
Deutschlernen steht bei den allermeisten ganz oben. „Das ist der größte Herzenswunsch von vielen jungen Leuten“, sagt Elsbeth Rütten vom Vorstand des gemeinnützigen Vereins Ambulante Versorgungsbrücken. Sie ist auch Koordinatorin der Alt-für-Jung-Patenschaften in Bremen. Über die Punkte auf den Wunschlisten versucht sie, lebenserfahrene Senioren mit jungen Flüchtlingen zusammenzubringen.
„Wir lernen erst mal die jungen Leute kennen“, sagt Elsbeth Rütten. Im Büro des Vereins kommen sie zusammen und tauschen sich über ihre Lebenssituation aus. Wenn sich ungefähr absehen lässt, wer zueinander passen könnte, nehmen die beiden regelmäßige Treffen in die eigenen Hände. Sie treffen sich zum Beispiel in der Unterkunft des „Patenkindes“ oder irgendwo anders in der Stadt oder auch in den Räumen des Vereins. So halten es zumindest Cherno aus Gambia, der zur Zeit in Woltmershausen lebt, und sein Pate Reinhard Lünnemann. Einmal die Woche sehen sie sich im Verein und lernen Deutsch. Cherno besucht die International School, wo auf Englisch unterrichtet wird. Deshalb braucht er fürs Deutschlernen externe Hilfe.
Neben der sprachlichen Nachhilfe sind viele der jungen Menschen dabei, sich ein eigenes Leben aufzubauen, suchen beispielsweise Wohnungen, Ausbildungs-, Studien- oder Praktikumsplätze. Ganz prekär ist die Situation von Ibrahim. Der 24-jährige Syrer lebt derzeit in einer Wohnungsloseneinrichtung. In Syrien hat er Energiewirtschaft studiert, konnte das Studium wegen des Kriegsausbruchs aber nicht abschließen. Zusammen mit Shahzad, einem 26-jährigen Syrer, der in seinem Geburtsland Wirtschaftswissenschaften studiert hat und jetzt in Kattenturm lebt, hat er sich kürzlich über die Möglichkeit, an der Bremer Uni zu studieren, informiert. Sollte das klappen, wäre für die beiden jemand hilfreich, der sie sprachlich und vertrauensvoll durch das Studium begleitet. Die beiden sind die mit Abstand ältesten in der Runde. Der Großteil ist in Razuls Alter. Der 17-Jährige lebt derzeit in einer Einrichtung der Bremer Kinder- und Jugendhilfe in Walle. Er hat ein Problem, das viele seines Alters haben: Sobald sie 18 werden, fallen sie aus dem System. Mit Erreichen der Volljährigkeit stehen die meisten Flüchtlinge allein da. Gerade in diese Lücke sollen Paten stoßen und Orientierung geben.
Die Paten sollen Lebensabschnittsbegleiter für die jungen Menschen werden. Der Pate und der Flüchtling sollen lernen, sich aufeinander zu verlassen und einander zu vertrauen. Das brauche Zeit, sagt Elsbeth Rütten. Und davon haben viele Rentner mehr als Berufstätige.
Eine neue Aufgabe als ehrenamtlicher Helfer bei diesem Projekt und künftiger Pate hat Reinhard Lehmann gefunden. Der Arzt im Ruhestand findet sich darin gerade ein. Eine Idee, wie Jung und Alt Anknüpfungspunkte finden, hat er auch schon: Bei den Ambulanten Versorgungsbrücken finden immer wieder Seminare und Workshops statt, in denen Seniorinnen und Senioren lernen, mit der neuen Technik, einem Smartphone, einem Tablet, dem Computer, umzugehen. Die jungen Flüchtlinge kennen sich damit bestens aus. Wenn die jungen Flüchtlinge den Senioren beim Umgang mit der modernen Technik und die Senioren dabei die Flüchtlinge in der deutschen Sprache schulen, haben beide was davon, so Reinhard Lehmann.
Neben Zeit ist auch Geld ein wichtiger Faktor. Die Ambulanten Versorgungsbrücken sind auf Geldspenden angewiesen, um den jungen Flüchtlingen beispielsweise Deutschunterricht bezahlen zu können. „Ich würde gern jedem zu Weihnachten ein Deutschseminar schenken“, sagt Elsbeth Rütten. Geld ist auch nötig, wenn es mit der eigenen Wohnung geklappt hat, etwa für die Einrichtung oder um ein Auto anzumieten, um Möbel zu transportieren. „Ich denke, Bremen macht sehr viel an der Stelle“, sagt Elsbeth Rütten. Es reiche trotzdem nicht. Der Verein sieht sich bei den Alt-für-Jung-Patenschaften auch als Vermittler, beispielsweise wenn jemand eine Wohnung zu vermieten oder einen Praktikumsplatz zu vergeben hat.
Die Runde mit Geflüchteten trifft sich mittwochs um 15 Uhr beim Verein Ambulante Versorgungsbrücken in der Humboldtstraße 126. Jeder ist willkommen. Einen Infoabend gibt es am Dienstag, 10. Januar, um 19 Uhr. Der Verein wird über Weihnachten offen sein und an allen Feiertagen von 14 bis 18 Uhr Tee und Gesellschaftsspiele anbieten. Mehr auf www.ambulante-versorgungsbruecken.de und unter 6 96 42 00.
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