
Neun Jugendliche aus Gröpelingen von der Neuen Oberschule und von der Gesamtschule West begleiten seit August 2013 die Ausstellungsreise „Utopia – auf den Spuren einer deutschen Republik in die USA“. Den abenteuerlichsten Programmpunkt nach Gießen und Bremen bildete im Februar eine zehntägige Reise nach St. Louis in Missouri.
Vor etwa 200 Jahren kam die Gießener Auswanderungsgesellschaft nach Bremen, um mit zwei Schiffen den Atlantik zu überqueren. Der Pfarrer Friedrich Münch und sein Schwager, der Jurist Paul Follenius führten die Gruppe von 500 Menschen an, die dem Elend der Arbeitslosigkeit und der Armut entkommen wollten, um in den USA eine „teutsche Musterrepublik“ zu gründen. Auf den Spuren dieser Auswanderer flogen jetzt neun Schüler aus Gröpelingen nach St. Louis, Missouri, in ihrer Mission, als „Tandem Guides“ die Wanderausstellung „Utopia“ des aus Bremen stammenden Regisseurs Peter Roloff mitzugestalten.
Was ging in den Emigranten vor? Was hat das mit uns zu tun? Diese Fragen bewegten die 15- und 16-jährigen Jugendlichen. Gözde Gürsel, Dawid Janikowski, Ersin Altug, Sina Monpetain und Chioma Nwachukwu von der Neuen Oberschule Gröpelingen, Patty Mateli, Nico Borkowski, Melisa Syla und Jennifer Brandt von der Gesamtschule West. Sie trafen sich einmal wöchentlich bei „Kultur vor Ort“ mit der Kulturhistorikerin Kathrin Klug, der Theaterregisseurin Karin Bretschneider und der Projektleiterin Christiane Gartner im Atelierhaus Roter Hahn, um in der eigenen Geschichte die Anteile von Migration zu entdecken. Entstanden sind eine Audio-Collage, eine szenische Führung durch die Ausstellung „Utopia“ und eine Performance mit einem Meer von roten Regenschirmen, hinter denen die Schüler einzeln hervortreten und von ihren eigenen Utopien sprechen.
Mit diesen Programmpunkten bereicherten sie schon die Ausstellungen in Gießen und in der Bremer Kulturkirche St. Stephani. Die dritte Etappe aber wurde die aufregendste für sie. Zusammen mit der Schulleiterin der GSW, Maria Schümann, der Projektmamagerin von Kultur vor Ort, Dorothea Dentler, und dem Teach First Fellow der NOG Nikolas Napierala traf sich die Gruppe am 18. Februar auf dem Bremer Flughafen. Über Amsterdam nach Detroit und von dort nach St. Louis sollte die zehntägige Reise gehen.
Nach einem herzlichen Empfang – die Gastfamilien hatten Luftballons in Deutschland-Farben mitgebracht – war zunächst einfach nur Schlafen angesagt. An den nächsten beiden Tagen wurde geprobt, Schauplatz war das Missouri History Museum, dessen Direktorin Dorris Keeven-Franke als amerikanische Managerin der Schülerreise fungierte. Minus 17 Grad, das war arktisch, fanden die Gröpelinger. Sie nutzten aber die Gelegenheit zu einem Spaziergang im Park Forest und einer ausgiebigen Schneeballschlacht, bevor sie sich in den gut geheizten Räumen des Museums mit einer Gruppe amerikanischer Jugendlicher namens „Teens make history“ trafen. Diese haben ein ähnliches Ziel wie die Gröpelinger, indem sie mithilfe von Historikern ihr Wissen über Kultur und Geschichte erweitern, um es in ein szenisches Programm für Museumsbesucher zu kleiden und damit das Museum zu einem aktiven Ort machen. In einer „Expertenrunde“ stellte man sich gegenseitig Fragen, abends traf man sich zu gemeinsamen Spielen. 80 Besucher kamen zur Performance am nächsten Tag. Begeistert kommentierte die Amerikanerin Carol, eine Urahnin des Auswanderers Friedrich Münch: „Wenn er das erlebt hätte!“
Die Schüler erzählen einhellig, wie groß die Gastfreundschaft der Amerikaner gewesen sei. Sehr bemüht seien sie gewesen, die sichtbaren Spuren der deutschen Auswanderer vorzuführen. Etwas skurril manchmal, wie bei den Volkstänzen zu Rammstein-Musik oder einem vermeintlich typisch deutschen Essen, das die Jugendlichen etwas seltsam fanden, genauso wie die Deutschheim-Festhalle in einem Ort mit dem Namen Herman. Interessant aber waren, so sagen sie, die Schauplätze Cahokia-Mountains an der Grenze zu Illinois, mit einer als Weltkulturerbe anerkannten aztekischen Ausgrabungsstätte und der 192 Meter hohe Gateway Arch, silberfarben schimmerndes Tor zum Westen und Wahrzeichen von St.Louis. Das Science-Center habe Ähnlichkeit mit dem Universum in Bremen gehabt, erzählen sie, und das City- Museum entpuppte sich zu ihrem Vergnügen als Freizeitpark mit einem Rutschen- und Höhlensystem.
Als etwas Einmaliges erlebten sie ein Eishockeyspiel gegen Kanada, und auch das Basketballspiel an der Highschool mit Cheerleadern, Polizei und Torte war höchst spannend. Den lockeren Unterricht, die anderen Fächer wie zum Beispiel „Ingenieur“ nahmen die Gröpelinger als gute Erinnerung mit nach Hause. Die Verständigung klappte wunderbar, und davon profitierte auch die einzige Klasse, die an der Highschool Deutsch lernt. Aus erster Hand bekamen sie eine Führung in deutscher Sprache durchs Museum. Viel Zeit zum Shoppen und Amüsieren blieb nicht bis zur Abreise, die mit vergessenen Handys und Laptops noch einmal zum Abenteuer wurde.
„Die Gruppe hat sich verändert, ist auf die Leute zugegangen, und keiner hat gemeckert, wenn es mal schwierig wurde“, lautet nach genauen Beobachtungen das zufriedene Fazit von Dorothea Dentler und Nikolas Napierala.
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