Außerdem präsentieren sie ihre Videoinstallation „No more war.biz“.
Zur Ausstellungseröffnung sprachen Professor Gerold Wefer, Vorstandsvorsitzender des Hauses der Wissenschaft, und Professor Frieder Nake einführende Worte. Die Fotografen Barbara Millies und Harald Jo Schwörer beschäftigen sich in der Ausstellung mit Formen des Erinnerns an Stätten des Nationalsozialismus´. Auf 41 analogen Farb-Fotografien, aufgenommen bei strahlendem Sonnenschein, zeigen die Ausstellungsmacher ehemalige NS-Lager und Gedenkorte – aber ausdrücklich nicht in der herkömmlichen Bildsprache, die sonst für das Erinnern an NS-Stätten gewählt wird.
Schon vor diesem Projekt haben Millies und Schwörer gemeinsame Foto-Auftragsarbeiten übernommen. Durch Barbara Millies` langjährige Auseinandersetzung mit „Formen des Erinnerns an die NS-Zeit“ ist auch Schwörer in das Thema hineingewachsen.
Millies habe viel zum Thema gelesen, sich in der Abschlussarbeit ihres Kulturwissenschafts- und Soziologie-Studiums mit dem Thema befasst und sei dabei unter anderem auf das Projekt von Sigrid Sigurdsson gestoßen, berichtet Millies. Die deutsche Künstlerin Sigurdsson habe den Anstoß dazu gegeben, dass erstmals die Tausenden über ganz Europa verteilten, ehemaligen Lager-, Haft-und Internierungsstätten der NS-Zeit systematisch erfasst und kartografiert wurden.
In Nordwestdeutschland haben Millies und Schwörer für ihr gemeinsames Projekt zahlreiche dieser Stätten – bewusst bei gutem Wetter – aufgesucht, um dann dort zu fotografieren. Dabei handelte es sich um Orte, die teils ausgewiesene Gedenk-, oder Informationsstätten, oder auch Erinnerungsorte waren. Oft gab es aber auch keinerlei Hinweis auf die Vergangenheit der jeweiligen Stätte, berichten sie. Stellenweise seien sie dabei auf „vergessene Orte“ getroffen.
Gedenkstätten werden üblicherweise in erwarteter Bildsprache beispielsweise bei schlechtem Wetter und motivisch mit Mauern, Umzäunungen, Bahnanlagen oder Skulpturen, die zum Erinnern mahnen, präsentiert. Millies und Schwörer haben ihr Projekt zur Fotografie von NS-Stätten mit ähnlicher Absicht gestartet, aber schnell wurde den beiden Fotografen klar, dass sie eine andere Darstellung wollten. Die Frage tauchte auf: Was bleibt, wenn wir all diese „Codes“ für Erinnerung an NS-Stätten weglassen? Herausgekommen ist die Präsentation von Fotos, aufgenommen bei strahlendem Sonnenschein: Kein Stacheldraht, kein Nebel, dafür badende Menschen am Strand vor dem Bunker Valentin. Man sieht Landschaften, aufgenommen bei bestem Wetter, und sonnenbeschienene Natur-Details. Die Bilder ohne jeglichen Hinweis zur Vergangenheit des Ortes irritieren, weil der Betrachter die Abbildung von NS-Stätten anders gewohnt ist, und vergeblich versucht, Symbole herauszulesen.
Die Video-Installation „No more war.biz“ zeigt den Bunker Valentin in Farge. Auf der Baustelle zu diesem Bunker, in dem U-Boote gebaut werden sollten, wurden während der NS-Zeit Zwangsarbeiter aus ganz Europa zum Arbeitseinsatz verpflichtet.
Die beiden Fotografen haben für ihr zweites Projekt, eine Kamera vor diesem Bunker postiert, und einen Tag lang zu sämtlichen Tageszeiten Bilder aufgenommen, die zusammengenommen damit 24 Stunden abbilden. Daraus haben sie einen Videofilm gestaltet und digital den Schriftzug „No more war.biz“ auf dem Bunker aufgebracht. Dieser Text war im Jahr 1983 heimlich auf den Bunker, damals noch genutzt als Bundeswehrdepot, gepinselt worden, dann aber schnell wieder entfernt worden.
Dies ist der Anstoß zur Installation gewesen. Im Film erscheinen die Wörter und Buchstaben mit einem bewussten Schaltfehler, sodass mitunter nur „No War“ oder „More War“ auftauchen, was der Betrachter erst merkt, wenn er sich in Ruhe auf die Installation einlässt. Tauchen die Wörter „War.biz“ auf, ist „biz“ einerseits die Abkürzung für die Domain der dazugehörigen Webseite, ist aber auch eine Anspielung auf das englische Wort business, und meint den Handel mit Waffen. Mit ihrer Doppelausstellung werfen die Fotografen einige Fragen auf, etwa danach, wie „zukünftiges Erinnern“ aussehen kann. Harald Schwörer meint dazu: „Diese Ausstellung kann ein Baustein dafür sein.“
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