
Kimberly hat den Ball. Ihre Mitschüler gucken sie erwartungsvoll an, während Boots gespannt auf den großen Wurf wartet. Kimberly holt aus, der Ball fliegt quer über den Pausenhof. Knapp 20 Kinder rennen dem pinkfarbenen, angenagten Wurfgeschoss hinterher. Allen voran mit fliegenden Ohren: Boots. Die schwarze Labrador-Pudel-Dame ist seit vier Monaten fester Bestandteil der Belegschaft an der Marie-Curie-Grundschule.
Mit einem eleganten Satz hat sich Boots den Ball geschnappt. Die Kinder nehmen umgehend ihre Verfolgung auf – denn wer es schafft, der Hündin den Ball wieder zu entlocken, hat reelle Chancen, ihn als nächstes werfen zu dürfen. Boots steuert ohne Umwege auf ihr Frauchen zu: Schulleiterin Andrea Barthe. Nach kurzem Zureden gibt sie den Ball für den nächsten Wurf frei. „Das müssen wir noch etwas üben“, sagt Barthe.
Dass Boots noch nicht alle Kommandos kennt und befolgt, ist angesichts ihres Alters nicht verwunderlich. Die Schulhündin ist sechs Monate alt und noch mitten in der Ausbildung. Die übernimmt Barthe fast ausschließlich selbst. Die nötigen Erfahrungen dafür hat sie 13 Jahre lang mit Boots Vorgängerin Luna gesammelt. „Luna ist in den Sommerferien gestorben“, erzählt die Schulleiterin. Ein großer Einschnitt für sie und ihre Schüler. Die Lücke, die Luna im Schulalltag hinterlassen habe, sei immens gewesen. „Wir haben das Thema Sterben daraufhin auf verschiedene Weise im Unterricht behandelt“, erzählt Barthe.
Bevor sie Luna vor 13 Jahren als Schulhündin ausbilden konnte, brauchte Barthe – damals noch Klassenlehrerin - zunächst das Einverständnis der Kollegen und Eltern. Unterstützung habe sie dabei von einer Kollegin aus der Neustadt bekommen, die das Projekt Schulhund als erste in Bremen umgesetzt und ein entsprechendes Konzept bei der Schulbehörde eingereicht hatte. Nach einer Reihe ausführlicher Gespräche mit Eltern und dem Kollegium habe sie schließlich unterstützt von einer Hundetrainerin mit Lunas Ausbildung beginnen können. Ein spezielles Programm für Schulhunde gebe es nicht, es werde daher gezielt trainiert, unerwünschtes Verhalten, wie jagen, zu vermeiden, erzählt die Schulleiterin.
Die mit Abstand wichtigste Lerneinheit für einen Schulhund ist nach Ansicht von Barthe das rechtzeitige Konditionieren des Tieres. Sie habe Luna und auch Boots daher ab einem Alter von gut zwei Monaten mit in die Klassen genommen. Dadurch sei der Aufenthalt zwischen vielen Kindern für die Hündinnen von Anfang an als etwas Normales wahrgenommen worden. In diesem Zusammenhang hat Barthe den Kindern außerdem beigebracht, was im Umgang mit einem Schulhund wichtig ist. „Die Kinder wissen, welche Leckerchen Boots bekommen darf, und welche nicht“, sagt die 54-Jährige. Kleingeschnittenes Gemüse gehöre deshalb zu den Dingen, die häufiger in der Brotdose mitgebracht werden, da ein Teil davon an Boots weitergereicht werden dürfe. Dass ein Pausenbrot nichts für einen Hund sei, wüssten die Kinder ebenfalls – und dass die Schulleiterin immer dabei sein müsse, wenn Boots einen Snack bekommt.
Auf dem Pausenhof ist das Balltraining inzwischen beendet. Nun können Hund und Kinder unter Beweis stellen, wie gut sie schon in Sachen Tricks miteinander kooperieren. Boots macht auf Geheiß Sitz, Platz und Drehungen – die Augen dabei fest auf das Leckerchen in der jeweiligen Kinderhand geheftet. Die muss bei der Übergabe flach wie ein Teller sein, betont Barthe, damit keine Finger im Weg sind.
Boots‘ Anwesenheit hat laut der Schulleiterin erhebliche Auswirkungen auf das Sozialverhalten der Schüler. Insbesondere extrovertierten Kindern, die verstärkt körperlich agierten, lasse sich mit Hilfe des Hundes viel eindrücklicher vermitteln, wann ihre Kommunikation zu laut oder zu heftig werde. Auch als Zuhörerin beim Vorlesen sei Boots heiß begehrt, da sie sich nicht daran störe, wenn es noch nicht holperfrei klappe oder sich gar darüber lustig mache, erzählt Barthe.
Auch im Bildungsressort zeigt man sich überzeugt vom Schulhund-Konzept. „Wir unterstützen diese Form der Pädagogik“, teilt Sprecherin Annette Kemp mit. Die Anwesenheit eines Schulhundes im Unterricht wirke sich unter anderem positiv auf das Klassenklima sowie die Entwicklung sozialer und emotionaler Kompetenzen aus. Wie viele Schulhunde in Bremen mittlerweile im Einsatz seien, könne sie allerdings nicht genausagen. Auf jeden Fall seien es diverse.
Mit dem Pausengong leert sich der Schulhof schlagartig. Boots liegt neben ihrem Frauchen, blickt den Kindern mit schiefgelegtem Kopf hinterher und ist sichtlich betrübt über diese Entwicklung. Auf dem Weg zum Lehrerzimmer hellt sich ihre Stimmung schlagartig wieder auf.
Selena kreuzt ihren Weg, eine Schülerin aus Barthes „Hundeklasse“, die federführend für Boots Pflege, Gassigänge und Wohlbefinden zuständig ist. Die quirlige Hündin begrüßt die Viertklässlerin begeistert und lässt ihr Frauchen kurz entschlossen vor dem Lehrerzimmer zurück, während sie dem Mädchen selbstbewusst in Richtung Klassenzimmer folgt.
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