
Wir schreiben das Jahr 2040. Auf Walles Straßen sind so gut wie keine Autos unterwegs. Sie werden von üppigem Grün gesäumt und sind so sauber, dass es eine wahre Freude ist, sich im Freien aufzuhalten. Ihre Einkäufe erledigen die Bewohner Walles zu Fuß oder mit dem Fahrrad in den zahlreichen kleinen Geschäften in der Nachbarschaft. Auf besonders breiten Gehwegen läuft es sich entspannt – zumal Radfahrer nun lieber die neuen Fahrradstraßen nutzen als die Fußwege. Bei Bedarf können außerdem an speziellen Stationen Lastenräder ausgeliehen werden. Zum Stadtteil gehört eine lebendige Kreativszene und ihre Freizeit – von der sie dank Vier-Tage-Woche reichlich haben – verbringen viele Waller auf kleinen grünen Quartiersplätzen, die dort entstanden sind, wo einst Autos parkten. Soweit die Vision.
Zurück im Jahr 2019: Wenn in Walle zu einem Workshop eingeladen wird, bei dem Ideen und Zukunftsvisionen für den Stadtteil gesucht werden, dann ist das Haus mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit voll. Das hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder gezeigt und so war es auch kürzlich wieder im Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentrum (Rebuz) West zu beobachten. Rund 70 engagierte Anwohner diskutierten dort auf Einladung des Stadtteilbeirats zweieinhalb Stunden lang über ihr „Zukunftsbild Walle Central 2040“. Sprich: Darüber, wie das Gebiet zwischen Waller Heerstraße, Nordstraße, Waller Ring und Hansestraße inklusive Heimatviertel in gut 20 Jahren ihrer Meinung nach konkret aussehen soll. „Wir hoffen, dieses Quartier interessanter zu machen, sodass sich dort wieder mehr Gewerbe ansiedelt und Investitionen sich dort wieder lohnen“, beschreibt Mit-Organisator und Beiratsmitglied Karsten Seidel (Grüne) den Hintergrund, vor dem nun Ideen zusammengetragen und systematisch Pläne geschmiedet wurden.
Bereits Ende September hatten sich nämlich beim ersten Walle-Central-Workshop vier zentrale stadtplanerische Ziele herauskristallisiert. So hatten sich die Workshop-Teilnehmer dafür ausgesprochen, in den kommenden 20 Jahren die lokale Wirtschaft zu stärken, Mobilität nachhaltig zu gestalten, die Aufenthaltsqualität zu verbessern und soziale Gerechtigkeit und Wohnqualität weiterzuentwickeln. Mit anderen Worten: Im Jahr 2040 soll Walle ein gutes Nahversorgungsangebot haben, verkehrsberuhigt, grün und sauber sowie barrierefrei sein. Fast 200 Ideen und Einzelaspekte hatten die Waller zu diesen Zielen zusammengetragen – vom Wunsch nach weniger parkenden Autos in ihrem Viertel bis hin zu visionären Plänen wie etwa einem Bürgerbus, der regelmäßig im Quartier verkehrt. Nun galt es, diese einzelnen Punkte nach Priorität zu sortieren.
In den drei Arbeitsgruppen zu den Schwerpunkten Handel, Handwerk und Dienstleistungen sowie Mobilität und Verkehr und Wohnen, Stadtgestaltung, Baukultur und Grün- und Freiräume ging es dabei dieses Mal ans Eingemachte. Besonders kontrovers wurde dabei etwa darüber diskutiert, ob der Stadtteil komplett oder weitgehend autofrei werden solle. Sie empfinde insbesondere die zahlreichen Kleintransporter als problematisch, die mittlerweile auf Walles Straßen unterwegs seien und dort auch geparkt würden, unterstrich dabei eine Anwohnerin: „15 bis 20 dieser Fahrzeuge fahren morgens um 7 Uhr durch den Steffensweg – man kann über die auch nicht mehr hinweg gucken. Es kann nicht sein, dass diese Transporter – die natürlich von Firmen gebraucht werden – in Wohngebieten deponiert werden.“
Ein Ringbus durch Walle wäre toll, regte ein Anwohner an; als Grundlage könnte dabei die Buslinie 20 dienen. Bus und Bahn seien noch umständlich und teuer, warf eine junge Mutter ein. Das Thema öffentlicher Personennahverkehr müsse ihrer Ansicht nach deshalb noch einmal neu gedacht werden. Dies seien recht langwierige Projekte – anfangen könnte man mit Maßnahmen zur Reduzierung des ruhenden Verkehrs, empfahl Moderatorin Franziska Lehmann. Der „Eisdielen-Platz“ an der Ecke Bremerhavener Straße / Vegesacker Straße könnte Fußgängerzone werden und den Wartburgplatz lebendiger und grüner gestalten, fanden mehrere Workshop-Teilnehmer. Einige wünschten sich eine Wiederbelebung des Wochenmarktes, andere schlugen vor, dort regelmäßig einen Food-Truck mit Speisen halten zu lassen. An anderer Stelle – etwa hinter dem Dedesdorfer Platz – solle aber aufgepasst werden, dass durch neue Angebote nicht Altbewährtes wie der alljährliche Weihnachtsbaum-Verkauf verdrängt würden.
In Walle machen sich viele Anwohner Gedanken um das Thema Sauberkeit. Konkret kam nun die Idee auf den Tisch, Patenschaften für Straßenabschnitte zu übernehmen, auf denen dann regelmäßig Müll aufgesammelt wird. Oder Pflege-Patenschaften für Beete und Grünflächen am Straßenrand.
Einige Waller hätten gerne mehr schöne kleine Geschäfte und Cafés im Quartier. Als positives Beispiel für erfolgreiche Neugründungen in Walle nannten sie das im Sommer 2018 an der Wartburgstraße eröffnete Café „Für Elise“, das sehr gut laufe, sowie die Raumausstatterinnen von „Warkruum“ an der Nordstraße. „Walle ist freier und besser angebunden als zum Beispiel Findorff“, unterstrich dazu ein Besucher, der empfahl, für zukünftige Planungsverfahren ein Leitbild zu entwickeln, in dem diese lokalen Besonderheiten definiert seien. Nun sind Beirat und Ortsamt am Zuge.
Sie wollen unter anderem klären, wie die rechtlichen Bedingungen für Grünflächen-Patenschaften oder bei der Ausweisung von Spielstraßen sind. „Ich bin begeistert von der konstruktiven Mitarbeit“, sagt Karsten Seidel. Im nächsten Schritt sollen bis zum nächsten Workshop im Frühsommer nun alle Prüf- und Arbeitsaufträge abgearbeitet werden. „Das wird nicht alles gleich im nächsten Jahr funktionieren, denn wir haben das Personal nicht. Ich würde mir dazu eine Stadtteil-Managerin vorstellen, die im Ortsamt angesiedelt ist.“
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