
Wolfram Thiemann hat sich auf Spurensuche nach dem Ursprung des Lebens gemacht. Seine indirekte Forschungsreise mit der Rosetta-Sonde zum Kometen Tschuri begann vor mehr als zehn Jahren. Der Chemieprofessor hat bei Wissen um elf im Haus der Wissenschaft über die Erkenntnisse und die Komplikationen der Rosetta-Mission gesprochen. Wegen der großen Nachfrage wird der Vortrag am Sonnabend, 21. März, wiederholt.
Die Rosetta-Sonde hat am 12. November 2014 endlich ihr einige Hunderte Millionen Kilometer von der Erde entferntes Ziel erreicht: den Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko, kurz Tschuri. Es war das erste Mal, dass ein Landegerät auf einer Kometenoberfläche aufgesetzt hat – und das nicht ohne Komplikationen. Der abgesetzte Lander „Philae“ landete zunächst nicht ganz so sanft und punktgenau, wie eigentlich gedacht.
Hopser von 1000 Metern
Denn zunächst hatte das Landegerät mit der geringen Schwerkraft des Kometen zu kämpfen und machte beim ersten Versuch einen Hopser von 1000 Metern in die Höhe. Der Drucktrichter, mit dem man das Gerät auf den Kometen ziehen wollte, funktionierte nicht. Auch die Harpunen, die in den Boden gerammt werden sollten, waren nicht losgefeuert worden. Außerdem handelte es sich um extrem hartes Wassereis. Der Komet ist kein Stein im eigentlichen Sinn, sondern besteht aus Eis und stark geschwärzten Gesteinen.
Dann glückte die Landung von Rosetta doch noch. Über die Schwierigkeiten der Mission und die Auswertung der Daten hat Wolfram Thiemann in seinem Vortrag „Rosetta: Landung auf einem Kometenkern: Spurensuche nach dem Ursprung des Lebens“ gesprochen. Warum sind Wissenschaftler eigentlich auf der Jagd nach Kometen? „Es handelt sich dabei um die ältesten und unveränderten kleinen Teilobjekte im Sonnensystem“, sagt Wolfram Thiemann, der 1976 auf den Lehrstuhl für physikalische Chemie der Universität Bremen berufen wurde und seit 2003 emeritiert ist. Diese Teilchen hätten es nicht geschafft zu großen Planeten zu kollidieren. Des Weiteren gäbe es Asteroiden, erklärt Thiemann. Es handelt sich dabei um kleine Körper, die sich auf Kreisbahnen um die Sonne herum bewegen. Meteoriten wiederum seien extraterrestrische Gesteinsbrocken, die man auf der Erde findet.
„Kometen haben die Eigenschaft, dass sie elliptische Bahnen beschreiten“, sagt Thiemann. Sie seien aus einer Oortschen Wolke heraus entstanden, einem hypothetischen defusen Staub aus größeren Partikeln. „Der Schweif eines Kometen wird durch die Annäherung an die Sonne angeregt“, sagt Wolfram Thiemann. Ein Großteil verdampft am sonnennächsten Punkt, da Kometen viel Eis und Wasser enthalten. Man assoziiert mit Kometen zum Beispiel den Stern von Bethlehem oder sieht sie als gefürchtete Vorboten von Katastrophen oder Krankheiten. „Das ist zu 99 Prozent Unsinn“, sagt Thiemann.
Dennoch gab es vor über 100 Jahren die Idee von Panspermie. Demnach soll das Weltall mit Lebenssporen, also einfache Lebensformen, quasi verseucht sein und so das Leben auf die Erde gebracht haben. Andere Wissenschaftler vermuten hingegen, dass das Leben auf der Erde selbst entstanden ist, gehen aber davon aus, dass die grundlegenden Lebensbausteine, wie zum Beispiel Wasser, aus dem Weltall stammen.
Die Vorbereitung auf die Rosetta-Mission liegt rund 30 Jahre zurück, einschließlich der eigentlichen Reise von zehn Jahren. Über 100 Wissenschaftler sind an der Mission beteiligt, unter anderem Wolfram Thiemann. Sein Forschungsansatz liegt sogar noch länger zurück und ging aus seinem Studium hervor, als er sich mit Aminosäuren befasst hatte. Sein Hauptaugenmerk gilt einem Instrument, das organische Moleküle in dem Kometeneis untersuchen soll. Dieses Gerät wurde an der Universität Bremen mitentwickelt und soll neben organischen Molekülen auch deren Chiralität bestimmen.
Die Chiralität beschreibt ein von Biomolekülen her bekanntes Phänomen: Biomoleküle setzen sich aus Bausteinen zusammen, die einheitlich entweder ausschließlich rechts- oder ausschließlich linkshändig sind. Eine zentrale wissenschaftliche Frage ist nun, wie zu Beginn der biologischen Evolution die Rechts-links-Symmetrie gebrochen werden konnte, um die molekularen Bausteine des Lebens einheitlich entweder in rechts- oder in links-Form generieren zu können.
Heute sprechen viele Gründe dafür, dass dieser Symmetriebruch nicht erst auf der frühen Erde, sondern bereits im interstellaren Raum stattfand. Diese Eigenschaft der „Händigkeit“ dient demnach einem genaueren Verständnis der chemischen Evolution organischer Moleküle, wie sie zum Ursprung des Lebens auf der Erde beigetragen haben.
Quasi blind geflogen
Rosetta selbst ist eine Raumsonde, die aus zwei Teilen besteht. Einmal dem Mutterschiff, dem sogenannten Orbiter, und dem Landeteil auf dem Kometen „Philae“.
Um Energie zu sparen, wurde Rosetta zwei Jahre in Winterschlaf versetzt. Das Gerät ist quasi blind geflogen. Dennoch sind die Treibstoffreserven ziemlich erschöpft. Zurzeit muss das Landegerät Sonnenenergie tanken, sitzt allerdings in einer schattigen Mulde, sodass die nächsten Ergebnisse voraussichtlich noch ein paar Monate auf sich warten lassen.
Aber es wurden bereits kleine Moleküle, drei Kohlenwasserstoffe, wie Propanol oder Methylamin gefunden. Es könnte sich dabei um Bruchstücke von Aminosäuren handeln. Tatsächlich entdeckt habe man allerdings bisher keine, sagt der Bremer Wissenschaftler. Der Bohrer konnte noch keine ausreichende Bodenprobe erfassen. Man habe auch die Moleküle Kohlenstoff, Stickstoff, Wasserstoff und Sauerstoff nachweisen können.
Über die Reise der Datensonde „Rosetta“ zum Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko, kurz Tschuri, spricht Wolfram Thiemann am Sonnabend, 21. März, um 11 Uhr in der Reihe „Wissen um elf“ im Haus der Wissenschaft, Sandstraße 4-5, Der Eintritt ist frei.
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