
Buntentor. In der Komödie "Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm" von Theresia Walser, die am Sonnabend im Schnürschuh-Theater Premiere hat, dreht sich vieles auf hintergründige und humorvolle Art um die Schauspielerei und die Eitelkeiten der Mimen. Es geht um drei Schauspieler, die auf den Moderator und den Beginn einer Talk-Show warten. Franz Prächtel von Claus Franke dargestellt, ist als Hitlerdarsteller in die Talk-Show eingeladen worden. Er gab Adolf Hitler menschliche Züge in seinem Spiel, während Peter Söst alias Mathias Hilbig in seiner Filmrolle als Hitlerdarsteller alles böse sein ließ. Ulli Lerch, Dritter in der Talk-Runde, gespielt von Pascal Makowka, hat "nur" den Göbbels in einer weiteren Verfilmung über Nazi-Größen gegeben.
Die Schauspielerin Theresia Walser, eine Tochter des Schriftstellers Martin Walser, kennt die Befindlichkeiten, kennt Eigenheiten und die Marotten von Schauspielerkollegen durch die eigene Ausbildung in Bern und ihre zweijährige Ensemble-Zugehörigkeit am "Junges Theater Göttingen". Als Nachwuchsautorin des Jahres 1998 und Autorin des Jahres 1999 ausgezeichnet, erhielt sie Förderpreise des Goethe-Instituts. "Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm" wurde 2006 am Nationaltheater in Mannheim uraufgeführt. Seither nehmen sich Schauspieler und Regisseure dem Drei-Personenstück gerne an. Nicht zuletzt wegen der Publikumserfolge.
Kurt Wobbe hat das Stück gelesen, sich eine Hamburger Aufführung angesehen und sich an die Regiearbeit gemacht. Drei Hauptrollen waren schnell besetzt: Claus Franke, Mathias Hilbig aus Bremen-Nord und Pascal Makowka spielen, während Kurt Wobbe, sonst auch auf der Schnürschuhbühne zu sehen, dieses Mal der Regie treu bleibt. Das Stück wirkt leicht und locker. Die Szene der drei Herren am Tisch, unterbrochen durch gelegentliches Aufstehen und Umhergehen, lebt nicht von Bewegung. Die fein geschliffenen Worte kommen leicht über die Lippen und treffen doch wie Speerspitzen. Sie gehen unter die Haut und fordern die Nazi-Mimen heraus. Nur nicht die Beherrschung verlieren, weder vor der Talk-Show noch vor laufenden Kameras, ist ihre Devise. Stärke spielen und mehr zurückgeben als einzustecken war, darum geht es ihnen und daraus lebt die stete Steigerung der wortgewandten Spiele. Jeder gönnt nach außen dem anderen, hält sich aber selbst für besser und unerreichbar.
Eitelkeiten der Schauspieler
Sprechen prominente Schauspieler so, bevor die Kameras surren? "Der sucht die Bühne nach dem besten Licht ab. Später steht er auf und geht zufällig genau dort hin." Oder "Sie haben den Göbbels gesehen, den ich gespielt habe?" "Ja. Ich glaube, sie wollten ihn lustig spielen." " Jeder muss selber wissen, ob er einen Hitler spielen kann." "Ein guter Schauspieler ist immer auch eine alte Sau." "Was kann man nach einem Hitler denn noch spielen?" "Was einem auf den Straßen begegnet. Neulich wollten alle Autogramme von mir haben, aber ich sollte als Hitler unterschreiben."
Rasant folgt Attacke auf Attacke. Als Zuschauer ist niemand unberührt, denn die Zuschauergunst ist die Messlatte des Schauspielers. Wie entsteht eine Hierarchie der Rollen? Ist es weniger, einen Göbbels zu spielen, als einen Hitler? "Ist der große Hitler-Darsteller Franz Prächtel etwa in der Talk-Show kleiner als im Film?", wagt Josef Goebbels-Darsteller Ulli Lerch eine Spitze gegen Prächtel zu richten, um dessen Giftpfeil zu spüren zu bekommen: "Darf das einer sagen, der nur den Göbbels gespielt hat?" "Vielleicht haben wir noch mehr Spaß an den Rollen als die Zuschauer", bemerkt Mathias Hilbig bei den Proben. Nach der Premiere wird er es genauer wissen.
"Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm" hat am Sonnabend 12. Mai, 20 Uhr, im Schnürschuh-Theater, Buntentorsteinweg 145, Premiere. Karten kosten 18, ermäßigt zwölf Euro, Kartenbestellung unter Telefon 55 54 10, www.schnurschuhtheater.de. Weitere Aufführungen: 16. und 19. Mai, 2., 15., 16., 29. und 30. Juni jeweils 20 Uhr und am 3. Juni, 19 Uhr.