
Angeblich nur 200 Bremer Jugendliche sollten demnach keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Diese Zahlen erschienen den Schülerinnen und Schülern angesichts der Situation an ihrer Schule nicht real. Die jungen Leute gingen dem nach, die Politik forderte in einem Beschluss mehr Transparenz – und es änderte sich doch nichts. Ein Grund, weiterzumachen, beschloss die Initiative.
Mit Schulumfrage fing alles an
Aber von vorn: 2014 startete die Gruppe eine Schulumfrage an der GSO, deren Ergebnisse ergaben, dass ein Viertel der Schulabgänger studieren wollte und drei Viertel sich für eine berufliche Ausbildung interessierten. Wobei fast alle aussagten, Schwierigkeiten bei der Ausbildungsplatzsuche zu haben. Demgegenüber stand die Aussage der Arbeitsagentur und der Politik, 96 Prozent der Jugendlichen seien versorgt. Als Schlüsselbegriff machte die Projektgruppe den Begriff „Eingemündet“ aus. Der betraf offensichtlich jeden dritten Jugendlichen, und bedeutete kaum etwas anderes, als dass Jugendliche nicht mit einer Ausbildung versorgt, sondern in einer Zwischenmaßnahme untergebracht worden waren. Zudem ergab sich, dass Jugendliche, die sich ohne Mitwirkung der Arbeitsagentur bewerben, und Jugendliche, die keine Lehrstelle finden, aber auch keine Zwischenmaßnahme belegen, oder die aufgrund von Einschätzungen von Arbeitsagentur-Mitarbeitern den Stempel „nicht ausbildungsfähig“ erhielten, vollständig in der veröffentlichten Statistik fehlten.
„Wir mischen uns ein“ machte sich an die Arbeit und ermittelte statt der etwa 200 Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz die fünfzehnfache Anzahl von gut 3000 Bremer Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz, aber teilweise Unterschlupf in „Beschäftigungsmaßnahmen“ gefunden hatten.
Zwölftklässlerin Sara Scheibel, die Grundschullehrerin für Deutsch und Mathematik oder eventuell Theaterpädagogin werden möchte, und Dennis Quicker aus der elften Klasse, der eine Ausbildung oder ein Studium im Sozialen oder Soziologie machen möchte, schrieben als Projektgruppe an alle Parteien und veröffentlichten ihre eigenen Untersuchungsergebnisse bei der Nacht der Jugend und bei der Bremer Armutskonferenz. Das sorgte für Aufsehen. Und sie fanden in der Politik Unterstützer dafür, die Aussagefähigkeit solcher Statistiken zu verbessern. Der einstimmige Beschluss der Bürgerschaft besagte, dass die Statistik „mehr Transparenz auf dem regionalen Ausbildungsmarkt“ aufzeigen soll.
Anfang November musste „Wir mischen uns ein“ jedoch feststellen, dass gegen jeden geäußerten guten Willen der Politiker und ganz gegen den einstimmigen Beschluss der Bürgerschaft, die Bremer Politik wieder deutlich geschönte Zahlen der Arbeitsagentur veröffentlichte, die auch prompt wieder in der Bremer Presse verbreitet wurden – auch wenn sie etwas völlig anderes darstellen, als den realen Bremer Ausbildungsmarkt für Jugendliche.
Befragung an mehreren Schulen
Um ihre Position zu stärken, hat die Projektgruppe, mit den beiden Lehrern Hans-Wolfram Stein (im Ruhestand) und Volker Nehre, ihre Schülerbefragung deutlich ausgeweitet und erfasst nun mit Schülern der Gesamtschulen Ost und West, der Wilhelm-Kaisen-Oberschule und der Helmut-Schmidt-Schule über 400 Schulabgänger eines Jahrgangs. „Wir mischen uns ein“ weiß, auf Grundlage der Zahlen der Agentur für Arbeit können nur falsche Weichen durch die Bremer Politik gestellt werden. Mit ihrer eigenen Schülerbefragung erreicht die Projektgruppe eine Größenordnung, die es in Bremen noch nicht gegeben hat.
„Wir haben das Gefühl, die Linke hat unsere Arbeit nachvollzogen“, sagt Dennis Quickert, und bezieht sich auf die neue Große Anfrage, die an die Bürgerschaft gestellt wurde, nach der Kleinen Anfrage, die die SPD im Mai 2015 gestellt hatte, und die den einstimmigen Beschluss zur Folge hatte, der real jedoch keine Umsetzung fand.
Nachdem die Initiative „Wir mischen uns ein“ unter anderem mit den Bürgerschaftsabgeordneten Björn Tschöpe (SPD), Birgit Bergmann (CDU), Miriam Strunge (Linke) und Matthias Güldner (Grüne) diskutiert hat, steht nun in Aussicht, dass am 6. Februar der Senator für Wirtschaft, Martin Günthner, in die GSO kommt, um einen Austausch über die Ausbildungsplatzgarantie und die nicht vorhandene Transparenz durch die Zahlen der Arbeitsagentur zu führen. Ob ein Vertreter der Agentur für Arbeit dazukommt, um das veröffentlichte Zahlenwerk zu erklären und vielleicht Anregungen der Schülerinnen und Schüler aufzunehmen, ist unklar.
„Arbeitgeber beteiligen“
Sara Scheibel und Dennis Quicker können bei ihrem Schulabgang kaum noch auf aussagekräftige und nachvollziehbare Zahlen hoffen. Wünschenswert erscheint ihnen auch eine Beteiligung von Arbeitgebervertretern, um reale Zahlen von Ausbildungsplatzbewerbern und freien Stellen zu ermitteln.
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