
Nun gibt es beim Geschichtskontor im Brodelpott ein neues Angebot, konzipiert hat es Kulturwissenschaftlerin und Museumspädagogin Angela Piplak, die sich seit dem 1. September in die Geschäftsführung des Geschichtskontors einarbeitet.
Piplak hat bereits für ganz unterschiedliche Museen gearbeitet, beispielsweise das Industriemuseum in Rüsselsheim, das Focke-Museum und zuletzt das Hauswirtschaftsmuseum „Köksch un Qualm“ in einer ehemaligen Tabakfabrik in Burgdamm. Als ehemaliger Leiterin des Künstlerhauses am Deich ist ihr dabei die Kunstszene ebenso vertraut wie die Bremer Industrie- und Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.
Die 50-jährige Wallerin, die sich seit Längerem als parteilose Sachkundige Bürgerin für Die Linke im Kulturausschuss des Waller Beirats engagiert und dort Ansprechpartnerin für Kunst im öffentlichen Raum ist, hat wissenschaftlich gearbeitet, war für einen historischen Buchverlag und für unterschiedliche Museen tätig, hat Ausstellungen konzipiert und die Sammlung in der Städtischen Galerie in Bremen betreut.
Mit diesem beruflichen Hintergrund bereichert sie nun also das Brodelpott-Spektrum um eine weitere Facette: Diese Woche hat Angela Piplak erstmals zum Rundgang „Kunst im öffentlichen Raum“ eingeladen, um Kunstwerke im Stadtteil anzuschauen, die seit den 1950er Jahren im Rahmen der Programme „Kunst am Bau“ und später „Kunst im öffentlichen Raum“ realisiert wurden.
Nachdem es bei „Kunst am Bau“ vorrangig um dekorative Aspekte bei Neubauten ging, wurde ab 1973 mit „Kunst im öffentlichen Raum“ angestrebt, dass Künstler direkt vor Ort arbeiteten und dabei durchaus auch mit den Anwohnern diskutierten und planten, erklärt Piplak dazu.
„Häufig ist es so, dass diese Arbeiten im Laufe der Zeit verschwinden oder zerstört werden“, hat sie beobachtet. Halina Chwisteks Installation „Musik“ ist zum Beispiel so ein Fall: Die 1990 in der Straßenunterführung Osterfeuerbergstraße angebrachten Wandelemente sind heute nicht mehr aufzufinden. Die unterschiedlich gestalteten Metallelemente waren Noten nachempfunden und bezogen sich auf die nahe gelegene Musikschule gleich neben dem Brodelpott.
Ein anderes Kunstwerk – dieses allerdings wurde seinerzeit vom Kino 46 an der Waller Heerstraße finanziert und nicht über das Programm „Kunst im öffentlichen Raum“ – wird demnächst aus Walles Straßenbild verschwinden: Das von dem Waller Künstler Ulrich Precht konzipierte und gemalte Bild an der Brandwand des Hauses Waller Heerstraße 48, eine Szene aus dem Film „Die Narbenhand“ – Originaltitel: „This gun for hire“ – mit Veronica Lake und Alan Ladd. Mehr als 20 Jahre lang dient es als Erkennungszeichen von Kino und Medienzentrum an der Waller Heerstraße 46; in den nächsten Monaten wird es aber nun zugebaut, denn auf der Freifläche davor entsteht ein neues Wohn- und Geschäftshaus.
Zwei Wochen lang sei er damals täglich aufs Gerüst gestiegen, um die Arbeit eigenhändig auszuführen, hat Precht Angela Piplak kürzlich erzählt. Die beiden kennen sich über die Galerie des Westens (GaDeWe) in der Reuterstraße, beide gehören seit Langem zum festen Kern des Trägervereins.
In der Geestemünder Straße richtet sich Piplaks Blick auf den Gehweg: Praktisch jeder kennt heute die Stolpersteine, mit denen der Kölner Künstler Gunter Demnig in ganz Europa an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Was aber nicht unbedingt jedem bewusst ist: Die Aktion ist ein Kunstprojekt. „Demnig hat viele Eingriffe in den Straßenraum gemacht“, erzählt Piplak und erklärt, was für sie das Besondere an dieser Arbeit ist: „In jeden Stolperstein wird per Hand vom Bildhauer der Name eingeschlagen – im Gegensatz zu den Massendeportationen.“
Es geht weiter zu einem merkwürdigen kleinen Ziegelgebäude am Steffensweg, das auf den ersten Blick ebenfalls nicht unbedingt als Kunst zu erkennen ist: Hier hat Künstler Achim Manz 1995 den Erker der allgemeinen Berufsschule 30 Meter entfernt von dem fast 100 Jahre alten Schulgebäude originalgetreu nachgebaut. Es wirkt, als habe sich der Erker verselbstständigt. Das Werk mit dem Namen „Behausung“ ist dabei gänzlich funktionslos und hat auch keinen Ein- oder Ausgang. „Es wird aber immer noch regelmäßig gefragt: Ist das die Hausmeisterwohnung?“, schmunzelt Piplak. Was dabei das von dem Objekt ausgehende künstlerische Augenzwinkern noch verstärkt: Über einen technischen Mechanismus geht der Vorgang im Fenster regelmäßig morgens auf und abends wieder zu, sodass das Häuschen doch irgendwie bewohnt wirkt.
Es geht weiter zur Nordstraße, wo sich mit Norbert Schwontkowski einer der ganz großen Bremer Künstler verewigt hat: An der Wand des Pausenhofs der Schule Nordstraße befinden sich seit 1986 Mosaike des später international gefragten und 2013 verstorbenen Künstlers. Lehrerin Angelika Hofner, die freundlicherweise das Tor zum Schulhof geöffnet hat, kann sich noch an die Zeit erinnern, als Schwontkowski direkt neben der Schule wohnte und dort ebenso wie Künstler Werner Fröning sein Atelier hatte; mittlerweile sind diese Gebäude allerdings abgerissen worden.
Angela Piplak hat bei ihrem Rundgang, den sie künftig regelmäßig anbietet, noch so einige Überraschungen auf Lager – ein gelungener Einstand also beim Geschichtskontor!
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