
Es sind ernste Gesichter, die aus den hellen Rahmen blicken. „Jahrhundertfrauen“ überschreibt Karin Mauelshagen ihre Porträtreihe weiblicher Persönlichkeiten, die es bis in die Geschichtsbücher geschafft haben. „Ich habe bewusst keine Bildvorlagen gewählt, auf denen die Frauen lächeln“, erklärt die Künstlerin und: „Damit wollte ich die Dringlichkeit ihrer Anliegen unterstreichen.“ Astrid Lindgren, Coco Chanel, Pina Bausch, Hannah Arendt - sie alle mussten sich in von Männern dominierten Gebieten durchsetzen.
Die Schau mit Darstellungen von 32 Frauen der vergangenen 150 Jahre aus Wissenschaft, Politik, Gesellschaft und Kunst eröffnet heute, am Weltfrauentag, und verteilt sich über drei Ausstellungsorte. Zu sehen sind die Bilder bei Frauengesundheit in Tenever, im Mütterzentrum und im Arbeitslosenzentrum. Sie alle gehören wie das Haus der Familie in Tenever zur AG Frauen, dem Organisationsteam hinter der Schau.
Mauelshagen geht die Bilderreihe im großen OTe-Saal des Mütterzentrums ab und blickt sich um. Die neun Porträts in diesem Raum habe sie passend zu den Wänden des Veranstaltungsraums ausgewählt, sagt sie. Ihnen gemein ist der dominante Rotton, sei er im Hintergrund oder im Gesicht der Dargestellten zu finden.
Ursprünglich hat sich die Künstlerin Fotografien oder naturgetreue Darstellungen zur Vorlage genommen und sie in Mischtechnik, in Pastell, Acryl, Buntstift und Wachs, dargestellt. Das freie künstlerische Vorgehen mit Anleihen an Holzschnitten, impressionistischen Farbaufträgen, dem Einsatz von Bürsten und Collagen sowie der kräftigen Strichführung und starken Kontrasten entsprechen den mutigen Charakteren auf der Leinwand, die sich nicht in ein normatives Korsett zwingen ließen. So rahmen die erfolgreiche Musikerin Judith Holofernes, eigentlich eine hübsche Blondine, Haare in Grün, Blau, Weiß und Schwarz ein. „Da steckt Musik drin“, begründet Mauelshagen die mutige Farbwahl.
Auch Aenne Burda setzt sie in strahlenden Tönen in Szene. Am oberen Bildrand klebt zudem eine Ecke eines Schnittmusters – ein Hinweis auf das Lebenswerk der Verlegerin, die einer deutschen Frauenzeitschrift zur Größe verhalf.
„Ich wollte nicht die Schönheit der Dargestellten hervorheben, sondern ihre Stärke und Durchsetzungskraft“, erklärt Mauelshagen. Die 66-jährige Künstlerin aus Peterswerder ist Autodidaktin und schon seit Jahrzehnten künstlerisch tätig. Seit ihrer Pensionierung als Referatsleiterin bei den Bremer Entsorgungsbetrieben findet die ausgebildete Lehrerin Zeit für ihr Interesse.
Welche Frauen sind für mich wichtig? Mit dieser Ausgangsfrage machte sie sich ans Werk. Zunächst richtete sich ihr Blick auf deutsche, dann auf europäische Persönlichkeiten. Doch Freunde wiesen sie auf berühmte Frauen über diese Grenzen hinaus hin. Mit jeder Frau beschäftigte sich Mauelshagen eingehend, durchforstete Quellen und machte sich am Ende wortwörtlich ihr eigenes Bild. „Es gibt einfach unglaublich mutige Frauen, die unheimlich viel geleistet und sich für andere eingesetzt haben“, resümiert die Künstlerin.
Mauelshagen, verheiratet und Mutter eines Sohnes, möchte nicht als Feministin gesehen werden. In der Nähe von Köln wuchs sie in einem katholischen Haushalt auf und besuchte nur Mädchenschulen. „Ich habe mich erst spät freigelaufen“, erzählt sie. Im Alter von 19 Jahren an der Bremer Universität wurde sie politisch aktiv, setzte sich für Frauenrechte ein und gründete ein Frauencafé.
Mit der Schau, die Mauelshagen 2019 erstmals unter dem Titel „Jahr-100 Frauen“ ausgestellt hat, möchte sie ein Signal setzen. Die Diktatoren der Welt würden derzeit eine Rolle rückwärts in Sachen Frauenbewegung machen, stellt sie fest. Gleiche Bezahlung unter den Geschlechtern sei nur eines der Themen.
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump mit frauenverachtenden Äußerungen oder die Verschärfung des Abtreibungsrechts, für die mehrere Zehntausend in Polen protestieren, bieten Beispiele dafür, dass Frauen sich auch heute noch behaupten müssen und der Kampf um die Anerkennung noch lange nicht beendet ist.
Mit ihren Porträts sollen Frauen nicht nur gewürdigt werden, wünscht sich Mauelshagen. Die Dargestellten hätten eine Entwicklung in die richtige Richtung angestoßen und ihren moralischen Zeigefinger erhoben. Sie ist überzeugt: „Ohne sie würden wir in manchen Bereichen anders leben, handeln und denken.“
Weibliche Persönlichkeiten
Die Ausstellung mit Bildern der „Jahrhundertfrauen“ läuft noch bis zum 10. April in folgenden Räumen in Tenever: Im OTe-Saal, Otto-Brenner-Alle 44/46, montags bis freitags von 8 bis 16 Uhr (nur nach telefonischer Anmeldung bei Mihdiye Akbulut unter Telefon 0152/06426791), bei Frauengesundheit, Koblenzer Straße 3A, montags bis freitags von 9 bis 15 Uhr sowie im Arbeitslosenzentrum, Wormser Straße 9, donnerstags von 9 bis 13 Uhr und freitags von 9 bis 12 Uhr.
Ob Bahnhof, Marktplatz, Weserstadion oder Schlachte: Das Bremer Stadtbild hat sich im Laufe der Zeit erheblich verändert. Wir berichten über vergessene Bauten, alte Geschichten und historische Ereignisse.
Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.
job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.