfältiges Programm nutzen: außer den obligatorischen Deutschkursen am Vormittag zum Beispiel auch Gesprächskreise für Frauen oder Kinder- und Hausaufgabenbetreuung. Und die Bewohner werden bei der Wohnungssuche und bei Verwaltungsangelegenheiten unterstützt. „Es ist gut, dass das Wohnheim mit alleinerziehenden Frauen, alleinstehenden Männern oder Familien mit Kindern bunt gemischt ist“, sagt Roozbeh Bayat, „die Atmosphäre ist harmonisch und familiär, und langweilen tut sich hier keiner.“
Wer sich ehrenamtlich in der Fahrradwerkstatt engagieren möchte, kann sich im Übergangswohnheim Hastedt, Ludwig-Quidde-Straße 12-14, und unter Telefon 49 86 011 melden.
Ob Bahnhof, Marktplatz, Weserstadion oder Schlachte: Das Bremer Stadtbild hat sich im Laufe der Zeit erheblich verändert. Wir berichten über vergessene Bauten, alte Geschichten und historische Ereignisse.
Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.
job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.