
Das schmale Sägeblatt frisst sich ohne Probleme mit lautem Brummen in den Oberschenkelknochen und die winzigen Zähne spucken kleinste Knochenstückchen in die Luft. Nun will der Reporter vom vorgeplanten Kurs abweichen und steuert die oszillierende Schneide mit einer Art Joystick in Richtung der weichen Gewebeteile des Knies, aber keine Chance: Ein für Bremen neuartiger Assistenzroboter verhindert Schlimmeres. Die Klinge bleibt fest und unverrückbar in dem vor der Operation festgelegten Bereich.
Natürlich handelt es sich bei der beschriebenen Szene nicht um eine echte Operation, sondern um eine Vorführung für die Presse in einem Lastwagen auf dem Parkplatz der Paracelsus-Klinik. Dorthin haben die Klinik und der britische Hersteller des Assistenzroboters zu der Demonstration eingeladen. Und mit Vertretern der Herstellerfirma, Klinikmitarbeitern und Medienvertretern wird es ähnlich voll wie in einem echten OP-Saal. Das Knie künstlich, der Knochen auch, aber der Roboter, die Kameras, Bildschirme und, ja, auch das Messer, alles so, wie es auch bei einer realen Operation verwendet wird. Schon ab kommender Woche soll der Medizinroboter zunächst bei Knieoperationen, später auch bei Hüftoperationen, in der Paracelsus-Klinik zum Einsatz kommen.
Ganz intuitiv ist das Abfräsen mit Technikunterstützung übrigens nicht: Statt auf das tatsächliche Operationsgebiet, also das Knie, blickt der Operateur auf Bildschirme, auf denen der Knochen und die Sägefläche dargestellt sind. Das, was abzutragen ist, erscheint dort als grüne Fläche. Die Säge ist auf dem Monitor als dunkle Silhouette dargestellt. Zwei Striche stellen die „Leitplanken“ dar, über die das Sägeblatt nicht hinausgeschoben werden kann. Der Blick des Reporters beim Selbstversuch schweift immer wieder vom Monitor auf das Kunstknie, wo sich die Säge immer tiefer in den Knochen gräbt. Die Frage der falschen Berufswahl stellt sich bei der Vorstellung, dass dies ein echter Knochen sein könnte, jedenfalls nicht. Bei Konzentration auf den Monitor dagegen drängt sich nach kurzer Zeit eher das Gefühl eines recht simplen Computerspiels auf.
Aber simpel ist an dem Aufbau gar nichts. Denn die Technik, mit einer Million Euro nicht eben günstig, soll die Präzision bei Gelenkersatzoperationen erhöhen. Je besser die künstlichen Gelenke aufliegen, desto besser das Ergebnis. So jedenfalls die einfache Gleichung. Aber es gibt natürlich auch einen willkommenen anderen Effekt, darauf weist Adrianus den Hertog, Chef der orthopädischen Abteilung der Klinik hin. „Bisher waren bei Operationen viele unterschiedliche Gelenkmodelle nötig mit den dazu passenden Schablonen. Durch die neue Methode brauchen wir nun weniger Modelle“, sagt den Hertog. Denn: Jeder Patient und jedes Knie ist ein wenig anders gebaut. Und: „Die Operation mit dem Assistenzsystem ist so gut wie mit einem sehr erfahrenen Kollegen“, sagt den Hertog. Wenn man so will, gleicht der Assistenzroboter also ein Stück weit den Fachkräftemangel aus. Von einer autonomen Operation, bei der der Roboter alleine sägt, fräst und meißelt, ist das vorgestellte System allerdings noch entfernt. „Wir werden nicht arbeitslos“, ist den Hertog überzeugt.
Den Hertog spricht von einem Plus für Patienten, aber auch für den privaten Klinikverbund, der, so die Hoffnung, mehr Knie bei geringerem logistischen Aufwand und bei höherer Präzision operieren kann. Mehr operierte Knie bedeutet auch mehr Geld von den Krankenkassen. Schneller sind die Operationen aber zunächst nicht. „Erstmal dauert die Operation knapp eine Viertelstunde länger“, sagt den Hertog. Das liege aber an der längeren Vorbereitungszeit. Vor der Operation steht nämlich eine computergestützte Röntgenschichtaufnahme des Knies an, das dann in ein 3D-Modell umgerechnet und auf den Monitoren dargestellt wird. Anhand dieses Modells können dann das passende Ersatzgelenk und der passende Operationsverlauf gewählt werden. „Der Vorteil ist, dass wir genauer implantieren können und wir erhoffen uns dadurch weniger Nebenwirkungen für die Patienten“, so den Hertog.
Zwischen 500 und 600 Knieoperationen pro Jahr führen die Ärzte nach Angaben von den Hertog an der Paracelsus-Klinik durch. „Ich hoffe, dass wir künftig mehr machen können.“ Da spricht dann der Arzt, der auch wirtschaftlich denken muss, denn die eine Million Euro, die das Robotersystem, der Hersteller spricht von einem „Spurhalteassistent“, müssen wieder eingespielt werden. „Das war ein zähes Ringen“, so den Hertog über die interne Diskussion in der Klinik, ob sich das System für die Klinik lohnen kann. „Aber ich gehe davon aus, dass das künftig alle anderen auch so machen und da wollen wir lieber vorangehen.“ Nach seinen Angaben ist die Paracelsus-Klinik in der Vahr eine von nur wenigen Kliniken in Norddeutschland und die einzige in Bremen, die ein solches System einsetzt.
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