
Um Jugendliche zur fremdsprachlichen Teilhabe an gesellschaftlich relevanten Diskursen zu befähigen, bedarf es eines Unterrichts, der ihnen die Möglichkeit eröffnet, sich kritisch mit aktuellen Fragestellungen in der Fremdsprache auseinanderzusetzen. Hier kann das Thema „Europa“ einen Beitrag leisten. Warum und wie dies gelingen kann – damit beschäftigten sich jetzt die Teilnehmer eines Fachtages, der bereits zum fünften Mal an der Universität Bremen veranstaltet wurde.
Für den sogenannten Fremdsprachentag organisierte der Arbeitsbereich der Didaktik der romanischen Sprachen in Kooperation mit dem Landesinstitut für Schule (Lis) 36 Workshops, an denen Lehrkräfte, Referendare und Studenten der Fremdsprachen Englisch, Französisch und Spanisch teilgenommen haben. Rund 400 Besucher aus Bremen und Niedersachsen waren an der Bremer Universität mit dabei. Andreas Grünewald, Professor für Didaktik der romanischen Sprachen an der Universität Bremen, war zusammen mit seiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin Georgia Gödecke sowie Grégoire Fischer, Fachleiter für Französisch am Lis, dem Englisch-Fachleiter Tobias Carus und der Ausbildungsbeauftragten für Englisch, Jacqueline Lohrmann, dem Fachleiter für Spanisch, Markus Steinhoff, und Vera Kremer (Lis-Abteilung Schulentwicklung) sowie studentischen Hilfskräften verantwortlich für die Organisation.
Das Oberthema Europa ist in der Fremdsprachendidaktik nicht neu, wird derzeit jedoch besonders kontrovers diskutiert. Ob Brexit, Erstarken des Rechtspopulismus, Klimawandel, Finanz- oder Flüchtlingskrise: Viele Themen rund um Europa lassen sich im schulischen Fremdsprachenunterricht behandeln. Wie kann der Brexit im Englischunterricht thematisiert werden? Welche Herausforderungen aber auch Potenziale bietet der Fremdsprachenunterricht mit geflüchteten Schülern? Wie sehen Chancen von Mehrsprachigkeit aus? Welche aktuellen fremdsprachigen Filme und Lektüren bieten Diskussionsstoff für spannende Unterrichtsstunden? Diese und weitere Fragen wurden mit direktem Bezug zum Oberthema des Fremdsprachentages in den verschiedenen Sitzungen behandelt.
Ein politikdidaktischer Impuls erfolgte zunächst im Einführungsvortrag von Professor Andreas Petrik, der an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Bereich der Didaktik der Sozialkunde und politischen Bildung lehrt. Er legte die Zusammenhänge zwischen Politik- und Fremdsprachendidaktik dar. Eine Kernaussage: Statt eines überwiegend touristischen Umgangs könne die Fremdsprachenkenntnis auch der Erlangung von politischer Mündigkeit dienen. Gemeinsame Zielsetzungen, die Politik und Fremdsprachen vereinen, seien Perspektivenübernahme, Analysekompetenz und Konfliktlösungskompetenz. „Sprachbewusstheit trifft politische Identitätsbildung“, fasste der Wissenschaftler zusammen.
„Offenbar nehmen die Lehrkräfte wahr, dass Politik- und Fremdsprachendidaktik gemeinsam zur Demokratieförderung und Toleranz beitragen. Gerade aktuell ist es wichtig, sich mit europäischen Themen auseinanderzusetzen“, betonte Andreas Grünewald. Der Didaktiker freute sich über die Unterstützung des Bremer Europabüros und der Friedrich-Ebert-Stiftung und lobte die Zusammenarbeit mit dem Lis.
Schulbuchverlage boten Einblicke in ihre Lehrwerke und Unterrichtsmaterialien. Ein Workshop-Angebot informierte über die Vorbereitung und Durchführung von Austauschen auf europäischer Ebene. „Wir haben mit dem Thema Quebec nur für Französisch angefangen, als es Schwerpunktthema in Bremen und Niedersachsen war“, berichtete Fischer, der mit seinem Kollegen Mark Bechtel einst den ersten Fremdsprachentag initiierte. Mit der Einführung der Bildungspläne für moderne Fremdsprachen habe sich der Fachtag für weitere Sprachen geöffnet. Auch Workshops für Türkisch, Russisch und vor zwei Jahren erstmals Latein hat es schon gegeben. „Der Fremdsprachentag ist immer bunt gemischt und themenbezogen“, so Fischer.
Für die Besucher ging der Fachtag auch über inhaltlichen Beiträge hinaus. So sprachen Lisa Janßen, die im Kooperationsstudium an der Uni Oldenburg Englisch und in Bremen Französisch studierte und jetzt ihr Referendariat in Oldenburg absolviert, und Sarah Busse, Referendarin für Französisch und Religion, von einem „Klassentreffen der besonderen Art“, denn viele ihrer ehemaligen Kommilitonen waren an ihre alte Universität zurückgekehrt, um neue Impulse für die Gestaltung eines Fremdsprachenunterrichts zu erlangen, der an das zeitgenössische Geschehen anknüpft.
Die Bremerin Laura Hinrichs meinte: „Es ist eine andere Perspektive, vorher als Studentin hier gewesen zu sein und jetzt als Referendarin wiederzukommen.“ Die Referendarin für Englisch und Französisch lobte besonders „die Auswahl an relevanten Themen für die Workshops“. Aus den 36 Angeboten konnten die Gäste frei wählen. Der Fachtag machte deutlich, dass Fremdsprachenunterricht mehr ist als ein Übersetzungsprogramm und sich dazu eignet, gesellschaftlich relevante Themen aus verschiedenen Perspektiven zu diskutieren.
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