
Großformatige Arbeiten begrüßen die Besucher im ersten Obergeschoss des Bamberger-Hauses in der Faulenstraße. Sie zeigen in einem sehr feinen Strich perfekt ausgearbeitete Stillleben: Da ist etwa in Tisch zu sehen, auf dem ein mehrarmiger Kerzenleuchter neben einer Kugel steht. Die Kugel, die in dem Bild zu sehen ist, verweist auf das Thema der Ausstellung in dem Gebäude: „Kugel hat keine Grenzen.“
In allen Arbeiten, die für diese Ausstellung angefertigt wurden, muss eine Kugel auftauchen. Das war die Vorgabe von Volkshochschul-Zeichenlehrerin Marietta Armena. Sie stammt aus Eriwan (sprich: Jeriwan), der Hauptstadt Armeniens, wo sie aufgewachsen ist und sechs Jahre lang Kunst studiert hat. Seit mehr als 20 Jahren wohnt sie mittlerweile in Bremen und ebenso lange gibt sie an der Volkshochschule Kunstkurse. Die Zeichenkurse liegen ihr nach eigenen Angaben besonders am Herzen, denn die Fähigkeit zu zeichnen, sei die Grundlage allen Kunstschaffens.
„Es ist besonders interessant, den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, dass sie zeichnen können“, sagt Armena. Sie zitiert gern den Spruch eines unbekannten chinesischen Weisen, der gesagt haben soll: „Wenn du etwas gut machen willst, dann musst du es elf Mal gemacht haben." "Und wenn elf Mal nicht reicht,“ fügt sie hinzu, „dann musst du es eben 111 Mal machen." Zeichnen ist also eine Sache, die geübt werden will. Wieder und immer wieder. Was noch dazu gehört? Die Fähigkeit zu sehen, genau zu beobachten und natürlich die Fähigkeit, mit einem Stift etwas abzubilden, Linien auf das Papier zu bringen, Objekte abzubilden. Vieles davon kann man lernen.
„Zeichnen ist kein Hobby“, sagt die Zeichenlehrerin, „es ist ein Weg zu sich selber.“ Sie unterrichtet Porträt, Landschaft, Akt und Stillleben. Im Bamberger-Hochhaus sieht man nun etwa 70 Bleistiftzeichnungen ihrer Schüler zu den verschiedenen Genres in dem Vorraum zum Bamberger-Saal und dem hellen Flur. Den Schwerpunkt bilden allerdings Stillleben mit Kugel.
Kai-Uwe, in den Kursen sprechen sich alle mit Vornamen an, hat sich nach eigenen Angaben immer schon für Kunst interessiert. Aber er habe immer andere Prioritäten gesetzt, nämliche solche, die seinen Broterwerb sicherten. Dann habe er eine Wende in seinem Leben erlebt: Er sei arbeitsunfähig geworden und habe nun endlich die Zeit, sich seinen künstlerischen Ambitionen zu widmen. Kai-Uwe ist seit einem Jahr Schüler von Armena. Er würde gern lernen, Comics zu zeichnen, hat aber schon festgestellt: „Der Weg dahin führt durch eine Hölle.“ Der Weg habe ihm aber auch Glücksgefühle beschert – genug um dabei zu bleiben. Armena erklärt: „Ich bringe den Schülern nur Techniken bei. Manche haben es oft schwer, weil sie meinen, sie dürften keine Fehler machen.“ Aber auch Krisen gehörten dazu. Wenn etwas gelingt, sei es wie eine Befreiung.
Für Heide, Katrin und Helga ist das Zeichnen nach eigenen Angaben wie eine Meditation. „Was mir am Zeichnen gefällt, ist die totale Fokussierung auf einen Gegenstand, und darauf, ihn akribisch wiederzugeben, das Gefühl zu haben, etwas zu lernen, und natürlich auch die Gesellschaft. Es macht Freude, mit anderen gemeinsam das zu machen – und nicht nur alleine zu Hause“, sagt Heide. „Es ist ein sehr mühsamer und sehr frustrierender Prozess", sagt dagegen Katrin über den Prozess des Zeichnens. "Und wenn man im Kopf hat, man möchte zeichnen wie Picasso, und man merkt, das wird nie gelingen – dann ist das sehr frustrierend." Ähnlich sei es, wenn man Bilder im Kopf habe, die man schaffen möchte, und merke, dass man sie nicht schaffen könne. "Aber wenn man wieder auf den Boden zurückkommt und sich fragt, warum man den Kurs besucht, dann ist die Antwort: weil ich mich da konzentrieren kann, weil ich eine Vase abzeichnen kann und weil ich mich dann hinterher darüber freue, dass sie eigentlich ganz schön aussieht." Das helfe dann über die Frustration hinweg.
Helga ergänzt: „Es ist Konzentration und Freiheit zugleich." Wenn man konzentriert von Kopf bis Fuß sei, dann merke man manchmal, dass man nicht so weiterkomme, wie man möchte. "Und wenn man freier ist im Kopf, dann werden die Bilder viel lockerer – und irgendwann kommt an einen Punkt, von dem man gedacht hatte, dass man da nicht hinkommt." Das mache einfach Spaß, das sei Lebensinhalt. Alle drei Teilnehmerinnen sagen, man könne Marietta Armena nicht genug dafür danken, dass sie sie an diesen Punkt gebracht hat.
Die Zeichenlehrerin freut sich sehr darüber, dass viele ihren Kursen über Jahre treu bleiben und sie ist begeistert von der hohen Qualität, die ihre Schüler in den Kursen zeigen. Sie selbst gibt auch Integrationskurse und erklärt, dass gerade bei der großen Sprachenvielfalt in solchen Kursen die verbale Verständigung schwierig ist und man in solchen Situationen sehr gut mit Bildern kommunizieren kann. Kunst, sagt sie, begleitet einen für immer.
Die Ausstellung „Kugel hat keine Grenzen“ läuft noch bis zum 27. September im Bamberger-Haus, Faulenstraße 69. Die Öffnungszeiten sind Montag bis Freitag von 8 bis 19 Uhr. Für Kurse mit Marietta Armena können sich Interessierte bei der Volkshochschule unter Telefon 36 11 23 45 anmelden.
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