
Im Mai hat sich die Gruppe zusammengefunden und vorbereitet, seit Anfang Juni geben Künstlerinnen und Künstler Workshops.
Die Jugendlichen, die daran teilnehmen, kommen aus unterschiedlichen Bildungsschichten und Kulturkreisen, unter anderem von der Oberschule am Leibnizplatz, aus der Vahr, Woltmershausen und aus dem Übergangswohnheim in Tenever. „In diesem Jugendprojekt nähern wir uns dem Wahlkampf von künstlerischer Seite“, sagt Kubo-Projektleiterin Ka Jahn. „Bisher gab es schon drei Wochenend-Workshops, wo sich alle gründlich mit Wahlwerbe-Strategien auseinandergesetzt und Parteiprogramme komplett durchgelesen haben. Dabei wurde immer ziemlich lebhaft diskutiert.“
In dem Jugendkunstprojekt geht es vorrangig um Teilhabe. Die Gruppe bestimmt nach eigenen Interessen die Schwerpunkte und die Ausrichtung in den Projektmodulen. Die Teilnahme ist kostenfrei, das Projekt wird durch Kulturstiftungen und mit Bundesmitteln gefördert. Das Prinzip hatte sich schon bei der Bremer Landtagswahl 2015 mit einem Pilotprogramm vom Kubo bewährt. Bei einem Besuch in der Bürgerschaft haben sich die Jugendlichen mit fünf Politikern aus verschiedenen Fraktionen mehrere Stunden unterhalten. Einige hätten „viel zu viel Allgemeines“ und erst auf Umwegen endlich Antworten gegeben, meinen die Jugendlichen einhellig.
Tägliche Treffen
Jetzt in den Sommerferien trifft sich die Gruppe täglich von 10 bis 17 Uhr am Güterbahnhof. Bis Dienstag, 4. Juli, wollen sie eigene Wahlplakate und Videospots erarbeiten, mit Inhalten, die ihnen am Herzen liegen. So sind sie sehr ernsthaft dabei, ihre ganz persönlichen Ideen umzusetzen, wie zum Beispiel das Motto „Architektur & Natur“ für eine umweltfreundliche Stadtplanung oder zum Thema Gleichberechtigung: „Frauen verdienen mehr!“. Auf Flipcharts haben sie Stichpunkte festgehalten und Slogans formuliert. „Wir möchten damit möglichst viele andere Jugendliche erreichen und für Politik interessieren. Eine politische Meinung darzustellen, ist gar nicht so kompliziert, wie man denkt. Jeder kann etwas beitragen“, sagt die 17-jährige Tergite.
„Hier in der Gleishalle haben wir viel Platz für Werkstätten und eine tolle Location mit vielfältigen Möglichkeiten, um großflächig grafisch zu arbeiten, Fotomotive zu inszenieren und kurze Filme zu drehen“, sagt Lukas Klose, der als Fotokünstler die Gruppe betreut. Er hat ein Profi-Equipment mit Kamera, Licht und Tonaufnahmegerät zur Verfügung. „Auch die Regie und der Filmschnitt am Computer werden nach unserer Anleitung von den Jugendlichen selbst übernommen“, sagt Medienpädagogin Paulina Cortés vom Netzwerk Creaclic, die Erfahrungen aus zahlreichen Jugendprojekten mitbringt. Von jedem Workshop sind bereits einzelne Video-Botschaften entstanden, sowohl im Kubo als auch im Schlachthof, wo sich Jugendliche mit einem Theaterkünstler über die typische Gestik und Mimik von prominenten Politikern in Bundestagsdebatten oder auf Wahlveranstaltungen beschäftigten. Die Gruppe hat eine Performance entwickelt und aufgezeichnet. Spannend dürfte auch der Workshop über „Mode & Inszenierung“ mit der Modedesignerin Anastasia Lotikova werden.
Für Yulian (16) ist es wichtig, dass Jugendliche nicht nur „dauernd aufs Handy schauen“, sondern konkrete Sachen gestalten. Allerdings spielen auch soziale Medien im Projekt „Ich bin die Wahl“ eine Rolle, selbstverständlich gibt es eine Facebook- und Whatsapp-Gruppe, über die man kommuniziert. Zum Abschluss des Projektes bekommt jeder Jugendliche ein Zertifikat über die Projektteilnahme, und es gibt eine öffentliche Ausstellung in der Bremischen Bürgerschaft. Dort sollen die Ergebnisse präsentiert werden: bunte Wahlplakate und Videospots aus Sicht der bildenden Kunst. Die Eröffnung ist am Donnerstag, 31. August, um 17 Uhr. Später werden die Wahlplakate auch im „echten“ Bundestagswahlkampf im Bremer Stadtgebiet zu sehen sein.