
Ja, damals mit 24 Jahren sei sie vermutlich die jüngste Standesbeamtin Bremens gewesen, vermutet Marisa Güse. Mittlerweile ist sie vier Jahre in dem Job, den sie ihren „absoluten Traumberuf“ nennt. Ihr Arbeitsplatz befindet sich an der Hollerallee 79, in dem Gebäude, das mit seinen stolzen 200 Jahren eines der ältesten Standesämter in ganz Deutschland ist.
Vier- bis fünfmal pro Woche tritt sie normalerweise hinter den dunkelbraunen Schreibtisch, der vor den tiefblauen Wänden des Trauzimmers Gediegenheit und Ruhe ausstrahlt.
In Corona-Zeiten sei die Zahl der Trauungen nicht so stark gesunken wie sie und ihre 40 Kollegen in Bremen-Mitte und Bremen-Nord zunächst befürchtet hätten. Zwei- bis dreimal wöchentlich schließen nun Paare den Bund fürs Leben, sagt Güse.
Wobei manche, nimmt man die Redewendung wörtlich, offenbar gleich mehrere Leben haben. Manch Bräutigam oder Braut hätte sich von ihr auch schon die vierte oder fünfte Ehe amtlich besiegeln lassen.
Das wohl rührendste Beispiel für die erste Trauung im Leben wird die Standesbeamtin so schnell nicht vergessen. Eine 80-jährige Dame und ein 80-jähriger Herr tauschten unter ihren Augen die Ringe. Warum die beiden sich nach 60 Jahren des Zusammenlebens für diesen Schritt entschieden haben? Damit ihre Mütter diesen Moment noch erleben konnten, ihre beiden Trauzeuginnen. Alter: jeweils 100 Jahre. „Da flossen auch bei mir ein paar Tränen“, erinnert sich Güse. „Liebe kennt offensichtlich kein Alter.“
Ebenso hat die Standesbeamtin Paare vor sich, die sich erst wenige Wochen kennen. Und es gibt Heiratswillige, die noch am Morgen vor der Trauung den Termin überhastet absagen. „Nein“ habe auf die entscheidende Frage hin aber bei ihr noch nie jemand gesagt, erzählt Güse und meint: „Egal wie lange man sich kennt, eine Garantie hat man sowieso nicht.“
Diesen Sommer, so rechnet sie, wird sie 450 Eheschließungen begleitet haben, an die sie schöne und traurige Erinnerungen knüpft. Traurig, wenn Paare schnell heiraten wollen, weil etwa der Partner schwer krank ist. „Da ist es dann schwierig, Hoffnung zu geben.“ Aber auch die finanzielle Absicherung sei durchaus Motivation für eine Heirat.
Als Vorbereitung für eine Trauung genüge ihr ein Blick in die Akten und ein Gespräch mit dem Brautpaar vorab, um die 20-minütige Zeremonie auf das Paar zuzuschneiden. „Die Leute inspirieren mich“, meint Güse. Der Nervosität des Paares vor einem großen Schritt in ihrem Leben entgegnet sie oft mit einer humorvollen Bemerkung. Bei ihrer ersten Eheschließung hätten ihre Worte: „Das ist jetzt auch für mich eine Premiere“, sofort die Stimmung aufgelockert.
Ihre Einfühlsamkeit wird belohnt. Postkarten aus den Flitterwochen oder Fotos von der Trauung als Dankeschön seien keine Seltenheit. „Das bedeutet mir sehr viel. Es bestärkt mich, dass ich das Richtige mache.“
Bereits kurz vor dem Abitur faszinierten sie die Liebe und die Ehe. Als Schülerin schrieb Güse Geschichten und Gedichte zu dem Thema – eine Leidenschaft, der sie bis heute nachgeht. Das duale Studium im öffentlichen Dienst „Public Administration“ schloss sie mit einem Bachelor ab – und dem klaren Ziel, den amtlichen Teil beim Bund fürs Leben zu übernehmen.
Der Weg zum Standesamt konnte ihr nicht schnell genug gehen. Güse äußerte gleich zu Anfang ihrer dreijährigen praktischen Ausbildung den Wunsch, eine Station beim Standesamt durchlaufen zu wollen. Drei Monate schaute sie sich alles an. Und zwar nicht nur montags bis freitags.
„Am Wochenende habe ich freiwillig Reden und Gedichte für die Trauungen geschrieben.“ Auch heute verpasst sie den Eheschließungen mit ihrer poetischen Ader eine persönliche Note. „Für mich ist es jedes Mal wieder eine Ehre, beim schönsten Tag des Lebens – der es ja sein sollte – dabei sein zu dürfen.“
Güse, eine zierliche Frau mit langen blonden Haaren, der man ansieht, dass sie in ihrer Freizeit leidenschaftlich Sport treibt und die 2018 bei der Wahl zur Miss Bremen teilgenommen hat, ist selbst nicht verheiratet. Sollte sich der Richtige finden und ihre Pläne teilen, hat sie klare Vorstellungen vom Setting ihrer eigenen Trauung. Die romantische Kulisse im Schloss Schönebeck in Bremen-Nord, wo sie aufgewachsen ist, habe es ihr angetan, verrät sie. Aber auch die Botanika und der Kropp-Hof hätten ihren ganz besonderen Charme.
Ob nun Hochzeit oder nicht, eines ist klar: „Das hier“, sagt sie mit Blick auf ihre Tätigkeit, „möchte ich bis zur Rente machen.“
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