
Der Ast scheint tot, dahinsiechend vermag er für den Beobachter nichts anderes zu tun wie die Blumenzwiebel, die im Erdboden ruht: Beide harren aus und warten auf ihre Zeit. Bei den ersten Sonnenstrahlen im Frühjahr reckt sich dann der Stiel, sein Grün durchbricht die Erdoberfläche, und aus dem Ast sprießen wieder neue Triebe. Was einst vergangen war, ist neu geworden. Eben dieser Zyklus, der den scheinbaren Tod für Bäume und Blumen bedeutet, erweckt sie nach dem Winter wieder zu neuem Leben. Mit diesem Thema, dem Werden und Vergehen, beschäftigen sich die Arbeiten der drei Bremer Künstler Christiane Böttcher, Thomas Tiensch und Ruth Cordes, die in der Marterbrug 7a eine Galerie betreibt.
Die Jahreszeiten dienten als Inspiration für die Ausstellung „...to calm my soul“, die während des derzeitigen Lockdown im coronabedingten Winterschlaf liegt. Sie umfasst zahlreiche Werke aus den Bereichen Fotokunst und Malerei. „Der Titel bezieht sich auf die Natur als Hoffnungsträger und Konstante mit ihrem verlässlichen Zyklus des Werdens und Vergehens. Die Natur als Tröster in der Krise sozusagen“, erklärt Ruth Cordes und verweist somit zugleich auf die Entstehungszeit.
Der Ursprung all jener Werke, die in ihren Räumlichkeiten an den Wänden hängen, liegt in den Monaten des ersten Lockdown sowie der Zeit danach, ehe nun erneut der Kampf gegen die Ausbreitung der Corona-Pandemie das öffentliche Leben zum Erliegen gebracht hat.
„Wir haben die neue Lage, nachdem wir wie alle erst mal erschrocken und verwirrt waren, lange genossen“, blickt Christiane Böttcher auf das Frühjahr zurück. Auch für Ruth Cordes war die Pandemie und die damit inkrafttretenden Einschränkungen beruflich wie auch privat ein Schock. Erst Wochen später habe sie wieder Zeit und Kraft für ihre Kunst, die Malerei mit Acryl, Aquarell und Öl gefunden. Dann entstanden die Landschaftsgemälde.
„Die Repräsentation der Landschaft ist nicht das Ziel, sondern jedes Gemälde ist ein Abbild des Blickes des Künstlers oder der Künstlerin mit all ihren inneren Werten, Meinungen und Haltungen“, erklärt Cordes. Für sie persönlich sei es zum Beispiel vor allem ihr Wille zum Schutz der Natur und ihre Freude am Erleben der gezeichneten Gegend, was starken Einfluss auf das Endergebnis nehme.
Ruth Cordes ist 1965 geboren und hat ein Studium in Grafik und Layout an einer Hamburger Akademie abgeschlossen und lange auch angestellt in diesem Feld gearbeitet. Christiane Böttcher ist 1958 geboren, Thomas Tiensch 1954. Die beiden Mittsechziger lernten sich einst während ihres Studiums des Grafikdesigns an der Hochschule für Künste in Bremen kennen und lieben. Seitdem sind sie nicht nur privat ein Paar, sondern auch beruflich.
Die beiden haben ihr gemeinsames Atelier im Buntentor und sind hauptberuflich Fotografen, aber ihre Leidenschaft ist die Fotokunst. „Wir machen Ähnliches, aber jeder hat seine eigene Sprache“, sagt Thomas Tiensch. „Jeder macht sein Ding, auch wenn wir zu gemeinsamen Themen wie auch bei dieser Ausstellung arbeiten.“ Es sei deutlich zu erkennen, welche Arbeiten von wem der beiden stammten.
Grundlage eines jeden Kunstwerks sind Fotografien, die dann in Bildbearbeitungsprogrammen exzessiv bearbeitet werden, sodass ein jeweils individueller und von der Fotografie stark abweichender Eindruck entsteht. Dabei erinnern die einzelnen Bilder an Ölgemälde, an denen bereits der Zahn der Zeit genagt, ja ihnen mitunter einen gar verwitterten Eindruck verliehen hat, ohne jedoch ihre Qualität in Ausführung oder Erhalt zu schmälern.
Jeder der beiden hat sich für diese Ausstellung einen eigenen Schwerpunkt gewählt. Tiensch konzentriert sich gezielt auf das Wiedererwachen der Natur aus dem Winterschlaf und Böttcher hat die seit ihrer Kindheit herzensnah verortete Tulpe zur alleinigen Protagonistin gewählt.
Letztere zeigt sich in verschiedensten Phasen ihres abwechslungsreichen Lebens. „Es geht mir um die Beobachtung der Blume“, sagt sie. Vom Osterei am Stiel bis hin zu verblichen und vertrocknet sollen die Betrachter der Bilder die Tulpe erleben können. „Zu jedem Zeitpunkt des Zyklus findet sich eine unglaubliche Schönheit“, staunt sie über ihr Lieblingsgewächs.
Und auch in den Bildern aus der digitalen Feder ihres Lebensgefährten zeigt sich junges Leben, das gerade erst zu erwachen beginnt. „Jeder Moment hat seine ganz eigene Faszination“, beschreibt Tiensch sein Handwerk und die Motive. „Lange ist da nur ein Ast und dann plötzlich beginnt alles von Neuem.“ Diese stete Wiederholung, die reich an Schönheit ist, wolle er in seinen Darstellungen einfangen.
Die Ausstellungszeit war von Anfang an bis zum 7. Februar geplant, insofern besteht noch Hoffnung, dass die kunstinteressierte Öffentlichkeit die Werke von Thomas Tiensch, Christiane Böttcher und Ruth Cordes noch besuchen kann. Auch eine Finissage sei noch nicht völlig vom Tisch, sagt Cordes. Zu dieser werde man gegebenenfalls gesondert eingeladen.
Die Ausstellung ist derzeit geschlossen, allerdings aufgrund der großen Fenster von außen einsehbar. Außerhalb des Lockdown ist sie an der Marterburg 7a voraussichtlich bis zum 7. Februar zu sehen. Infos unter https://ruthcordes.de/ im Internet.
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