
Huchting. Erst dachten die Huchtinger, sie hätten ihr Jubiläum – 950 Jahre Huchting – verschlafen. Und nun muss alles ganz schnell gehen: Denn nun ist bewiesen, dass am 27. Juni 1063 der Name Huchting zum ersten Mal in einem Schriftstück aufgetaucht ist.
Huchting feiert im Juni einen "Geburtstag", der dem Ort ein besonders hohes Alter bescheinigt: Vor 950 Jahren übertrug König Heinrich IV. an das Erzbistum Bremen ein großes Gebiet, um es urbar zu machen und zu besiedeln. Es reichte vom heutigen Weyhe über Brinkum in den Norden bis nach Altenesch. In der entsprechenden Urkunde ist auch vom "Huchtingebroch", also dem Huchtinger Sumpfland, die Rede. Ein älteres Dokument, in dem der Name Huchting auftaucht, ist bislang nicht bekannt.
Jubiläum verschlafen?
Die stellvertretende Ortsamtsleiterin Annette Yildirim hat in Kooperation mit Vereinen und Einrichtungen die Organisation der spontanen Jubiläumsfeier im Juni übernommen. Innerhalb weniger Wochen einen Monat voller Aktionen vorzubereiten, ist keine leichte Aufgabe. Warum haben die Huchtinger nicht schon früher mit den Planungen angefangen? "Anfang des Jahres hieß es plötzlich, das Jubiläum wäre bereits vergangenes Jahr gewesen, da haben wir unsere Vorbereitungen gestoppt", so Yildirim. Ein Irrtum, den erst eine wissenschaftliche Untersuchung aus Stuhr sowie das Bremer Staatsarchiv ausräumen konnten, sodass nun 1063 als offizielle Zahl feststeht.
Das etwas erhöht liegende Fleckchen Erde am Rande der Wildeshauser Geest sei seit Urzeiten sehr beliebt bei den Menschen gewesen, erklärt Heuer: "Hier am Ufer des Weserurstromtals waren die Lebensbedingungen sehr günstig, sodass hier bereits vor Christi Geburt der germanische Stamm der Chauken gesiedelt hat." Grabungen an verschiedenen Stellen im Ort haben das bewiesen. "Mein Bruder hat sogar steinzeitliche Pfeilspitzen aus dem Boden gezogen, die heute im Focke-Museum sind", weiß Heuer von noch älteren menschlichen Spuren zu berichten.
Wer die jüngere Geschichte des heutigen Bremer Stadtteils nachvollziehen möchte, muss nur ein wenig die Augen offen halten. Denn an vielen Stellen sind noch Spuren des dörflichen Huchting erkennbar, so wie es vor der intensiven Bauphase der Nachkriegszeit war. Ansichten, die den älteren Stadtteilbewohnern aus ihrer Kindheit noch gut in Erinnerung sind und die die Zugezogenen und Jüngeren bald kennenlernen können.
Denn Rainer Heuer bereitet anlässlich des Jubiläums eine kleine Ausstellung vor, in der er gemeinsam mit den Freizeitkünstlern und der Huchtinger Feuerwehr Einblicke in das frühere Leben der Huchtinger geben möchte. Fotos von alten Bauernhöfen zeugen von dem Hauptberuf der Huchtinger von einst: Es waren Landwirte in Kirchhuchting, Mittelshuchting und später auch in Brokhuchting. In letzterem Ortsteil habe sich an der Siedlungsstruktur bis heute am wenigsten verändert, sagt Heuer. Auch wenn dort keine Landwirtschaft mehr betrieben werde, viele Höfe und Bauernhäuser wie beispielsweise den Vereinssitz des Reit- und Fahrclubs Niedervieland an der Brokhuchtinger Landstraße gibt es aber noch.
Bauboom begann in den 50ern
Kurz vor dem Ersten Weltkrieg bis Anfang der 1950er-Jahre kamen dann Siedlerprojekte hinzu, wie es zu dieser Zeit üblich war. Die Ansammlungen kleiner Häuschen mit Garten zur Selbstversorgung sind heute noch an diversen Stellen im Stadtteil zu sehen, so auch an der Alten Heerstraße und in weiten Teilen Grollands. Nach weiteren Ortserweiterungen bestimmte nach der Eingemeindung zu Bremen nach dem Zweiten Weltkrieg Mitte der 1950er-Jahre bis Ende der 1970er-Jahre ein gewaltiger Bauboom durch die Gewoba die Entwicklung im Stadtteil. Die Bewohnerzahl stieg innerhalb weniger Jahre von etwa 10000 im Jahr 1955 auf etwa 35000 1975. "Seitdem erkennt man den Ort kaum wieder", meint Heuer. Die alten Dorfansichten vor dem Vergessen zu bewahren, das ist sein Antrieb für sein geschichtliches Interesse.
"Wir haben festgestellt, dass auch die jüngeren Huchtinger sich stark mit unserem Stadtteil identifizieren und ein großes Interesse an der Geschichte zeigen", sagt Annette Yildirim. Sie hofft daher, dass die Stadtteilbewohner die 950-Jahrfeier als verbindendes Element wahrnehmen, das alle noch mehr zusammenrücken lässt. Die Althuchtinger, die das Dorfleben noch kennen, und diejenigen, die erst später dort ihre Heimat gefunden haben.