
„Nicht einfach vordrängeln. So geht das nicht!“ Wer sich vor dem offiziellen Einlass einen Weg zu den Young Oldies bahnen möchte, wird höflich, aber bestimmt in seine Schranken verwiesen. Dann kommt Unmut auf unter den vielen Besucherinnen und Besuchern, die schon lange in einer stattlichen Schlange ausharren und die geschlossene Eingangstür des Großen Saals im Bürgerzentrum Neue Vahr nicht aus dem Blick lassen. Die Geduld ist groß. Die Vorfreude noch größer.
Zum 25. Mal spielt das Sextett zum Tanztee auf. Jeden ersten Sonnabend im Monat, von Oktober bis Mai, treten die Musiker auf. Das hat sich mittlerweile herumgesprochen. Seit Beginn der Veranstaltung im April 2012 zählten die Musiker insgesamt 4000 Gäste, rechnet Martin Ploghöft vom Bürgerzentrum vor. Waren es anfangs nur 70 Leute, kommen nun regelmäßig 130 bis 140 Gäste pro Nachmittag. Anfangs waren es noch 90 Prozent Frauen, jetzt ist das Verhältnis relativ ausgewogen. Sie klönen, lachen, trinken Kaffee, essen Kuchen und wollen vor allem eins: Tanzen nach schmissiger Musik.
Mit einer Annonce fing alles an
Mit einer Zeitungsanzeige fing alles an, erzählt Bandleiter Fritz-Dettmar Wieger. Der pensionierte Lehrer und Gitarrist Herwig Lueken in Mahndorf rief auf, sich für ein Musikprojekt zu melden. Voraussetzungen: Banderfahrungen und ein Mindestalter von 65. Es meldeten sich etliche Interessenten. Eine kleine Gruppe machte sich selbstständig, um Tanzmusik zu machen. „Wir waren so um die 15 Leute, darunter auch zwei Sängerinnen. Einige Instrumente waren doppelt besetzt“, erzählt Wieger. Am Ende bildete sich ein Kern der Truppe heraus: das Sextett Young Oldies.
Ob als Alleinunterhalter am Keyboard oder wie der Bassist ehemals in einer A-cappella-Gruppe, jeder brachte seine individuelle Musik- und Bühnenerfahrung mit. Wieger beispielsweise macht schon seit 50 Jahren Tanzmusik. Alle auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen war zunächst ein Kraftakt. Dass alles so harmonisch klingt, wie es beim Tanztee der Fall ist, dafür proben die jungen Alten regelmäßig, aus Walle, Lilienthal und Schwachhausen kommen sie zusammen. Jeden Dienstag machen sich die Herren auf zum Übungsraum im Keller des Bürgerzentrums. „Natürlich machen wir auch mal Fehler beim Auftritt. Aber das fällt meist nur uns und zum Glück nicht den Gästen auf“, berichten sie.
200 Stücke umfasst das Repertoire der Young Oldies mittlerweile, mit Klassikern und Ohrwürmern der 50er- und 60er-Jahre. Stets wird es verändert und erweitert, „nach demokratischer Abstimmung“, versichert der Bandleiter. Ob „La Paloma“, „Kreuzberger Nächte“, „Mendocino“ oder das Werder Lied, wenn Siggi Lorenz (Bass), Willy Lührsen (Schlagzeug), Klaus Schmolinski (Keyboard), Peter zu Klampen und Fritz-Dettmar Wieger (beide Gitarre) und Klaus Rosenboom aufspielen, füllt sich in Nullkommanix die Tanzfläche.
Alle machen sich schick
Alle Gäste haben sich schick gemacht: Die Damen nett frisiert, in feiner Bluse, Kleid oder Kostüm. Die Herren in Anzug mit Krawatte. „Das gehört sich so“, erklärt Walter Henke. Der 92-Jährige ist Fan der ersten Stunde. Regelmäßig besucht der Witwer den Tanztreff mit seiner Bekannten Monika Hangert, seinem „Tanzgerät“, wie er lachend erklärt. Zeit für ein Interview? Erst wenn er sich warm getanzt hat. Drei Lieder später ist der rüstige Rentner bereit. Kerzengerade steht er da. Keine Spur außer Atem. Seit 28 Jahren tanze er. Mit 14 habe er den Sport erlernt, damals in der Tanzschule Gertrud Ehlers in der Innenstadt. Die Young-Oldies-Nachmittage sind für ihn purer Spaß. Früher habe er als Lokomotivführer im Schichtdienst gearbeitet, da blieb für diese Leidenschaft wenig Zeit.
Nur drei Tische weiter sitzen Inge Hildesheim und Klaus Pohl. Mit den Young Oldies verbinden die beiden nicht nur stimmungsvolle Musik. Bei einem der Tanztees vor einem Jahr lernten die sportliche Frau und der rüstige Mann sich kennen. Sie war aus Arsten mit einer Freundin in die Vahr gekommen und tanzte mit ihr. „Sie war mir gleich aufgefallen“, sagt Klaus Pohl. Er sprach sie kurzerhand an und reservierte den nächsten Tanz für sich. Bei anschließendem Kaffee und Kuchen lernten sich die 78-jährige Witwe und der 77-jährige Witwer näher kennen und schätzen. Mittlerweile sind sie ein Paar und tanzen regelmäßig nach der Musik der Young Oldies.
„Wir haben eine richtige kleine Fangemeinde“, freut sich Fritz-Fettmar Wieger über die regelmäßigen Besucher, die sie zum Teil mit Namen begrüßen. Die Resonanz und der Applaus seien die größte Motivation. Zwar bekämen sie für die Auftritte auch eine kleine Gage. „Aber die hauen wir bei einem gemeinsamen Restaurantbesuch auf den Kopf“, sagt der Bandleiter.
Mittlerweile hat sich die Truppe auch in anderen Stadtteilen einen Namen gemacht. Konzerte in Mahndorf, Obervieland und im Bürgerhaus Weserterrassen waren volle Erfolge. Auch ein Auswärtsspiel in Bremerhaven hatte das Sextett bereits.
Mittlerweile ist der Älteste der Gruppe 75 Jahre alt, der Jüngste 68. Ans Aufhören denkt jedoch keiner von ihnen. Im Gegenteil. Die Stücke werden perfektioniert, das Repertoire verfeinert und ein dreistimmiger Gesang ist auch hinzugekommen. Wieger bekräftigt: „Wir wollen mit unserer Musik so lange wie möglich jung bleiben.“
Der nächste Tanztee im Bürgerzentrum Neue Vahr ist am Sonnabend, 5. Dezember, von 15 bis 18 Uhr. Der Eintritt beträgt 9 Euro an der Vorkasse und 11 Euro an der Kasse. Er beinhaltet ein Gedeck für Kaffee und Kuchen.
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