
„Narrenhände beschmieren Tisch und Wände, das sagte meine Mutter immer zu mir“, leitete Hans Kloft seinen Vortrag ein. „Dabei ist es seit der Antike normal, dass sich die Jugend durch Graffiti ausdrückt.“ Vor allem auf Latrinen sei es dort häufig zu schriftlichen Verewigungen gekommen. Doch Graffiti waren und sind immer auch Mittel heimlicher oder öffentlicher Meinungsäußerungen gewesen, vor allem auch in Zeiten, als Zeitungen zensiert wurden: Der während der Nazizeit gebräuchliche Klo-Spruch „Wie Adolf Hitler sitz ich hier, die braune Masse unter mir“ hätte dem Schreiber, öffentlich verkündet, zum Verhängnis werden können, während der später an der Uni gebräuchliche Satz „Lieber Bier schleppend als staatstragend“ folgenlos blieb und lediglich zur Erheiterung beitrug.
Zur allgemeinen Erheiterung des zahlreich erschienenen Publikums führten mitunter auch die in Pompeji gefundenen Inschriften, die der Wissenschaftler vorstellte. Die vom Vulkan Vesuv verschlungene und im 18. Jahrhundert wiederentdeckte und ausgegrabene Stadt liefert mit den antiken Graffiti eine wertvolle Quelle zum Verständnis des Lebens in dieser Zeit.
„Leute, die so etwas schrieben, konnten lesen und schreiben“, deutete Hans Kloft den Umstand an, dass etwa jeder dritte Römer des Schreibens mächtig war. „Das ist ein Wert, den Europa erst im 16. und 17. Jahrhundert erreichte.“ Die literarische Qualität des auf der Wand Gebotenen ließ trotz aller Bildung oft zu wünschen übrig. Davon zeugte dann auch die lateinische Inschrift, die übersetzt lautet: „Wand, ich muss staunen, dass du noch nicht in Trümmer gesunken, da du das triste Gewäsch so vieler Schmierfinken trägst.“
Aber auch das Thema „Sklaven“ wurde auf den Wänden Pompejis abgehandelt. „Sklaven waren das normale Arbeitsmaterial der Antike, ohne Sklaven funktionierte weder die Wirtschaft noch die Hauswirtschaft“, wusste Hans Kloft zu berichten. Daher waren Steckbriefe entlaufener Sklaven nicht unüblich. Andererseits haben auch die Sklaven selbst ihren Unmut auf die Wand gebracht: „Agatho, Sklave des Herennius, bittet Venus – dass er umkommt, bitte ich!“ stand auf einer solchen Latrinen-Mauer und bezeugte den Wunsch eines Sklaven, seinen Herrn im Jenseits zu wissen.
Ein weiteres Thema der Wandinschriften war der Bereich Prostitution. Mit dem Graffito „Logas, hausgeborene Sklavin / 8 Asse“ wurde eine Sklavin für die damals gebräuchliche Währung angepriesen, was für Pompeji durchaus nicht unüblich war: „In Pompeji gab es jede Menge von Prostitutionspreisen“, sagte Kloft.
Und auch die Oberschicht Pompejis gebrauchte die Wände der Stadt. Da die Oberschicht, bestehend aus Leuten aus der Landwirtschaft und dem gehobenen Handel, durch die Volksversammlung gewählt wurde, stellten sich die Kandidaten zur Wahl und ließen, ebenso wie heute, Wahlwerbung treiben: „Den M. Cerrinius Vatia macht, ich bitte euch, zum Ädilen. Das schlägt Faventius mit seinen Leuten vor“, stand auf einer Mauer zur Wahl in das Amt des Bürgermeisters.
Die Geldwirtschaft war ein weiteres wesentliches Feld der römischen Ökonomie. Im Falle eines Mannes, der sich Geld von der Bank geholt und dieses anschließend weiter verliehen hat, stand an einem Hauseingang: „Von der Wechselbank / dreitausend Sesterze / welche Summe Quintus / dem Gnaeus / Pontius Silanus / geliehen hat“. Aber auch das Glück im Spiel fand sich auf den Wänden wieder: „In Nuceria / habe ich mit Würfeln 855 ½ Denare gewonnen / völlig ehrlich.“ Eine gewaltige Summe, fand der Geschichtswissenschaftler: „Man muss sich vorstellen, dass ein Denar der Tagesverdienst eines einfachen Mannes gewesen ist.“
Damals wie heute wohnten viele Menschen nicht in eigenen Häusern, sondern zur Miete. Schon zu Zeiten Pompejis gab es so etwas wie einen Wohnungsmarkt, wie folgende Anzeige zeigt: „Im Wohnblock Arria Polla, der dem Cn. Alleius Nigidus Maius gehört, werden vermietet: Tabernen mit ihren Vorbauten und herrschaftliche Speisezimmer und ein Haus. Der Mieter wende sich an den Primus, den Sklaven des Cn. Alleius Nigidus Maius.“
Die Taverna spielte natürlich auch in Pompeji eine große Rolle. Alkohol haben Männer anscheinend schon damals mit großer Leidenschaft genossen. Und zuweilen hatte das unschöne Folgen, die ebenfalls auf Wänden dokumentiert sind. „Pinkelten wir auch ins Bett – ich gebe zu, das war schlecht, mein Herr“, schrieb schuldbewusst ein offenbar reuiger Zecher, schob aber gleich danach zur Entschuldigung hinterher: „Gastwirt, fragtest du aber, warum? Nachttopf war keiner zur Hand.“
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