
Etwa 6400 Euro Integrationsbudget für Jugendarbeit stehen dem Beirat Schwachhausen in diesem Jahr zur Verfügung. 2000 Euro davon möchte er gerne an den Beirat Vahr geben, da dessen Budget nur knapp 3000 Euro beträgt. Laut Berechnung der senatorischen Behörde leben in Schwachhausen 185 Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingsfamilien, in der Vahr hingegen nur 85 – eine Zahl, die aus Sicht der beiden Beiräte so nicht stimmen kann.
Doch die vom Beirat Schwachhausen im Dezember einstimmig beschlossene Nachbarschaftshilfe konnte er nach Auffassung der senatorischen Behörde gar nicht beschließen – das stehe nur dem zuständigen Controlling-Ausschuss zu, hieß es jüngst in einem Schreiben ans Ortsamt. „Die im Beirat vertretene Auffassung, das Beirätegesetz verleihe dem Beirat den Anspruch, die Mittel zu verteilen, wird von uns nicht geteilt“, erklärt Sozialressort-Sprecher Bernd Schneider auf Nachfrage. Der Grund: Jugendhilferecht sei Bundesrecht und könne durch das Beirätegesetz nicht eingeschränkt werden.
Im Beirat Schwachhausen sieht man das anders. „Für mich ist fraglich, ob das Integrationsbudget unter das Bundesrecht fällt“, sagt Sprecherin Barbara Schneider (Grüne). Es handele sich dabei um eine bremische Besonderheit und falle damit ihres Erachtens nicht unter das Sozialgesetzbuch Kinder- und Jugendhilfe, welches Bundesrecht sei. „Insofern stehe ich auf dem Standpunkt, dass sehr wohl das Einvernehmen mit dem Beirat hergestellt werden muss“, betont die Beiratssprecherin.
„Wenn das Sozialressort das anders gesehen hätte, hätten sie im Rahmen der Novelle des Beiräte-Ortsgesetzes darauf hinwirken müssen, den entsprechenden Passus des Beteiligungsrechts des Beirats zu streichen – es gab aber keinen entsprechenden Vorschlag dazu.“ Irritierend sei aus ihrer Sicht zudem, dass die für Schwachhausen zuständige Mitarbeiterin des Amts für Soziale Dienste, die auch für die Vahr zuständig sei, einen Beschluss ablehne, mit dem der Beirat Schwachhausen der viel zitierten sozialen Spaltung der Stadt entgegenwirken wolle. Zudem sei besagte Mitarbeiterin während der Beschlussfassung zum 2000-Euro-Transfer in die Vahr anwesend gewesen, habe aber seinerzeit keine Einwände geäußert.
Der Controlling-Ausschuss hat inzwischen getagt und sich mehrheitlich für den Budget-Transfer in die Vahr ausgesprochen. Als beschlossen gelte er deshalb trotzdem nicht, heißt es aus der Behörde. Das Amt für Soziale Dienste wolle die Angelegenheit weiter prüfen. „Wir werden den Transfer von der Sozialsenatorin nochmals einfordern“, erklärt Ortsamtsleiterin Karin Mathes. Eine Prüfung sei schlichtweg nicht erforderlich, da mit dem mehrheitlichen Beschluss des Controlling-Ausschusses nunmehr Einvernehmen mit dem Beirat erzielt worden sei. „Damit ist die Entscheidung für den Transfer getroffen und muss vollzogen werden“, betont Mathes.
Laut Ressortsprecher Schneider verhält es sich anders. Zwar würden die Mittel über die Controlling-Ausschüsse verteilt, aber nach dem Gesetz liege die letzte Entscheidung beim Amt für Soziale Dienste. „Die Entscheidung im Controlling-Ausschuss soll im Einvernehmen fallen“, sagt er. Das aber habe sich nicht einstimmig herstellen lassen, weil die Einschätzungen darüber auseinander gegangen seien, ob das Geld in Schwachhausen gebraucht werde oder nicht. „Der Beirat geht davon aus, dass die Vahr eine schwerere Last zu tragen hat als Schwachhausen und das zusätzliche Geld daher dringender braucht“, sagt er.
Der Beirat täusche sich aber viellicht über die Zahl der betroffenen Kinder und Jugendlichen, die in der Vahr zugezogen seien. „Das heißt: Er schätzt möglicherweise auch das Maß an Ungleichheit falsch ein, das durch die vereinbarte Verteilung der Finanzmittel entstanden ist.“ Die Behörde habe zur Berechnung alle nicht in der EU geborenen Menschen in derselben Altersgruppe zum Stichtag 31.12.2013 und dann noch einmal zum Stichtag 30.7.2018 gezählt. 2013 seien es 407 gewesen, 2018 dann 492. Die Differenz betrage 85. Die Betrachtung der Behörde mache also deutlich, dass Kinder und Jugendliche irgendwann erwachsen geworden sind und somit aus der Altersgruppe für Jugendarbeit herausfielen, erklärt Schneider.
Bernd Siegel (SPD), Beiratssprecher der Vahr, erklärt den Unterschied anders. Er hat nach eigenen Angaben schon mehrmals in den vergangenen Jahren darauf hingewiesen, dass die Berechnung der Behörde nicht stimmen könne. Inzwischen habe er sich intensiv mit den Grundlagen auseinandergesetzt. Laut Information der Gewoba lebten etwa 500 Familien von Geflüchteten in der Vahr, berichtet er. Ein Hauptfehler seien seiner Ansicht nach die Kriterien, die von der Sozialbehörde ans Statistische Landesamt zur Berechnung der geflüchteten Kinder und Jugendlichen gegeben worden seien.
Nach denen seien auch Kinder und Jugendliche aus den USA, Kanada, der Schweiz und Asien in den Zahlen der in Nicht-EU-Ländern geborenen Kinder und Jugendlichen enthalten. Aussiedler etwa aus der Russischen Föderation und der Ukraine seien ebenso inbegriffen. Doch gerade die seien in den Jahren 2014 bis 2018 aus dem Stadtteil Vahr verzogen beziehungsweise älter als 21 Jahre geworden. Somit ergibt sich für Siegel eine weit höhere Zahl als 85.
„Ich gehe davon aus, dass etwa 200 bis 300 Kinder und Jugendliche zur Zielgruppe gehören“, sagt er. „Allein in den vier Hauptfluchtländern Syrien, Iran, Irak und Afghanistan beträgt die Differenz 122 Kinder und Jugendliche, also fast 50 Prozent mehr als die Größe 85“, erklärt Siegel. Er beziehe sich dabei auf Daten des Statistischen Landesamts. Siegels Wunsch an die Behörde ist daher eine Neuberechnung der Bedarfszahlen für die Vahr.
Die vom Beirat Schwachhausen zugedachten 2000 Euro könnte die Vahr gut für die Wochenendöffnung zweier Einrichtungen gebrauchen, sagt er. Außerdem ließen sich davon die Programm-Mittel für die Jugendeinrichtungen erhöhen. Sorge, dass nach einem Transfer die verbleibenden Integrationsmittel für Schwachhausen knapp werden könnten, hat Beiratssprecherin Schneider nicht. „Wenn wir 2000 Euro an die Vahr geben und der Bedarf mit den verbleibenden gut 4000 Euro nicht gedeckt werden könnte, ließe sich das durch Globalmittel kompensieren“, sagt sie.
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