
Fast 80 Jahre und kein bisschen leise: Dieter Rudolph nimmt in seiner jetzt erschienenen Autobiografie „Bremer Bulle und Bienen. Ein Rückblick auf acht Jahrzehnte“ kein Blatt vor den Mund. Der Oberneulander sieht in der Politik und auch bei der Polizei, in deren Dienst er lange Jahre bis 1997 stand, so einiges kritisch. Die Große Koalition etwa bewertet er als einen Bärendienst an der Demokratie. Das sei „50 Prozent weniger Demokratie“, schreibt Rudolph. Verärgert trat er nach 50-jähriger Mitgliedschaft aus der SPD aus, als sich 2013 die Elefantenhochzeit in Berlin anbahnte.
In Bremen bekannt ist Dieter Rudolph vor allem als unermüdlicher Lobbyist der Bienen und Stimme der Imker. 32 Jahre lang stand er an der Spitze des Imkervereins Bremen von 1875. Nicht zuletzt dank seines engagierten ehrenamtlichen Wirkens als Vorsitzender erlebte der Imkerverein einen Aufschwung, sodass er auf mehr als 200 Mitglieder wuchs. Im Buch berichtet Dieter Rudolph auch, wie es unter glücklichen Umständen zum Bau und zur Erweiterung des Lehr- und Schaubienenstandes des Imkervereins auf dem Lür-Kropp-Hof in Oberneuland kam und wer sich dabei verdient gemacht hat. Auf dieses Vereinsdomizil, das mit seinen historischen Schaustücken teils einem Bienenmuseum gleicht und mit seinem „grünen Klassenzimmer“ als außerschulischer Lernort offiziell Anerkennung gefunden hat, ist Rudolph weiterhin stolz.
Die Liebe zu den Bienen hatte für den Pastorensohn aus der ländlich geprägten Uckermark zu DDR-Zeiten während der Schulzeit begonnen. Sein Lehrer besaß Bienenvölker, und der zehnjährige Dieter half ihm im Sommer bei der Imkerei. Einige Jahre später sorgte der Vater dafür, dass der erst 14-jährige Dieter lange vor dem Mauerbau 1963 von der DDR nach Westdeutschland übersiedelte. Der Vater wollte es so, weil dem Pastorensohn in der DDR höchstwahrscheinlich höhere Bildung verwehrt geblieben wäre. Die restliche Familie floh rund eineinhalb Jahre später im Herbst 1954 in den Westen. Der Junge war eine ganze Zeit lang weitgehend auf sich allein gestellt, auch wenn er Unterstützung von Verwandten bekam.
Erinnerungen und Anekdoten
Nach dem Erwerb der mittleren Reife hatte der junge Dieter Rudolph nicht mehr so recht den Antrieb zum Lernen für das Abitur und ein Studium. Stattdessen ging er in den Polizeidienst und rückte 1957 in die Kaserne der Bereitschaftspolizei in Berlin-Moabit ein. Anfang der 1960er-Jahre wechselte er als junger Polizist nach Bremen. Stationen waren unter anderem ebenfalls die Bereitschaftspolizei, die Wache in der Vahr und das Polizeipräsidium Am Wall. Dieter Rudolph erinnert in seinem Buch an einige an die Nieren gehende Einsätze wie etwa beim Flugzeugabsturz mit 46 Toten im Januar 1966 in der Nähe des Bremer Flughafens. Aber auch einige lustige Anekdoten aus seiner Dienstzeit gibt er preis. Kritik übt er unter anderem an dem Besoldungssystem und dem Beförderungsstau zu seiner Zeit.
Ehe er in der Spitze des Imkervereins aktiv wurde, engagierte sich der damalige Blockdieker ehrenamtlich im Sport: Er war 1968 Mitgründer des Sportvereins Blockdiek und wurde mit 30 Jahren gleich zum Vorsitzenden gewählt. Die Imkerei hatte bei ihm nach den Anfängen in der Schülerzeit geraume Zeit Pause. Erst Anfang der 80er-Jahre entdeckte er die Bienen sozusagen neu – und wurde prompt 1983 zum Vorsitzenden des Imkervereins Bremen von 1875 gewählt. Schon in der aktiven Dienstzeit als Polizeibeamter, ganz besonders aber nach seiner Pensionierung 1997 opferte er viel Zeit für die Bienen und die Imkerei. Einer der Höhepunkte in seiner Zeit als Vorsitzender war der Deutsche Imkertag, der anlässlich des 125-jährigen Bestehens des Bremer Vereins im Jahr 2000 in der Hansestadt ausgerichtet wurde.
Zuletzt hatte sich Dieter Rudolph sehr für das Projekt „Knastgewächse“ eingesetzt, das Gefangene der JVA Oslebshausen erfolgreich an die Imkerei heranführte. All das schildert Rudolph in anschaulicher Weise und überrascht an einigen Stellen mit seiner „authentischen Scharfzüngigkeit“, die auch auf dem Buchumschlag angekündigt wird. Abgerundet wird das Buch mit einer „Kleinen Einführung in die Imkerei“ und „Tipps für die Bienenhaltung“ als Anhang. Dort gibt Dieter Rudolph wichtige Erfahrungen aus seiner langjährigen Imkerei weiter, ohne zu sehr in die Einzelheiten zu gehen. Er könnte damit durchaus weitere Bremerinnen und Bremer auf den Geschmack bringen, einen Imkerei-Kursus zu besuchen.
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