
Ein jeder kennt wohl das Gefühl, wenn man etwas hilflos vor dem Arzt sitzt und nicht genau weiß, was man antworten oder fragen soll. Wo genau tut es weh? Die Antwort fällt noch leicht. Doch seit wann genau? Liegen die Beschwerden in der Familie? Und warum sind weitere Untersuchungen nötig? Wenn das Gespräch dann zusätzlich in einer Fremdsprache stattfindet – wer schon einmal im Ausland einen Arzt konsultiert hat, kann mitreden – ist das gegenseitige Verständnis umso schwieriger. Das Klinikum Bremen-Ost hat deshalb einen besonderen Service eingerichtet. In der türkischen Sprechstunde berät und untersucht der leitende Oberarzt Mehmet Demir die Patienten der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie in seiner Muttersprache. Jeden Mittwoch von acht bis zwölf Uhr können Interessierte das Angebot wahrnehmen.
„Besonders wenn es um medizinische Details geht oder um komplexe Abläufe bei einem operativen Eingriff, können Sprachbarrieren ein Hindernis sein“, sagt Mehmet Demir. „Wir wissen, dass sich diese Sachverhalte am besten in der Muttersprache bereden und verstehen lassen, auch wenn die meisten Patienten Deutsch sprechen.“ Bekomme der Arzt keine oder falsche Antworten auf seine Fragen, fehle einfach die Basis für eine gute Behandlung. Und nicht immer seien Familienangehörige verfügbar, die das Gespräch begleiten. Hinzu komme, dass bei einer Übersetzung oft einiges an Informationen verloren gehe.
Demir weiß, wovon er redet. Durch seinen biografischen und beruflichen Werdegang bringt er das nötige Verständnis und Einfühlungsvermögen für diejenigen Patienten mit, an die sich das Angebot der türkischen Sprechstunde richtet. 1974 in Mardin in der Türkei geboren, kam er im Alter von zwei Jahren mit seiner Familie nach Bremerhaven. „Mein Vater hat zwar Deutsch gesprochen, konnte sich aber in bestimmten Situationen nur eingeschränkt ausdrücken. Als Kind habe ich häufiger für ihn übersetzt, so auch bei Arztterminen.“
Für das Medizinstudium zog er 1993 nach Aachen und kehrte nach dem Abschluss 2003 in den Norden zurück, um am Rote Kreuz Krankenhaus in Bremen die Praxisphase als Arzt im Praktikum zu absolvieren. Für die Fachrichtung Chirurgie hatte er sich da längst entschieden. „Ich fand die Abwechslung reizvoll. Als Chirurg steht man nicht nur am OP-Tisch, sondern pflegt auch einen engen Kontakt mit den Patienten.“ Nach seiner Assistenzarztzeit im St. Joseph Hospital in Bremerhaven war er dort sowie im Klinikum Am Bürgerpark als Oberarzt tätig. 2016 wechselte er in gleicher Position zum Klinikum Bremen-Ost. Ein Jahr darauf ging er im Rahmen einer Rotation an das Klinikum Bremen-Mitte. Im Dezember 2018 eröffnete die Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie im Klinikum Bremen-Ost nach einer zwischenzeitlichen Schließung neu. Seitdem gehört Mehmet Demir als leitender Oberarzt zu einem Team, welches das gesamte Spektrum chirurgischer Behandlungsmöglichkeiten gut- und bösartiger Erkrankungen des Bauchraums und Darms abdeckt.
Die türkische Sprechstunde hat der 45-Jährige, der mit seiner Familie in Achim wohnt, gemeinsam mit Chefarzt Matthias Müller im Februar dieses Jahres ins Leben gerufen. Bislang ist die Resonanz gut. Durchschnittlich kommen zwei bis drei Patienten. Und die gehören längst nicht nur der älteren Generation an. „Die meisten sind im mittleren Alter, so zwischen 40 und 50 Jahren. Denn nicht nur die Sprache kann eine Herausforderung sein, sondern ebenso der kulturelle Hintergrund“, berichtet Demir auss einer Erfahrungen. „Viele türkische Mitbürger haben Schwierigkeiten damit, Dinge direkt anzusprechen, besonders wenn es um Krankheiten geht. Da gibt es eine Menge Tabuthemen.“ Sowohl die Art der Kommunikation als auch das Krankheitsverständnis seien in den beiden Kulturen unterschiedlich. Mit einem Landsmann über die Beschwerden und Anliegen zu reden, könne helfen, Barrieren abzubauen und eine bestmögliche medizinische Versorgung zu gewährleisten. So kommen auch immer wieder Menschen aus dem weiteren Umland zu ihm, weil sie lieber einen türkischen Arzt konsultieren möchten.
Nicht nur einmal hat Mehmet Demir persönlich erleben müssen, dass sprachliche Missverständnisse zu überflüssigen Untersuchungen geführt haben. Fast wäre ein Patient in seiner Zeit in Bremerhaven sogar unnötig operiert worden. Zum Glück griff der Mediziner rechtzeitig ein. „Mit der türkischen Sprechstunde stellen wir sicher, dass der Patient vom Erstgespräch über die Untersuchung bis zur eventuellen Operation alles genau versteht. Außerdem hat er mit mir einen Ansprechpartner, der ihn die gesamte Behandlungszeit über begleitet, auch wenn ich ihn nicht selbst operieren sollte.“ Das schaffe ein gutes Vertrauensverhältnis, das letztendlich zum Therapieerfolg mit beitrage. Die Basis für eine gute Behandlung sei immer das Gespräch mit den Patienten, betont Demir. Und das funktioniere eben nur, wenn man auf einer Wellenlänge kommuniziere.
Die türkische Sprechstunde wird immer mittwochs von 8 bis 12 Uhr angeboten. Anmeldung über die Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie unter 408 22 38.
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