In der St.-Johannis-Schule ist Geisterstunde: 14 Schüler reparieren Skelette, löten Drähte zusammen und testen Nebelmaschinen. „Wir erschrecken andere sehr gerne“, sagt Daniel. Der 16-Jährige aus Mahndorf und der 15-jährige Rouven aus Grambke gehören zur „Geisterbahn-AG“. Bis zum Wochenende verwandeln sie nach dem Unterricht eine ganze Etage der katholischen Schule in einen Ort des Schreckens mit Haien, Fahrrad fahrenden Skeletten und Sweatshirt tragenden Toten. Einer der Höhepunkte der 46. Burkina-Faso-Woche, die an diesem Montag, 5. März, beginnt.
Seit 1973 sammelt die St.-Johannis-Schule im Schnoor alle Jahre wieder Spendengelder für das westafrikanische Land. Knapp 1,3 Millionen Euro sind bisher nach Burkina Faso geflossen. Für Schulleiterin Anette Kieslich ist es bereits die 14. Aktions-Woche für den guten Zweck, und doch ist es immer noch etwas ganz Besonderes für sie: „Dass alle mithelfen und sich engagieren, das ist schon immer so ein Highlight des Jahres.“
Abbé Roumba kommt
Wenn Burkina-Faso-Woche ist, bringt sich die gesamte Schule ein. Mutige Schülerinnen und Schüler bereiten sich auf ihre Auftritte in den Musikshows vor. Lehrerinnen und Lehrer üben synchrone Tanzschritte, und die Theater-AG probt intensiv für ihre zahlreichen Vorstellungen. Zweimal täglich stehen die Jugendlichen diese Woche in Molières „Der eingebildete Kranke“ auf der Bühne. Das Stück haben sie gemeinsam mit der Lehrerin Yvonne Sextroh und mit dem Schauspieler Erik Roßbander von der Bremer Shakespeare Company einstudiert. Eine öffentliche Aufführung ist am Freitag, 9. März, um 20 Uhr in der Aula der St.-Johannis-Grundschule, Tiefer 12. Auch Musik soll in der Woche nicht zu kurz kommen. Die Bläser- und Gesangsklassen geben am Mittwoch, 7. März, um 18 Uhr im Konzertsaal der Hochschule für Künste (HfK), Dechanatstraße 13-15, ein Konzert.
Die Spenden werden nach Burkina Faso überwiesen und fließen in Projekte, die von der Caritas-Organisation OCADES betreut werden. Landwirtschaftliche Geräte und Saatgut werden von dem Geld gekauft, Getreidemühlen oder Milchkühe, aber es werden auch Hilfsprojekte für Mädchen finanziert, die vor einer Zwangsheirat geflohen sind. In regelmäßigen Abständen reist eine Delegation der St.-Johannis-Schule nach Burkina Faso, um sich ein Bild von den unterstützten Projekten zu machen. Schulleiterin Anette Kieslich war schon zweimal dabei. „Es ist toll zu sehen, wie sehr unsere Projekte den Menschen dort helfen“, sagt sie. „Ein Dorf hatte einen Brunnen bekommen. Die Menschen haben mir erzählt, dass das Wasser jetzt sauberer ist und sie deshalb auch gesünder seien. Und das ist einfach toll“.
Zur Aktionswoche wird nun auch Besuch aus Burkina Faso erwartet: Der Diözesansekretär der OCADES, Abbé Adelphe Rouamba, kommt nach Bremen und wird auch Klassen besuchen, um von der Lage und den Projekten in Burkina Faso zu berichten.
Rote, grüne und gelbe T-Shirts haben alle Schülerinnen und Schüler der Grundschule und der fünften Klassen bereits einsatzbereit zu Hause liegen, denn am Freitag, 9. März, wird um 10.30 Uhr die bunte Truppe auf den Treppen vor der Bremer Bürgerschaft die Flagge Burkina Fasos darstellen. Die Kinder haben zuvor mit ihren Musiklehrern eifrig afrikanische Lieder eingeübt, die sie singen und zu denen sie tanzen, während auf dem Marktplatz Spenden gesammelt werden.
Bis Freitagabend müssen dann Bücher sortiert und Kleider aufgehängt sein. Denn um 17 Uhr öffnet das Gebäude in der Dechanatstraße seine Türen für die ersten, die auf dem Trödelmarkt, im Second-Hand-Shop und dem Bücher-Basar einkaufen möchten. Die Lehrer müssen ihre Schritte bis dahin können. Am Freitag um 18 Uhr wird zum ersten Mal die Musik- und Tanzshow inklusive Lehrerballett vorgeführt. Zwei besonders kreative Lehrerinnen haben sich zunächst eine Choreografie zum Thema „Filmmusik“ ausgedacht und sie dann auf DVD aufgenommen, damit alle Beteiligten zu Hause üben können und vier gemeinsame Proben reichen. Dieses System hat bisher stets gut funktioniert, das Lehrerballett löst jedes Jahr Jubel aus. Das Beste kommt dann, wie so oft, zum Schluss: Am Sonnabend, dem großen Aktionstag, verwandelt sich das Schulgebäude in einen kleinen Freimarkt. Neben Bücher- und Kleider-Basar und dem Show-Programm um 10.30 Uhr und 12 Uhr gibt es zahlreiche Essensstände, eine Salatbar und mehrere Cafés mit Kuchen und Torten. Auf dem Schulhof werden gebrauchte Fahrräder verkauft, im zweiten Stock Spielzeug. Und ganz oben im Gebäude an der Dechanatstraße können sich Besucher in der Geisterbahn gruseln für den guten Zweck.
Rouven ist schon einmal Opfer des selbst gebauten Schreckenstunnels geworden. „In meinem ersten Jahr kam beim Durchlaufen auf einmal ein unerwarteter Effekt“, erinnert sich der 16-Jährige aus der Neustadt. Bevor die ersten Mutigen die Skelette in Aktion sehen, müssen unter anderem noch über 1000 Meter Kabel verlegt werden. Sie stünden nun schon unter Zeitdruck, sagt Daniel. Aber eine Schulwoche bleibt ihnen ja noch.
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