
27 Züge innerhalb einer Stunde – so viele hat Hannelore Sengstake, Beiratsmitglied Hemelingen, gezählt. Sie wohnt in der Stolzenauer Straße und war eine von zahlreichen Betroffenen, die die Gelegenheit nutzten und sich im Übergangswohnheim in der Stolzenauer Straße von der Deutschen Bahn informieren ließen, wie zukünftig der Lärmschutz entlang des viel befahrenen Bahndammes aussehen könnte.
Gleich zu Beginn weckte Henning Schwarz, verantwortlich für den Bereich Lärm und Umwelt bei der Deutschen Bahn Netz, große Hoffnungen mit einer positiven Nachricht. „Wir können aktiven Schallschutz förderfähig bekommen und ich freue mich, nach so langer Zeit ihnen Lärmschutzmaßnahmen anbieten zu können.“ Der Grund dafür liegt in einer neuen gesetzlichen Regelung, die die Grenzwerte für Lärm in Wohngebieten herabgesetzt hat.
Die Fallhöhe, die dieser Aussage folgte, war dann aber doch recht hoch, denn konkrete Zeitangaben wann und in welcher Form aktive und passive Schallschutzmaßnahmen folgen, konnten und wollten die Vertreter der Bahn nicht machen. Zu umfangreich und unvorhersehbar ist das Planverfahren, an dem auch das Eisenbahnbundesamt beteiligt werden muss. Immerhin eins ist aber klar: Schallschutzmaßnahmen an der Stolzenauer Straße kommen. Wie diese aussehen könnten, erklärten Manfred Liepert und Andrea Höcker vom Ingenieurbüro Möhler und Partner.
So sehr Lärm eine reale, sehr handfeste und eine hör- und spürbare Belastung ist, fußen mögliche Gegenmaßnahmen auf ein zutiefst akademisches Vorgehen. Anders als viele Anwohner der Stolzenauer Straße wohl erwartet hatten, hat das mit den Planungen beauftragte Ingenieurbüro keine Mikrofone aufgestellt und keine langen Messreihen unter der Woche oder am Wochenende vorgenommen. Stattdessen besteht der Lärm von Zügen, Waggons, Bremsen und Fahrtwind allein aus Nullen und Einsen, sprich: Der Lärm entsteht digital im Computer. Ebenso digital spuckt der Computer auch aus, wie sich Schallschutzmaßnahmen auswirken. Auf Karten übertragen, entsteht daraus eine Übersicht, wie und in welchem Umfang sich der Schall entlang der Bahntrassen ausbreitet.
Manfred Liepert über die Nachteile der Messungen vor Ort: „Man hat immer nur eine Momentaufnahme und es gibt viele weitere Einflüsse, wie Störgeräusche und schwankende Verkehrsmengen.“ Zudem seien nur wenige Messpunkte tatsächlich zugänglich. Anders sehe es dagegen beim Computermodell aus. „Der Hauptvorteil ist, dass man Schallschutzmaßnahmen berücksichtigen kann und für jeden Punkt einer Fassade die Lärmbelastung berechnen kann.“ Grundlage für das Computermodell der Umgebung sind unter anderem Katasterpläne und Lagepläne des Vermessungsamtes. In das 3-D-Modell ließen sich dann verschiedene Parameter einrechnen. „Brücken, verschiedene Zugtypen, Zusammensetzung der Züge.“ Größte Lärmquelle seien aber die Räder auf den Schienen. Wenn nach all diesen Berechnungen der Grenzwert überschritten werde, dann seien Schallschutzmaßnahmen förderfähig. In der Stolzenauer Straße trifft das auf nahezu alle Wohnungen zu.
Als mögliche Lärmschutzmaßnahmen haben die Ingenieure zwei und drei Meter hohe Schallschutzwände, sogenannte Schienenstegdämpfer und Mittelschallschutzwände, also Schallschutzwände zwischen den einzelnen Gleisstrecken, betrachtet. Das Ergebnis: Den besten Kosten-Nutzen-Faktor hat eine Lösung mit zwei Meter hohen Wänden und Sattelstegdämpfern auf der Strecke 1740, Wunstorf-Bremen. Mehr Kosten und nur wenig mehr Nutzen würden Dämpfer auf den weiteren Gleisen und Mittelschutzwänden bringen. Für den knappen Kilometer Schallschutzwände rechnen die Ingenieure mit Kosten in Höhe von 1,3 Millionen Euro. Allerdings: Allein durch diese Maßnahmen des aktiven Schallschutzes, also direkt an der Quelle, profitieren nur 21 Prozent der Anwohner. „Damit bleiben passive Schallschutzmaßnahmen unumgänglich“, so das Fazit von Andrea Höcker.
Passive Maßnahmen sind zum Beispiel Schallschutzfenster. Für den möglichen Einbau, den der Eigentümer der Immobilie veranlassen und beantragen muss, gelten Auflagen. „Förderfähig sind aber nur schutzbedürftige Räume.“ Dazu zählen Wohn- und Schlafzimmer, sowie Küchen mit Tischen und Stühlen für den längeren Aufenthalt. Die Förderhöhe beträgt maximal 75 Prozent der entstehenden Kosten. Wer allerdings glaubte, gleich Abhilfe schaffen zu können, irrte. Erst wenn das gesamte Verfahren mit einem Planfeststellungsbeschluss genehmigt ist, können Fördergelder beantragt werden. Eine rückwirkende Erstattung gibt es nicht.
Dennoch überwiegen für Hannelore Sengstake die positiven Nachrichten des Abends. „Wir wissen, dass nicht alles an Lärm runtergefahren werden kann, aber es ist gut, dass überhaupt etwas passiert, da arbeiten wir seit zehn Jahren dran.“ Die nächsten Schritte der Bahn werden sein, auf das Eisenbahnbundesamt zuzugehen und über die Finanzierung zu sprechen, so Henning Schwarz.
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