
„Das sogenannte wirkliche Reisen ist eine Desillusionierungsindustrie. Bitte bleiben Sie zu Hause“, beschwört Albrecht Lampe die Besucher der Vernissage von Bogdan Hoffmanns Ausstellung „Hafen – und andere Gewässer“ während seiner Eröffnungsrede am vergangenen Sonntag. Stattdessen träumt Lampe ihnen eine detailreiche Geschichte aus dem Amazonasbecken vor und von einem verliebten Piloten, der seiner Angebeteten einen Schaukelstuhl für ihre Veranda mitbringt. Geschichten, wie sie für den Bewohner aus dem Steintor nur eine Reise mit dem Finger auf einer Landkarte hervorrufen kann – und wer will sich fantastische Erlebnisse schon durch die Wirklichkeit zerstören lassen?
Fünf großformatige Landkarten hängen gegenwärtig im Hafenmuseum in der Überseestadt aus, deren praktischer Nutzen allerdings dahingestellt sei, denn Hoffmanns Karten „bieten eher Sehnsucht als Orientierung“, wie Claudia Seidel, Kuratorin der Ausstellung, sagt.
Wer da eigene imaginäre Spaziergänge unternehmen möchte, der hat verschiedene Möglichkeiten: Eine zweigeteilte Arbeit ermöglicht einen Abstecher nach Helgoland, mit verschiedenen Ansichten des Eilandes im Positiv- und Negativabdruck per Kaltnadelradierung. Es ist die einzige farbige Darstellung im Raum. Zu den ansonsten in einheitlichem Schwarz-Weiß gehaltenen Werken gesellt sich in diesem Druck ein königliches Blau.
Auch über mehrere Ansichten von Bremens Industrie-, Holz- und Fabrikenhafen im Linoldruckverfahren lässt es sich lustwandeln. Doch zurück zu den Kartenansichten. Der geneigte Bremer, der dem Rat Lampes folgt und die eigene Fantasie über die objektive Realität stellt, der muss nurmehr dem Hafenmuseum einen Besuch abstatten und kann von dort aus an der Elbe und deren Mündung im Geiste entlang flanieren oder im Unterweser-Gebiet herumreisen. Allerdings sollte er auf präzise Maßstäbe und tatsächliche Nachbarschaftsbeziehungen keinen gesteigerten Wert legen. Denn diese ignoriert der Grafiker aus dem Ostertor bei seiner „angewandten Kartografie“, wie Albrecht Lampe die Kunst nennt, hier und dort großzügig.
Besonders spannend wird diese Neigung zur geografischen Freiheit auf Hoffmanns fünfeinhalb Meter langen Weltkarte: Da findet sich Johannesburg in direkter Nachbarschaft zu Jerusalem, Moskau liegt neben Buenos Aires, Las Vegas unterhalb von Madras.
Vielleicht besteht genau darin auch für den unbedarften Betrachter ein fantastischer Reiz. Zumindest ist sich der Dozent von der Hochschule für Künste sicher, dass schon allein die Namen von Städten und Orten bildhafte Assoziationen wecken können, die dann die Betrachtung seiner Karten zu einem individuellen Erlebnis werden lassen.
Die Ausstellung „Hafen – und andere Gewässer“ mit Druckgrafiken von Bogdan Hoffmann ist noch bis zum 21. April im Hafenmuseum, Speicher XI 1, dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr zu sehen.
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