
Insbesondere die neu gebildete Abteilung „Mitte/Süd“ innerhalb der bremischen Polizeistruktur stößt in einigen Bereichen offenbar auf Widerstand.
„Wir Randgebiete könnten durch die Neuaufteilung abgehängt werden, für unsere Probleme interessiert man sich dann noch weniger als jetzt schon“, so die Befürchtung von Gerd Aumund, Ortsamtsleiter in Seehausen. Die Polizeiführung argumentiert hingegen, Personal werde nur im äußersten Notfall vom Bremer Süden nach Mitte abgeordnet, um beispielsweise bei der Verkehrssicherung von Radrennen oder ähnlichen Großereignissen auszuhelfen. Der erhöhte Kräftebedarf für die besonderen Kriminalitätsfelder der Innenstadt wie für die Straßendealer-Szene und Ähnliches werde vorrangig über die Bereitschaftspolizei sowie den zivilen Einsatzdienst gedeckt.
Doch das überzeugt den Ortsamtsleiter nicht. „Bei der Personalknappheit und den zahlreichen Brennpunkten im Steintor und am Bahnhof erwarte ich viele dieser Ausnahmen“, so Aumund. Außerdem würde die Zentralisierung für den gesamten Süden am künftigen Kommissariat Neustadt in der Airportstadt schon dafür ausreichen, dass Strom und Seehausen aus dem Blick gerieten. „Es gibt genug Probleme in Huchting, Obervieland und der Neustadt, da werden unsere Belange keinen Bestand mehr haben.“
Weiterer Kritikpunkt: Die Anzeigenaufnahme an den Revieren entfällt und ist nur noch am Flughafen möglich. „Die Anfahrt dorthin ist weit und mit öffentlichen Verkehrsmitteln recht kompliziert“, bemängelt Aumund. Er erwartet, dass die Kontaktpolizisten künftig dieses Defizit ausgleichen müssen und zusätzlich zu ihren bisherigen Aufgaben auch noch Anzeigen aus der Bevölkerung aufnehmen müssten.
Wichtige Präventionsarbeit
Genau an diesem Punkt setzt auch der Obervielander Beiratssprecher Stefan Markus (SPD) an. „Die Kops dürfen auch nicht dazu verpflichtet werden, die Öffnungszeiten der Reviere zu garantieren“, mahnt der Sprecher der Beirätekonferenz an. Denn die Arbeit der Kontaktpolizisten im Bereich Prävention sei „zu wertvoll, um sie für feste Öffnungszeiten an den Schreibtisch zu binden, die brauchen wir auf der Straße.“
Auch Edith Wangenheim (SPD) pocht darauf, nochmals mit der Polizeiführung über die zugesagten Öffnungszeiten der Reviere in Woltmershausen, Kattenturm und Huchting ins Gespräch zu kommen. „Es ist völlig unklar, welches Personal die Zeit von 8 bis 16 Uhr gewährleisten soll“, so die Woltmershauser Beiratssprecherin. Die tägliche Öffnung von zwei Stunden, in denen auch Anzeigen aufgegeben werden können, sei in Woltmershausen gut angenommen worden. Eine längere Öffnungszeit mit weniger Service sei dagegen ein Rückschritt, so Wangenheim. Auch den Abzug des Streifenwagens für Notruffahrten aus dem Stadtteil mit den vier Polizisten, die abseits ihrer Streifenfahrten auch besondere Aufgaben im Stadtteil übernommen haben, bedauert sie: „Das hat für Woltmershausen viel gebracht, das bricht nun weg.“ Denn auch sie geht davon aus, „dass wir am Stadtrand hinten über fallen, weil es an anderen Stellen im Süden mehr kracht.“
Geteilter Meinung sind die Verantwortlichen in den sechs Stadtteilen allerdings in der Frage, ob die Polizei mit der Reform ihr vorrangiges Ziel erreichen kann, schneller im Notfall vor Ort sein zu können. „Mein persönlicher Eindruck ist, dass das künftig durch die Bündelung der Kräfte ein Stück weit mehr gewährleistet ist“, zeigt sich Stefan Markus überzeugt. Dafür nehme er auch in Kauf, dass die Anzeigenaufnahme nicht mehr im eigenen Stadtteil möglich sein wird. „Es ist mir lieber, wenn mehr Personal auf die Straße kommt, als dass sie im Revier darauf warten, dass eine Handvoll Menschen am Tag vorbeikommt.“
Besonders in den entlegeneren Gebieten wie Huchting, Woltmershausen, Strom und Seehausen überwiegt hingegen die Sorge, die Anfahrtszeiten der Streifenwagen könnten sich durch die Zentralisierung der Einsatzwagen am Flughafen verlängern. „Uns wurde zwar eine zentrale Steuerung der Wagen zugesagt, ich frage mich nur, wie das klappen soll, wenn die Straßen immer voll sind“, sagt beispielsweise Ortsamtsleiter Wilfried Frerichs aus Strom. „Es gibt nur zwei Zufahrten nach Huchting, die meistens dicht sind, da muss die Praxis zeigen, ob im Notfall die acht Minuten eingehalten werden“, sagt Beiratssprecher Falko Bries (SPD) aus Huchting. „Der Süden ist mit Autos ohnehin knapp bestückt“, nennt Wangenheim ihre Gründe für ihr Misstrauen gegen das Versprechen, die Polizei werde durch die Reform schneller sein. Wenn kein fünfter Streifenwagen, der rund um die Uhr im Einsatz sei, hinzukomme, könne sich daher auch kaum die Geschwindigkeit verbessern.
Bekenntnis zu Kops
Wichtigster Punkt für alle Stadtteile scheint hingegen das klare Bekenntnis zu den Kontaktpolizisten zu sein. „Wir brauchen dringend wieder einen eigenen Kop für Strom und Seehausen, der Weggang von Herrn Kutzner macht sich hier schon negativ bemerkbar“, fordert Gerd Aumund. Die „Durststrecke“ bis zum Jahr 2020, wenn spätestens alle Stellen wieder besetzt sein sollen, sei entschieden zu lang. „Das Wissen, was in den Stadtteilen los ist, geht sonst verloren, wenn viele Kops in den kommenden Jahren ohne Nachfolger in Rente gehen“, so Jens Oppermann (SPD), Beiratssprecher in der Neustadt.
Und Wilfried Frerichs fasst zusammen, was in diesen Tagen in allen Stadtteilen zu hören ist. „Die Reform mag aus der Personalnot heraus Sinn machen, das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung geht allerdings dadurch ein Stück weit verloren.“
Er habe daher bei dem Informationstreffen einen klaren Arbeitsauftrag an den Polizeipräsidenten formuliert: „Lutz Müller muss endlich klar machen, welche Gestaltungsspielräume die Beiräte tatsächlich noch haben und worüber wir konkret noch verhandeln können, sonst haben wir am Ende nichts erreicht außer Frust auf allen Seiten.“