
Es ist schon eine ganz besondere Leidenschaft, der Peta Luise Goldenstein nachgeht. Zumindest für die nördlichen Breitengrade, in denen die 62-Jährige bislang zuhause war. Goldenstein, aufgewachsen in Upgant-Schott, im Dreieck zwischen Norden, Aurich und Emden, lebt seit 2002 in Bremen. Sie liebt das Jodeln. Doch nicht sie selbst ist es, die die Kunst des schnellen Umschlagens zwischen Brust- und Falsettstimme beherrscht. Goldenstein ist Fan von Takeo Ischi, der in Tokio geboren wurde, seit über 30 Jahren in Deutschland lebt und im deutschsprachigen Raum als „jodelnder Japaner“ bekannt ist.
Die Begeisterung für den Volksmusikkünstler, der nach seinem Durchbruch durch die Sendung „Früh übt sich“ mit Maria Hellwig in Rundfunk und Fernsehen auftrat und um den es mittlerweile etwas ruhiger geworden ist, geht sogar so weit, dass Goldenstein vor elf Jahren einen Fanklub gründete. Fünf Mitglieder zählt ihre Gemeinschaft der Jodel-Fans bisher, bestehend aus zwei Freundinnen, einer Nachbarin und der Pflegerin, die sich um die durch einen Schlaganfall beeinträchtigte Frau kümmert. 2008 ereilte sie dieses Schicksal. „Die Musik hat mir danach sehr geholfen“, erzählt Goldenstein, dreht den CD-Player auf und hebt dafür ihre Stimme an: „Wenn ich Musik höre, dann brauche ich keine Schmerzmittel.“
Mindestens zwei Stunden am Tag läuft eine ihrer acht Ischi-Tonträger, berichtet ihr Lebenspartner Klaus Bruns, der, wie er sagt, die Begeisterung für die in voller Lautstärke erklingenden großen Intervallsprünge von Hodaro zu Iohadraeo und Holadaittio nicht teile, aber doch zumindest toleriere.
Goldenstein, die bereits als Kind der Volksmusik verfallen war und schon ihrem Teddy Lederhosen nähte, traf Takeo Ischi erstmals 1991 als sie mit dem ältesten und dem jüngsten ihrer insgesamt sieben Söhne Urlaub in Reit im Winkl, dem Wohnort Ischis, machte. Dort habe er auf einer Bank beim Spielplatz gesessen, und sie habe den Star, der in Maria Hellwigs „Kuhstall“ Dauergast war, auf den ersten Blick erkannt. Richtig kennen lernte sie ihn allerdings erst fünf Jahre später bei einem erneuten Aufenthalt in dem Städtchen im Chiemgau. Sie fasste sich ein Herz und rief ihn an. Seine Frau sei am Apparat gewesen und habe ihr auf sehr freundliche Weise den Kontakt vermittelt, berichtet Peta Luise Goldenstein. Noch im selben Jahr kam es zu dem ersehnten Treffen mit ihrem Idol. „Ein so netter Mensch mit einer so netten Familie“, schwärmt Goldenstein, die den CD-Player nur auf Wunsch ein wenig leiser dreht. Seither sei so etwas wie eine Freundschaft gewachsen, freut sie sich und zieht ihr T-Shirt glatt, bedruckt mit „Takeo Ischi Meisterjodler aus Tokio“ und einem Bild des Japaners.
Eine Aufnahme von ihr und Ischi existiert ebenfalls. Stolz zeigt Goldenstein ein Foto, das 1997 bei einem seiner Auftritte in Hesel entstanden ist, und legt es behutsam zurück in den Koffer, den sie mit CDs, Flyern und Autogrammkarten gefüllt und zu einer Art Ischi-Schrein für das Gespräch im Wohnzimmer aufgebaut hat. Der Koffer ist nicht irgendein Koffer. Bei einem ihrer Besuche bei der Familie Ischi schenkte ihr der Künstler das original japanische Gepäckstück, dessen Aufschrift auf dem orange-schwarzen Kofferband seine Herkunft nachweist.
Ganz besonders gefreut habe sie sich jedoch über zwei Besuche des Künstlers in ihren heimischen vier Wänden in der Neuen Vahr. Hier auf dem roten Sofa habe er gesessen, erzählt Goldenstein mit leuchtenden Augen und klopft mit der flachen Hand neben sich. Als er 2013 in Lemwerder an einem Wochenende Konzerte gab, nutzte der Jodler die Gelegenheit, um die Fanklub-Gründerin aufzusuchen.
Dass die Mitgliederzahl der Vereinigung der Jodelbegeisterten in der Hansestadt nicht weiter wächst, betrübt Goldenstein ein wenig. „Manche sagen, ich bin bekloppt, aber ich bin nicht gekloppt“, bekräftigt sie lachend. „Manchmal möchte ich Berge versetzen, so viel Kraft gibt mir das Jodeln“, sagt sie und möchte diese Erfahrung mit mehr Menschen teilen. Doch wenn sie dem Star Auftrittsmöglichkeiten verschaffen möchte, etwa in der Berliner Freiheit oder im Weserpark, bekäme sie nur Absagen. Auch der Einwand, dass ihre Erfolgschancen in dem nüchtern-norddeutschen Bremen in puncto Jodelbegeisterung generell relativ gering sein dürften, entmutigt Goldenstein nicht. Hoffnung setzt sie nun auf das Restaurant Südtiroler Hütte am Bahnhof, das für Ischi ihrer Meinung nach, genau den richtigen Rahmen bieten würde.
Zu einem Teilerfolg in Sachen Öffentlichkeitsarbeit hat ihr jüngst der Radiosender Roland verholfen. An ihrem Geburtstag kam eine Durchsage mit einem Glückwunsch für sie mit namentlicher Erwähnung und dazu ein Jodelstück von Ischi. „Da habe ich mich sehr gefreut“, betont Goldenstein.
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