
? Denn solange gibt es doch bereits eine Schule am Leibnizplatz?
Hamid Frizi: In der Tat hat es 2009 bereits ein Fest zum 100-jährigen Bestehen der Schule gegeben. Doch morgen geht es uns darum, den Neustart als Gesamtschule im Jahr 1991 zu feiern. Kurz zuvor wurde das Schulgebäude als Flüchtlingsunterkunft genutzt. Und die vielen Jahre davor bis zur vorläufigen Einstellung des Schulbetriebes 1989 war die Schule ein Gymnasium, das ist ja etwas ganz anderes und das wollen wir klar trennen.
Wie kam es dazu, dass aus der langen Tradition als Gymnasium eine Gesamtschule geboren wurde?
Das ist dem starken Willen und Einsatz von den damaligen Eltern und Lehrern nach der Gründung des neuen Schulzentrums mit vier 5. Klassen zu verdanken. Sie wollten nicht akzeptieren, dass die Kinder wie damals üblich nach der 6. Klasse je nach Leistung in Hauptschüler, Realschüler und Gymnasiasten aufgeteilt werden. Die Schüler wollten zusammenbleiben. Daher haben die Lehrer die Siebtklässler dort kurzerhand einfach ein Jahr weiter gemeinsam unterrichtet. Parallel erarbeiteten die Pädagogen mit der Elterninitiative ein sehr fortschrittliches Konzept und beantragten bei der Bildungsbehörde die offizielle Genehmigung, als Integrierte Gesamtschule arbeiten zu dürfen, die sie schließlich 1994 auch bekamen. Seither gab es etliche Umbauten, Erweiterungen und die Umbenennung in Oberschule, aber der Grundgedanke ist geblieben.
Etwas ganz Besonderes dürfte auch sein, dass Sie sich einen Teil des Gebäudes mit einem Theater teilen. Wie macht sich das im Schulalltag bemerkbar?
Zunächst einmal sind die Shakespeare-Company und wir gute Nachbarn an dem tollen neuen Quartiersplatz in der Mitte. Und wir unterstützen uns auch gegenseitig. So können wir für unsere Einschulungsfeier und weitere Anlässe den Theatersaal nutzen. Außerdem sind wir gemeinsam im Kulturverbund Vis-A-Vis integriert, der über die Neustadt hinaus Strahlkraft hat. Für uns ist das toll, weil dadurch unser Netzwerk deutlich größer geworden ist. Und wir veranstalten jedes Jahr – meist in Kooperation mit der Shakespeare-Company – einen kulturellen Höhepunkt für unsere Schüler. Das letzte Mal war das das „Kulturschwärmer“-Projekt, in dem Schüler Kontakt zu vielen verschiedenen Bremer Künstlern bekommen und mit ihnen kleine Performances erarbeitet haben.
Und im Unterricht? Schließlich läuft doch derzeit das Pilotprojekt in Ihrer gymnasialen Oberstufe, auch Darstellendes Spiel als Leistungskurs zu etablieren.
Das stimmt, da haben wir eine wichtige Vorreiterrolle und aus meiner Sicht läuft das sehr erfolgreich. Zumindest sind die Produktionen, die bisher von den Leistungskursen auf die Bühne gebracht wurden von hoher Qualität und sehr beeindruckend. Momentan läuft noch die Evaluierung und ich hoffe, die Kultusministerkonferenz lässt das dauerhaft weiterlaufen. Der Schwerpunkt Darstellendes Spiel ist bei uns aber auch an anderer Stelle bereits fest im Unterricht verankert und auch Schauspieler von der Shakespeare-Company kommen zu uns in die Klassen und erarbeiten mit den Schülern neue Stücke.
Sie betonen, neue Impulse und außerschulische Lernorte seien wichtig, um Ihre Schüler fit für die Zukunft zu machen. Setzen Sie auch deshalb auf Erlebnispädagogik?
Abseits der Klassenzimmer können Schüler andere Erfahrungen sammeln als innerhalb, beides gehört zusammen. Wir bieten seit Jahren erfolgreich Rudern oder Klettern als besondere Sportarten an. Aber auch die Zirkus-AG oder andere Erfahrungen, bei denen die Schüler als Gruppe zusammen agieren müssen, um ans Ziel zu kommen, sind wichtig, um ihr Gemeinschaftsgefühl und Verantwortungsbewusstsein zu stärken. Das gehört zu unserem Selbstverständnis als Schule dazu.
Welches Selbstverständnis ist das genau?
Wir sind ganz klar eine Schule für alle Kinder und das wird hier auch gelebt. Eine Umfrage unter Eltern und Schülern hat gezeigt, dass unsere Schüler sich überwiegend sehr wohl und angenommen an unserer Schule fühlen. Nur weil jemand Schwierigkeiten mit Mathe oder Deutsch hat, ist er nicht weniger Wert. Diese Überzeugung haben alle, die hier arbeiten und das merken die Schüler auch. Inklusion bedeutet für uns, dass sowohl die Schwächeren als auch die Leistungsstarken ihren Platz haben und ihre Potenziale ausschöpfen können. Und wir freuen uns, dass unsere Schule mittlerweile sehr gut angewählt wird. Denn das zeigt uns, dass wir damit genau auf dem richtigen Weg sind.
Und wie feiern Sie den Geburtstag?
Es wird am Freitag, 9. September, in der Früh einen Festakt für geladene Gäste geben. Nachmittags zwischen 16 und 19 Uhr gibt es dann für alle, die kommen möchten, ein großes Fest auf dem Quartiersplatz, für das die Schüler viele Überraschungen vorbereitet haben.
Das Gespräch führte Karin Mörtel.